Charles Leclerc hat im Qualifying für das erste Sprintrennen der Formel-1-Geschichte in Silverstone einmal mehr seine Qualitäten auf eine schnelle Runde nachgewiesen. Im diesmal bereits am Freitagabend ausgetragenen Zeittraining gelang es dem Ferrari-Piloten, sich sogar zwischen die Top-Teams zu drängeln. Um 16 Tausendstelsekunden verwies Leclerc Sergio Perez im Red Bull auf den fünften Platz. Damit startet der Monegasse den Sprint am Samstag von Platz vier und scheint ideal platziert für eine starke Position in der Startaufstellung für das Rennen am Sonntag. Doch eine Sorge schwirrt weiter über Maranello.

"Ich bin sehr happy. Es war ein kniffliges Qualifying - mit so wenig Vorbereitung werden die Dinge einfach etwas heikler", sagt Leclerc. Zuvor hatten die Formel-1-Piloten nur ein einziges Training von 60 Minuten absolviert. "Aber ich denke, dass ich einen guten Job gemacht und das Potenzial unseres Autos ausgeschöpft habe", ergänzt Leclerc. "Ich hatte recht viel Vertrauen, besonders schon im Q1. Q2 war ich nicht auf dem Level, auf dem ich sein wollte, im Q3 habe ich das Vertrauen und die Pace dann wiedergefunden."

Sainz klagt über P9: Mit Q2-Zeit in Top-5

Für Teamkollege Carlos Sainz galt so ziemlich das Gegenteil. Der Spanier verpasste es, seine im Q2 bessere Leistung im finalen Abschnitt zu bestätigen. "Im Q2 hatte ich im Auto ein gutes Gefühl. Da bin ich eine 1:26.8 gefahren [P4], was im Q3 für die Top-5 gereicht hätte", ärgert sich Sainz, am Ende nur auf P9. Das stimmt fast exakt. Um vier Tausendstel wäre der Spanier im Q3 mit seiner Q2-Zeit an Sergio Perez und Platz fünf gescheitert.

Wieso konnte er seine Leistung nicht reproduzieren? "Aus irgendeinem Grund hatten wir mehr zu kämpfen, der Wind frischte etwas auf und ich konnte einfach nicht mehr eine Runde wie im Q2 finden. Das müssen wir analysieren", grübelt Sainz. "Ich hatte ein paar kleine Momente, einfach etwas weniger Grip als erwartet." Auf zu wenig Trainingszeit führt der Spanier das nicht zurück. "Da waren wir alle im gleichen Boot", sagt Sainz. "Carlos hatte das ganze Qualifying eine ähnliche Pace wie Charles, aber auf dem letzten Versuch kam die Runde einfach nicht ganz so sauber zusammen. Eineinhalb Zehntel sind in diesem engen Feld dann genug, um Neunter statt Vierter zu sein", sagt Sportdirektor Laurent Mekies.

Carlos Sainz muss Sprint-Taktik überdenken

Im Sprintrennen muss der Spanier nun seinen eigentlich geplanten Ansatz - Attacke am Start, dann kaum noch Risiko - etwas überdenken. "Wir haben eine gute Gelegenheit, um zu attackieren. Wir müssen schauen, was wir tun können, um ein paar Plätze zurückzubekommen. Denn ich fühle, dass das Auto wenigstens für die Top-6 gut ist", sagt Sainz. "Wir werden schon einen Weg finden."

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Weniger Pläne hatte sich Leclerc zurechtgelegt. "Es ist ein aufregendes Wochenende. Morgen haben wir das Sprintrennen, aber da weiß ich noch nicht recht, wie ich das angehen werde. Ich werde einfach versuchen, das bestmögliche Ergebnis herauszuholen", sagt Leclerc.

Silverstone: Ferrari fürchtet neues Reifendrama

Vor allem ein Aspekt sorgt Ferrari dabei in Silverstone: Die Vorderachse leidet auf dem Highspeedkurs generell wieder extrem. Genau das machte der Scuderia vor drei Rennen in Frankreich extrem zu schaffen. Leclerc und Sainz wurden nach einem ebenfalls noch starken Qualifying völlig wehrlos aus den Punkterängen gespült - und das schnell. 17 Runden Distanz für den Sprint in Silverstone können da reichen, sollte sich das Phänomen wiederholen.

Deshalb lässt sich selbst Leclerc trotz des starken Resultats im Qualifying zu keiner Kampfansage hinreißen. "Warten wir es einfach ab, ich will da nicht zu vorschnell sein", sagt der Monegasse. "Es ist sowieso noch etwas unbekannt. Immerhin haben wir noch das zweite Training, um das Sprintrennen so gut vorzubereiten wie möglich."

Trotz der bereits starken Form im Qualifying will sich Ferrari allerdings mehr auf die Longrun-Pace konzentriert haben. "Wir wissen, dass Rennpace hier mehr denn je wichtiger ist als die Performance auf eine Runde", sagt Sportdirektor Laurent Mekies. Dennoch werde es nicht leicht - trotz aller Vorbereitungen darauf. Mekies: "Auf einer Strecke wie dieser ist das unsere größte Herausforderung."