Die Formel 1 ist in der Sommerpause: Nach elf von 23 geplanten Rennen zieht Motorsport-Magazin.com ein erstes Fazit. Heute gibt es das Formel-1-Zwischenzeugnis für Alfa Romeo. Wie schlägt sich das Sauber-Team aus Hinwil in der Schweiz mit dem noch immer letzten Ferrari-Weltmeister Kimi Räikkönen und Ferrari-Mann Antonio Giovinazzi?

Ziel vs. Realität:
Mit einem trotz starrer Regeln verhältnismäßig großen Umbau des Vorjahresboliden startete Alfa Romeo mit hohen Ambitionen in die Formel-1-Saison 2021. Im Vorjahr ging der Anschluss an das Mittelfeld verloren. Mit dem C41 wollte die Sauber-Truppe aus Hinwil ihren zuvor deutlich regelmäßigeren Platz in den Punkterängen zurückfordern. Zum Saisonauftakt ließ das Auto Potenzial aufblitzen, ein großer Sprung schien gelungen.

Im weiteren Saisonverlauf sickerte schnell die bittere Erkenntnis durch: Aus eigener Kraft reicht es 2021 noch immer nicht für Resultate in den Top-10. Drei zehnte Plätze und diverse Ergebnisse auf P11 waren das Maximum, seltene Großchancen durch chaotische Entwicklungen vergab Alfa durch eigene strategische oder operative Fehler in eben diesen Situationen. Williams nutzte diese in Ungarn, so ging es für Alfa Romeo im WM-Stand unter dem Strich sogar rückwärts.

Formel 1 2021: Alfa Romeo droht schlechtestes Ergebnis seit Jahren

Entwicklung:
Nach aktuellem Stand droht Alfa Romeo 2021 die schlechteste Saison des Sauber-Teams unter dem Namen der italienischen Marke und damit das schlechteste Ergebnis seit 2017. Vor vier Jahren fand sich Sauber mit nur fünf WM-Punkten auf dem letzten WM-Rang ein, 2016 fiel die Ausbeute noch kümmerlicher aus. Erst mit Neuzugang Charles Leclerc 2018, dann Kimi Räikkönen 2019 ging es daraufhin steil bergauf. Alfa-Sauber war häufiger in den Punkteränge zu finden als nicht, das wurde mit deutlich zweistelligen Punkteständen und dem achten WM-Rang belohnt.

Das Team schien im Aufwind, ein weiterer Aufstieg bis P7 realistisch. Stattdessen folgte 2020 der Absturz. Mit nur acht Punkten retteten Räikkönen und Giovinazzi gerade noch WM-Rang acht vor Haas. Die US-Truppe hat man 2021 auch im Griff, doch nun zog Williams vorbei. Holt Alfa in der zweiten Saisonhälfte nicht mehr Zähler als in der ersten, bleibt das Team sowohl hinter Williams als auch hinter seiner eigenen Vorgabe aus dem Vorjahr.

Alfa Romeo: Doppelstrafe in Ungarn führt zu Debakel

Der Höhepunkt:
Ein echtes Highlight ist bei Alfa Romeo nur schwer auszumachen. Am besten gelingt dies noch, nimmt man die einzigen echten Erfolgsmeldungen des Jahres - je ein Punkt in Baku und Monte Carlo - zusammen. Immerhin folgten diese Wochenenden auch unmittelbar aufeinander.

Der Tiefpunkt:
Der dritte WM-Punkt Alfa Romeos ist dagegen sogar der absolute Tiefpunkt dieses Jahres. Den holte Kimi Räikkönen dank der nachträglichen Disqualifikation Sebastian Vettels in Ungarn, das Rennen war dennoch ein einziges Debakel. Während Williams mit den Rängen P7 und P8 einen Big Point landete, vergab Hinwil ausgerechnet am Nationalfeiertag die Chance gegen den direkten Konkurrenten leichtfertig durch zwei Strafen - Räikkönen wegen einer Unsafe Release, Giovinazzi wurde in der Boxengasse geblitzt.

Kimi Räikkönen & Antonio Giovinazzi lassen Potenzial liegen

Kimi Räikkönen:
Nach einem noch ordentlichen Saisonstart für den Finnen manifestierte sich schnell vor allem eine signifikante Schwäche im Qualifying. Sechs der bislang elf klassischen Qualifikationen beendete Räikkönen bereits im Q1. Zum Vergleich: Teamkollege Giovinazzi schied nur zweimal gleich in der ersten Session aus. Im Resultat ergibt das für Räikkönen eine 15,5 als durchschnittliches Qualifying-Ergebnis, zwar klar vor den Haas und Nicholas Latifi, allerdings genauso klar hinter dem Rest. Im Rennen kompensiert Räikkönen dieses Laster weitgehend, mit im Schnitt 2,7 gewonnenen Plätzen allein in der Startrunde ist kein Fahrer besser als der Finne. Von der zuvor geschaffenen Ausgangslage ist das trotz eines im Renntrimm etwas besseren C41 allerdings nicht genug. Hinzu kommt eine für einen Routinier eher hohe Quote zu einfacher Fehler (Dreher in Imola, Crashs in Portimao und Spielberg). Immerhin an Einsatz mangelt es nicht, wie etwa der Versuch, in Silverstone Sergio Perez aufzuhalten, zeigt.
Gesamtnote MSM-Fahrerranking: 3,52 (P17)

Im teaminternen Duell bei Alfa-Sauber ist Giovinazzi der Mann des Qualifyings, Räikkönen der Mann des Rennens, Foto: LAT Images/Motorsport-Magazin.com
Im teaminternen Duell bei Alfa-Sauber ist Giovinazzi der Mann des Qualifyings, Räikkönen der Mann des Rennens, Foto: LAT Images/Motorsport-Magazin.com

Antonio Giovinazzi:
Auf eine schnelle Runde arbeitete sich der Italiener bereits im Vorjahr auf Augenhöhe mit seinem Teamkollegen, 2021 ist Giovinazzi deutlich vorbeigezogen. Anders als Räikkönen ist Giovinazzi Stammgast im Q2. Der oft souveräne Einzug erweist sich jedoch vielfach als Strohfeuer. In der zweiten Session kommt in der Regel nicht mehr viel. So startet der Italiener im Schnitt von Rang 13 - nicht weit genug vorne, um Kapital daraus zu schlagen. Im Gegenteil: Im Rennduell zieht Raktenstarter Räikkönen noch immer gleich wieder vorbei. Allerdings zählt Giovinazzi auch zu den größten Pechvögeln der Startrunde. In Österreich etwa wurde der einstige Ferrari-Junior gleich in beiden Rennen umgedreht. Auch Giovinazzi leistet sich allerdings zu viele Fehltritte wie den Crash im Q1 in Aserbaidschan oder seine zu schnelle Boxendurchfahrt beim Ungarn-GP.
Gesamtnote MSM-Fahrerranking: 3,01 (P11)

Alfa Romeo kann Ziel abschreiben, aber Debakel abwenden

Ausblick:
Sein eigentliches Saisonziel kann Alfa Romeo abschreiben. Der Mittelfeldzug ist längst abgefahren. Zumindest Schadenbegrenzung - die Aufrechterhaltung des Status Quo P8 - ist allerdings noch möglich. Sieben Punkte auf Williams sind in den noch ausstehenden Rennen auch ohne ganz großes Chaos im Eichhörnchen-Prinzip aufzuholen. Voraussetzung sind vor allem zwei Verbesserungen: Qualifying-Pace (insbs. Räikkönen) und Fehlerquote (Fahrer wie Team). Von Ansprüchen und Möglichkeiten - dank Alfa-Backing und schwedischer Investoren - wäre die Truppe von Frederic Vasseur damit dennoch weit entfernt.

Halbzeitfazit Alfa: So schlagen sich Räikkönen und Giovinazzi: (06:31 Min.)