"Das Sicherheitsargument für die Boxenstopps ist mehr als lächerlich", tobte Red Bulls Dr. Helmut Marko, als der Automobilweltverband FIA vor einigen Wochen die Regeln für den Reifenwechsel in der Technischen Direktive Nummer 22 klarstellte.

Red Bull stellt seit Jahren Boxenstopp-Rekorde am laufen Band auf, ist Seriensieger des DHL Pitstop-Awards und schafft regelmäßig Reifenwechsel in zwei Sekunden oder sogar darunter. TD022 hatte zum Ziel, die Abläufe genauer zu definieren und den Reifenwechsel dadurch sicherer zu machen

Über verschiedene Sicherheitsstufen und vorgegebene Mindest-Reaktionszeiten sollten die Stopps ab dem Ungarn GP sicherer ablaufen. Weil Red Bull massiv gegen die Technische Direktive anging, schickte FIA-Techikchef Nikolas Tombazis eine neue Version von TD022 an die Teams.

Boxenstopp-Verschärfungen erst am Belgien-GP

Die FIA macht darin eine Rolle rückwärts. Zunächst einmal gelten die neuen Regeln nicht mehr ab dem Ungarn GP, sondern erst nach der Sommerpause mit dem Belgien-GP in Spa. Aber auch inhaltlich wurde die Direktive massiv abgeschwächt.

Die ursprüngliche Version sah zwei Reaktionszeiten vor. Erst mussten mindestens 0,15 Sekunden vergehen, ehe der Mechaniker am Schlagschrauber nach dem Festschrauben der Mutter das 'Okay'-Signal geben durfte. Das entspricht in etwa der menschlichen Reaktionszeit. Mit der Mindest-Reaktionszeit wollte man verhindern, dass die Mechaniker auf das Festsitzen spekulieren.

Mindest-Reaktionszeiten gestrichen und angepasst

Diese Reaktionszeit wurde nun komplett aus dem Ablaufplan gestrichen. Allerdings bleibt es dabei, dass die Radmutter erst komplett festsitzen muss, ehe das Signal gegeben wird. Eine zweite Reaktionszeit im Ablauf bleibt, wird aber verringert. Wenn das Auto von den Wagenhebern gelassen wurde, müssen mindestens 0,1 Sekunden vergehen, ehe die Ampel auf Grün springen darf. Die alte Direktive sah hier 0,2 Sekunden vor.

Zusätzlich werden in der sechsseitigen Direktive einige Verschärfungen teilweise zurückgenommen. Der Grundtenor bleibt aber: Die Teams müssen die FIA davon überzeugen können, dass ihre Boxenstopp-Abläufe sicher sind.

Mit der ursprünglichen Regelklarstellung soll die FIA nicht nur Red Bull ins Auge gefasst haben. Bei anderen Rennställen soll es schon zu haarigen Situationen gekommen sein. Der Automobilweltverband ließ sich auf eine Lockerung der TD ein, weil das Boxenstopp-Equipment hochspezialisiert und damit auch schwer zu überwachen ist. In der kommenden Formel-1-Saison gibt es auch hier zahlreiche Änderungen, mit denen die Sicherheit der Stopps verbessert wird.