Die Formel-1-Saison 2021 ist geprägt von einem packenden Duell zwischen Lewis Hamilton und Max Verstappen. Spätestens seit der verheerenden Kollision zwischen den beiden WM-Kontrahenten in Silverstone scheint das Handtuch der beiden rivalisierenden Teams Mercedes und Red Bull endgültig zerschnitten.

Ein Duell auf Augenhöhe, der große Vorteil des Briten: Erfahrung. Schließlich konnte Hamilton in seiner Laufbahn bereits sieben Weltmeistertitel feiern - die meisten davon bei Mercedes. Doch wie viel ist die Erfahrung des Briten in diesem engen Duell wert? Ein häufig erwähnter Einwand, Hamilton habe besonders in seinen Mercedes-Jahren keine Konkurrenz gehabt, wird hierbei des häufigeren in den Raum geworfen. Doch wie viel Wahrheit steckt in dieser Aussage? Motorsport-Magazin.com wirft einen Blick auf die engsten WM-Duelle Lewis Hamiltons.

2007: Krieg der Sterne

Lewis Hamilton feierte 2007 sein Formel-1-Debüt. Nach dem Abgang von Kimi Räikkönen zog Ron Dennis den Briten, den er schon jahrelang gefördert hatte, von der GP2 in die Formel 1 hoch. Teamkollege war niemand geringerer als der frisch gebackene zweimalige Weltmeister Fernando Alonso. Eine denkwürdige Fahrerpaarung.

Teamintern sprach McLaren kein Machtwort, Hamilton musste dem deutlich erfahrenen Alonso damit keinen Vortritt lassen. Es folgte ein Duell, das der Formel 1 immer noch als 'Krieg der Sterne' in Erinnerung geblieben ist. Der Schlagabtausch mündete schließlich darin, dass die beiden Piloten alle Mittel ausschöpften, um den jeweils anderen zu schlagen.

So blockierte beispielswiese Alonso im Qualifying des Ungarn GP seinen Teamkollegen in Boxengasse über mehrere Sekunden, sodass Hamilton nicht mehr in der Lage war, seine Zeit zu verbessern. Alonso drehte die schnellste Runde, wurde in der Startaufstellung für den Vorfall jedoch fünf Positionen nach hinten versetzt - Hamilton gewann das Rennen in der Folge.

Hamilton blieb beim Chin GP im Kiesbett stecken - der vorzeitige Wm-Titel war futsch, Foto: Sutton
Hamilton blieb beim Chin GP im Kiesbett stecken - der vorzeitige Wm-Titel war futsch, Foto: Sutton

Nach einem unglücklichen Ausfall Hamiltons beim vorletzten Grand Prix in China gipfelte der Kampf um die Weltmeisterschaftskrone im letzten Rennen der Saison. Der Brite leistete sich im Verlauf des Rennens jedoch einige fatale Fehler, wodurch nur der siebte Platz heraussprang. Fernando Alonso wurde Dritter. Den Rennsieg holte sich Kimi Räikkönen und damit auch den Weltmeistertitel. Ganz nach dem Motto: Wenn sich zwei streiten, freut sich der Dritte.

2008: 'Is that Glock?!'

Fernando Alonso verließ McLaren nach einem Jahr wieder und so installierte der britische Traditionsrennstall Heikki Kovalainen als neuen Stammfahrer neben Hamilton. Dieser konnte Hamilton jedoch nicht das Wasser reichen und so war der Brite gegen die Ferrari-Piloten Felipe Massa und Kimi Räikkönen mehr oder weniger auf sich alleine gestellt.

Tatsächlich sollte er es auch mit beiden springenden Pferden zu tun bekommen. Im Laufe der Saison mussten alle Seiten unglückliche Ausfälle hinnehmen. Während Massa vor allem zu Saisonbeginn und Räikkönen in der zweiten Hälfte der Saison Punkte liegen ließ, gestaltete sich das Jahr für Hamilton zu einer regelrechten Achterbahnfahrt. Hierbei erlaubte sich Hamilton wie in Kanada einige Fehler, konnte aber auch von Schnitzern der Konkurrenz wie beispielsweise den misslungene Tankstopp von Massa in Singapur profitieren.

Letztlich lief die Saison auf ein Duell zwischen dem Brasilianer und Hamilton hinaus. Das WM-Finale in Brasilien sollte Hamilton mit einem 7-Punkte-Vorsprung in Angriff nehmen. Mit dem Horrorszenario der Vorsaison im Kopf, ging McLaren das regnerische Rennen sehr konservativ an und verspielte damit einige Male den notwendigen fünften Platz. Erst in der letzten Kurve des Rennens konnte Hamilton Timo Glock, der bei wieder zunehmenden Regen auf Trockenreifen geblieben war, überholen und sich damit den ersten Weltmeistertitel sichern.

Massa riss beim Boxenstopp den Tankschlauch mit sich - ein Schlüsselmoment im WM-Kampf, Foto: Sutton
Massa riss beim Boxenstopp den Tankschlauch mit sich - ein Schlüsselmoment im WM-Kampf, Foto: Sutton

2010: Vier WM-Kandidaten im letzten Rennen

Nach dem furiosen Titelgewinn von 'One-Hit-Wonder' Brawn GP in der Saison 2009 sollte sich 2010 für gleich drei Teams die Chance bieten, um den Weltmeistertitel zu kämpfen - Red Bull, Ferrari aber auch McLaren. Lewis Hamilton bekam es zudem mit einem neuen Teamkollegen zu tun: Weltmeister Jenson Button ersetzte beim britischen Rennstall den schwächelnden Heikki Kovalainen.

Dieser machte Lewis Hamilton vor allem zu Saisonbeginn direkt ordentlich Dampf und konnte von den ersten vier Rennen zwei für sich entscheiden. Nach und nach kam aber auch Lewis Hamilton richtig in Fahrt und war zur Saisonmitte sogar WM-Führender vor Button, Webber, Vettel und Alonso. Ab dem Ungarn GP folgte jedoch eine Pechserie des Briten, die zum Teil selbstverschuldet zu drei Ausfällen in vier aufeinanderfolgenden Rennen führte.

Ein zweiter Platz reichte in Abu Dhabi nicht für den WM-Titel, Foto: Sutton
Ein zweiter Platz reichte in Abu Dhabi nicht für den WM-Titel, Foto: Sutton

Hamilton sollte zusammen mit Fernando Alonso, Mark Webber und Sebastian Vettel bis ins letzten Rennen die Chance auf den Titelgewinn wahren. Der Brite lag vor dem Grand Prix allerdings bereits 24 Punkte hinter dem Spanier. Tatsächlich konnte Hamilton nach strategischen Fehlern der Ferrari-Seite ordentlich Boden gutmachen. Gegen Vettel war an diesem Sonntagabend jedoch kein Kraut gewachsen, wodurch Hamilton im Rennen letztlich Zweiter wurde. Jedoch hätte es auch bei einem Sieg nicht zum Titel gereicht - verspielt wurde der Titel aber in den angesprochenen Ausfällend es Briten. Vettel wurde zum jüngsten Weltmeister der Formel-1-Geschichte gekürt.

2014-2016: Von Freunden zu Feinden

Nico Rosberg und Lewis Hamilton kennen sich bereits aus Kart-Zeiten und pflegten lange Zeit eine gute Freundschaft. Ab 2013 sollten beide bei Mercedes sogar Teamkollegen werden. Als das deutsche Werksteam jedoch als größter Profiteur der neuen Hybridära hervorging, sollte die freundschaftliche Beziehung der beiden auf die Probe gestellt werden - es ging um die Weltmeisterschaft.

Bereits beim Bahrain G4 ließ sich 2014 vermuten, in welche Richtung diese Rivalität gehen könnte, Foto: Sutton
Bereits beim Bahrain G4 ließ sich 2014 vermuten, in welche Richtung diese Rivalität gehen könnte, Foto: Sutton

Diese sollte bereits 2014 in einem epischen Kampf der beiden münden, bei dem sich die Hamilton und Rosberg im späteren Verlauf nicht den Dreck unter den Fingernägeln gönnten. Tiefpunkt sollte dabei unter anderem der Belgien GP sein, bei der es in der Startphase zu einer Berührung zwischen Hamilton und Rosberg kam, die schließlich zum Aus des Briten führte und auch Rosberg einen möglichen Sieg kostete. Im letzten Rennen trat am W05 von Rosberg ein Problem mit dem Hybrid-System auf, wodurch Hamilton letztlich unbedroht den Titel gewinnen konnte.

Die Luft zwischen Hamilton und Rosberg wurde in den Folgejahren immer dicker. 2015 wusste Rosberg seinem Stallrivalen nicht genug entgegenzusetzen. Vier Rennen vor Schluss gelang Hamilton mit einem Sieg in Austin der vorzeitige WM-Erfolg.

2016 sollte die Krönung des Mercedes-Duells sein - auch im negativen Sinne. Hamilton und Rosberg zogen alle Register und steckten gegeneinander nicht mehr zurück. Die Folge waren teaminterne Kollision der beiden Streithähne. In Spanien führte dies zum Aus beider Fahrer, in Österreich brachte Rosberg seinen beschädigten Boliden nach einer Kollision mit Hamilton noch auf Position vier über die Ziellinie - Hamilton gewann das Rennen.

Nach einem Motorschaden Hamiltons in Malaysia und einem Rosberg-Sieg im darauffolgenden Japan GP war Hamilton vor den verblieben vier Rennen der Saison nicht mehr in der Lage, aus eigener Kraft die WM zu gewinnen. Hamilton siegte zwar bei allen verbliebenen Rennen, Rosberg reichten aber jeweils zweite Plätze, um seinen ersten WM-Titel einzutüten. Beim WM-Finale in Abu Dhabi versuchte Hamilton zudem durch bewusstes Verlangsamen Rosberg den dahinterliegenden Fahrern wie Vettel und Co. zum Fraß vorzuwerfen - ohne Erfolg.

Hamiltons verusch, Rosberg aufzuhalten blieb ohne Erfolg, Foto: Sutton
Hamiltons verusch, Rosberg aufzuhalten blieb ohne Erfolg, Foto: Sutton

2017-2018: Vettel gegen Hamilton

Nachdem Rosberg der Formel 1 nach seinem Titelerfolg 2016 den Rücken gekehrt hatte, sollte die Konkurrenz nicht mehr aus den eigenen Reihen, sondern viel mehr aus Italien kommen. Ferrari war gewillt, der Mercedes-Dominanz nach drei Jahren ein Ende zu setzen. Tatsächlich gelang es der Scuderia, mithilfe eines neuen technischen Reglements auf Mercedes aufzuschließen.

Zwischen Hamilton und Vettel entfachte ein Kopf an Kopf Rennen um den WM-Titel. Beim Singapur GP folgte für Ferrari durch eine Startkollsion zwischen Vettel, Räikkönen und Verstappen jedoch eine herbe Niederlage - beide Ferrari-Piloten schieden aus. Hamilton konnte das Momentum nutzen und sich bereits drei Rennen vor Schluss den Titel sichern.

Ein tragischer Moment für Ferrari, die sich in der Saison von dieser Kollision nicht mehr erholen konnten, Foto: LAT Images
Ein tragischer Moment für Ferrari, die sich in der Saison von dieser Kollision nicht mehr erholen konnten, Foto: LAT Images

2018 ging das Duell gegen Ferrari weiter und wieder sollte die Scuderia den besseren Start in die Saison erwischen. Ein erneut bitterer Ferrari-Moment sollte das Momentum der Weltmeisterschaft jedoch wieder in die Hände von Mercedes treiben. Die Rede ist natürlich vom Ausfall Vettels im Hockenheim-Motodrom vor heimische Kulisse. Seitdem leistete sich Vettel immer wieder gröbere Fehler - zu viele. Hamilton wurde zum fünften Mal Weltmeister.

2021: 'Wie Prost und Senna'

2021 ist die Formel-1-Welt Zeuge eines erneuten WM-Spektakels. Und das, obwohl es eine zum Teil eingefrorene Entwicklung nach der Saison 2020 nicht erahnen ließ. Red Bull büßte etwa durch einen beschnittenen Unterboden am wenigsten Zeit ein und befindet sich nun mit Max Verstappen gegen Mercedes und Lewis Hamilton auf Augenhöhe. Wobei 'Augenhöhe' nicht ganz richtig ist. Von Strecke zu Strecke variieren die Kräfteverhältnisse der beiden Top-Teams.

Verstappen konnte in Ungarn trotz Schaden zwei Punkte retten, Foto: LAT Images
Verstappen konnte in Ungarn trotz Schaden zwei Punkte retten, Foto: LAT Images

Hamilton und Verstappen schenken sich auf der Strecke nichts. Dies führte wohl auch zum kontroversen Silverstone-Crash, bei dem Hamilton als Hauptschuldiger betrachtet wurde. Durch eine von Valtteri Bottas ausgelöste Kollision in der ersten Kurve des Ungarn GP verlor Verstappen zudem erneut wertvolle Punkte auf Hamilton, der damit wieder die WM-Führung übernehmen konnte.

Es hat es also in sich. So vergleichen viele Experten diese Rivalität bereits mit der zwischen Alain Prost und Ayrton Senna. Damit erwarten uns also noch spannende verbliebene zwölf Rennen. Hamilton (195) führt die Weltmeistershaft vor Verstappen (187) um acht Punkte an. Der Kampf um die WM-Krone ist noch lange nicht entschieden.