Seit dem großen Gipfeltreffen der Konzernlenker von Ferrari, Mercedes, Renault, Porsche und Volkswagen sowie Christian Horner und Dr. Helmut Marko von Red Bull zuletzt in Österreich ist das Thema Formel-1-Motoren der Zukunft im Fahrerlager der Königsklasse groß auf der Agenda. Günstiger als mit den gegenwärtig sündhaft teuren Power Units soll es mit der neuen Generation ab 2025 - vielleicht auch erst 2026 - werden, noch dazu umweltfreundlicher durch eine zunehmende Hybridisierung und nachhaltige Kraftstoffe wie E-Fuels.

"Wir wollen das Rad nicht neuerfinden, aber wir müssen die elektrische Power erhöhen, denn dahin geht die Welt", sagt Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff nun im Rahmen des Großbritannien-GP. Allerdings werde es für lange Zeit noch immer Millionen von Millionen von Fahrzeugen auf den Straßen mit Verbrennungsmotoren geben. "Und da können wir, als schnellstes Labor der Welt, helfen, um mit unseren Partnern nachhaltige Kraftstoffe zu entwickeln", sagt Wolff.

Horner will Motoren-Kreischen: Geht auch umweltfreundlich

Zumindest in diesem Punkt springt dem Österreicher sein 2021 größter verbaler Gegenspieler bei. Red-Bull-Teamchef Christian Horner erhofft sich von der neuen Motorenära in der Formel 1 allerdings noch etwas mehr. Zu viel Elektro-Anteil, zu wenig puristische Königsklasse, das will der Brite auf keinen Fall erleben. "In der Formel 1 geht es für mich um Lärm, um Entertainment, es geht um die schnellsten Autos des Planeten", sagt Horner.

"Die Tatsache, dass wir mit nachhaltigen Kraftstoffen diese Biokraftstoff-Route einschlagen, zeigt, dass der Verbrennungsmotor eine Zukunft hat und ich denke, dass es keinen Grund gibt, warum man nicht darüber nachdenken sollte, wieder hoch drehende Motoren einzuführen, die fantastisch klingen, das aber auf eine umweltfreundliche Weise machen. Mit Bio- und nachhaltigen Kraftstoffen bist du dazu in der Lage, denke ich."

Motorenzukunft: Formel 1 am Scheideweg

Das liege auch im Interesse des kommerziellen Rechteinhabers. "Wir sind hier, um zu unterhalten und der Verbrennungsmotor hat eine Zukunft als Teil der Formel 1", sagt Horner. "Wenn du der Theorie folgst, wohin die OEMs gehen, Elektrifizierung, dann könnten wir in acht oder neun Jahren in der Formel E landen. Das ist nicht die Formel 1."

Irgendwann, so Horner, könne vielleicht jeder ein Elektroauto fahren. Doch bis dahin gebe es auch noch eine Interimsphase zu überbrücken. "Deshalb sehe ich uns gerade ziemlich am Scheideweg, was für diesen Sport richtig ist", sagt der Brite. Für Horner selbst sei das offensichtlich. Das habe Fernando Alonsos Showrun in seinem WM-Renault mit legendärem V10-Antrieb im vergangenen Jahr doch klar vor Augen geführt. Das habe jeden Fan begeistert.

Wolff widerspricht Horner: Neue Generation tickt anders

"Die Emotion und der Lärm sind für mich noch immer solch ein Schlüsselfaktor, der diesem Sport fehlt. Wir müssen den Ton aufdrehen", fordert Horner. "Und wir müssen es verantwortungsvoll und kosteneffektiv machen, sodass es nachhaltig und umweltfreundlich ist. Aber es muss Unterhaltung sein. Deshalb schalten die Leute den Fernseher ein. Deshalb schauen die Leute diesen Sport."

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Genau hier regt sich deutlicher Widerspruch von Mercedes. "Ich bin anderer Meinung als Christian, denn das ist, was wir denken, aber wir sind nicht mehr die relevante Generation", sagt Wolff. "Wenn du einen 18-Jährigen oder einen 22-Jährigen fragst, welche Relevanz Lärm hat, dann konsumieren es die meisten dieser Leute auf anderen Bildschirmen, auf denen Lärm nur kleine oder keine Relevanz hat."

Wolff: Partner würden sich von Formel 1 abwenden

Persönlich würde er ja auch auf einen kreischenden 12-Zylinder stehen. Das gehe in der Formel 1 allerdings nicht mehr - nicht nur wegen der neuen Generation allein, so Wolff. "Tatsache ist, dass wir ein Sport und auch ein Geschäft sind und ich denke, dass wir bei unseren Partnern, Sponsoren und Stakeholdern vollkommen an Relevanz verlieren würden, wenn wir uns nicht die Umwelt ansehen und welchen Einfluss wir nehmen", erklärt der Anteilseigner des Mercedes-Teams. "Dann wären wir auf einer völlig anderen Linie als das, wohin sich die Welt bewegt und jeder einzelne Business-Partner würde sich von Formel 1 abwenden, wenn wir bei diesem Kreischen bleiben - ob wenn es uns gefallen mag."

Für Christian Horner bleibt die Umsetzung seiner Träume allerdings nicht völlig unrealistisch. "Ich weiß, dass die Elektrifizierung politisch angetrieben wird, aber es gibt auch Fragen, ob das wirklich die richtige Marschrichtung für 25 oder 30 Jahre ist", sagt Horner auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com.

Die Formel 1 könne derzeit eine Schlüsselrolle für die Entwicklung nachhaltiger Kraftstoffe einnehmen. "Damit kannst du einen Motor haben, der umweltfreundlich ist und das wäre eine gewaltige Leistung für die Formel 1", sagt Horner. Das sei auch mit hoher Performance, hohen Drehzahlen und Emotionen weckenden Motoren möglich, wirbt der Red-Bull-Leiter. "Und wäre es nicht fantastisch, wenn wir diese Richtung einschlagen? Ich bin sicher, dass jeder Grand Prix gerammelt voll wäre."