"The Future is Now" hieß es am vergangenen Wochenende der Formel 1 in Österreich. In einem Hotel vor den Toren des Red Bull Rings kam es am Samstagabend im Rahmen des zweiten Großen Preises in der Steiermark zu einem Gipfeltreffen von kommerziellem Rechteinhaber der Formel 1, der FIA und den Chefs bestehender wie potenzieller neuer Motorenhersteller zum Thema Power Units der Zukunft.

Neue Formel 1 Motoren 2025: Was steht schon fest? (12:11 Min.)

Neben den Konzernlenkern von Mercedes, Ferrari, Alpine/Renault und Red Bull in Person von Christian Horner und Dr. Helmut Marko - nach dem bevorstehenden Honda-Ausstieg künftig selbst Motorenfabrikant - ebenfalls mit am Tisch: Porsche und Volkswagen, vertreten durch Audi-Vorstandschef Markus Duesmann. Seit Jahren gehen immer wieder Spekulationen eines Formel-1-Einstiegs, mal aus Zuffenhausen, mal aus Wolfsburg oder Ingolstadt umher. Auch am Verhandlungs- oder zumindest Beratungstisch saßen die Vorstände in der Vergangenheit bereits. Nun unternehmen die Macher der Königsklasse also den nächsten Anlauf, die Top-Adressen aus Deutschland in die Formel 1 zu locken.

Locken neue Formel-1-Motorenregeln 2025 Porsche, Audi & Co?

"Wir arbeiten daran, den Powertrain für 2025 zu definieren. Wir hoffen, dass neue Hersteller hinzustoßen, das wäre klasse für den Sport", sagt FIA-Präsident Jean Todt. "Wir müssen schauen, was die beste Kombination von Verbrenner, Hybrid und Elektro ist."

Der zeitliche Rahmen ist damit weitgehend gesteckt. Ende 2024 endet das gegenwärtige Motorenreglement, nun geht es darum das richtige Rezept für die kommende Ära ab 2025 zu kreieren. Allerdings gibt es bereits Stimmen, die eine Verschiebung auf 2026 fordern. Red Bull etwa wirbt dafür. "Hoffentlich bringt der kollektive Verstand etwas Attraktives für 2025 zustande - oder, was sinnvoller wäre, den Job ordentlich und für 2026 zu machen", sagt Teamchef Christian Horner.

Formel 1: Neue Motoren erst 2026, Biokraftstoff schon früher?

Von der spätestens geplanten Einführung reinen Biosprits will die FIA allerdings nicht abrücken. Damit sei die Formel 1 ohnehin schon zu spät dran, heißt es dort. "Wenn wir es heute einführen könnten, würde ich es schon heute liebend gerne einführen", sagt Todt. "Für mich heißt es, je schneller, desto besser. Und etwas ist sicher: Es wird nicht nach 2025 sein", betont Todt.

Mercedes zeigt sich zumindest gesprächsbereit. "Es ist an der Zeit", fordert Toto Wolff die eher rasche Umsetzung der neuen Ära von Motoren. "Aber ich denke, vielleicht können wir einen Kompromiss finden und den Green Fuel um ein oder zwei Jahre vorziehen und vielleicht das Gesamtreglement um ein Jahr verlängern. Dann ist vielleicht allen geholfen, aber wir müssen ein Zeichen setzen", ergänzt der Teamchef und Teilhaber des Mercedes-Teams.

Formel-1-Motoren 2025: Kosten & Technik im Fokus

Vorab müssen sich die Beteiligten aller Parteien allerdings erst noch einigen, was genau 2025 denn nun im Heck der Formel-1-Boliden werkeln soll und - nicht minder entscheidend - zu welchem Preis. Erste Positivmeldungen gibt es. "Es war ein konstruktiver Dialog", berichtet Horner. "Es ist wichtig, dass wir die richtige Lösung für die Zukunft der F1 finden, sowohl was die Kosten als auch das Produkt angeht."

Stefano Domenicali, CEO der Formel 1, spricht von guten Schritten, ähnlich klingt es in einem gemeinsamen Statement von Königsklasse und FIA. Dort ist die Rede von "sehr positiven Gesprächen" mit allen gegenwärtigen und potenziellen neuen Power-Unit-Herstellern. In den kommenden Wochen sollen diese Gespräche fortgeführt werden.

Formel 1 & FIA: Spielberg-Gespräche mit Herstellern 'sehr positiv'

Vollständige Einigkeit herrscht demnach allerdings noch nicht. Das war allerdings auch mitnichten zu erwarten. So kennt man die Formel 1. Und tatsächlich prallen trotz vielen Übereinstimmungen noch immer unterschiedliche Interessen aufeinander. So wollen die bestehenden Hersteller eher größere Teile der gegenwärtigen Power Units beibehalten, potenzielle Neuzugänge - ohne Investitions- und Erfahrungsvorsprung - zeigen sich offener für größere Abweichungen, etwa in Richtung des Trends bei Straßenfahrzeuge zum Vierzylindermotor - womöglich mit Allradantrieb zur Leistungskompensation statt der gegenwärtigen V6-Bauweise, wie das Fachportal RaceFans.net berichtet.

Hier gilt es das richtige Feingefühl zu beweisen. Wie große, rational womöglich nicht zwingend erforderliche, Änderungen sind für den Gewinn durch Einstiege von Porsche, Audi oder anderer Marken zu rechtfertigen? Dramatisches soll sich jedenfalls kaum bewegen. Die grundlegende Formel soll beibehalten werden. "Der Hybrid wird natürlich da sein", verrät F1-CEO Domenicali. "Der Fokus wird in Zukunft mehr auf der Hybridisierung unserer Motoren liegen. Die Grundlagen dieses ganzen Motors werden bleiben."

Formel 1 stellt klar: Hybrid bleibt & wird weitergedacht

Wolff erwartet ebenfalls keine Radikalkur - kein vier statt sechs Töpfe. "Wichtig ist, dass wir alle einer Meinung sein sollten, was wir 2025 haben wollen. Eine Power Unit, die uns stolz macht, im Umfeld der Elektrifizierung, was wir gleichzeitig in einem Kostenrahmen schaffen, der besser ist als heute", skizziert der Österreicher zumindest seine Vorstellung. Wolff weiter: "Dass wir einen grünen Sprit weiterentwickeln, ob es jetzt Bio Fuel ist oder ganz E-Fuel. Das ist ein essenzieller Part und dann denke ich, geht der Weg über die jetzigen Sechszylindermotoren, die so ähnlich sind wie die letzte Generation in der Serie. Da brauchen wir das Rad nicht neu erfinden."

Sehr wohl neu erfunden werden soll, wie genau das Hybridsystem künftig optimiert wird. Bereits länger gilt dabei die hochkomplexe und teure MGU-H als erster Anwärter, gestrichen zu werden - für manch einen zusätzlich auch aus akustischen Gründen. "Die Kosten der aktuellen Motoren sind extrem unerschwinglich", nennt Red-Bull-Mann Horner erneut einen häufig anführten Kritikpunkt der seit 2014 gültigen Motorenformel. "Daran wurde nicht gedacht, als diese Motoren konzipiert wurden und jetzt halte ich es für eine fantastische Gelegenheit, es mit dem Motor, der für zehn Jahre unser Motor werden könnte, etwas anders zu machen."

Red Bull will mehr Sound & Emotion: Sonst gleich Formel E

Nicht nur die Kosten, auch die Komplexität hielten zuletzt Neueinsteiger fern. Die langanhaltenden (PR-)Probleme Hondas nach dem um ein Jahr verspäteten Einstieg zur Saison 2015 waren ein drohendes Beispiel für mögliche Nachahmer. Hinzu kam die Debatte um die Geräuschkulisse. Das bei Fans und Puristen beliebte Kreischen der V10- oder zumindest V8-Antriebe wird noch heute vermisst. Deshalb müsse der neue Powertrain neben aller Pflichten in Sachen Ökobilanz und Nachhaltigkeit auch die Themen Emotion und Sound adressieren, so Horner. "Es muss noch immer unterhalten - sonst können wir auch alle Formel E machen", sagt der Brite.

Ein Comeback von V10 steht dabei außer Frage. Ein Streichen der MGU-H könnte allerdings zumindest etwas helfen, genauso wieder höhere Drehzahlen und mehr Benzindurchfluss - zu rechtfertigen durch die vorgesehene Verwundung von hundertprozentigem Biokraftstoff. Nicht jeder ist diesem Ziel allerdings so aufgeschlossen wie Horner. Wolff etwa, bei der Frage des Timings der neuen Regeln noch kompromissbereit, zeigt sich alles andere als offen für eine Rückkehr zur alten Liebe.

Toto Wolff: Können keine alten Petrolheads mehr sein

"Wir wollen einen Motor haben, der von 2025 bis 2030 relevant ist und wir können keine alten Petrolheads mit kreischenden Motoren sein, wenn alle von uns erwarten, dass wir elektrisch werden", erklärt Wolff auf der FIA-Jahreskonferenz in Monaco. Einen Verbrenneranteil werde es allerdings noch länger geben. "Wir bleiben bei dem aktuellen V6-Format, aber die elektrische Komponente wird massiv zunehmen", sagt Wolff. Das kann auch ohne MGU-H funktionieren, durch eine kraftvolle kinetische Komponente, heute bereits als MGU-K implementiert.

Dass die Formel 1 nicht vollständig elektrisch werden soll, liegt neben Horners Argument, gleich Formel E fahren zu können, für Wolff noch in der Realität auf den Straßen dieser Welt begründet. "Wir glauben, dass Benzin noch lange Zeit da sein wird", sagt Wolff. "In Europa mögen wir ambitionierte Ziele haben, dass E-Mobilität bis 2030 Teil unseres Alltags wird, und wie ambitioniert das ist, kann ich bei Mercedes sehen. Aber auf der restlichen Welt werden wir noch etliche Millionen von Fahrzeugen haben, die weiter mit Benzin fahren."

Grüne Kraftstoffe: Formel 1 als schnellstes Labor der Welt

Deshalb sieht Wolff die Formel 1 hier erneut in der berühmten Vorreiterrolle für Serienmodelle. Einerseits sei die Formel 1 2025 selbst mit 100 Prozent nachhaltigen Kraftstoffen unterwegs. "So werden wir zum Rückgang der weltweiten CO2-Emissionen beitragen", sagt Wolff. Andererseits will die Formel 1 erneut als Forschungslabor für die Automobilindustrie dienen. "So können wir ihnen mit unseren Innovationen helfen, nachhaltige Kraftstoffe zu entwickeln", sagt Wolff.

Neue Formel 1 Motoren 2025: Was steht schon fest? (12:11 Min.)

"Wir sind immer das schnellste Labor der Welt gewesen. Wir treiben Innovationen voran, indem wir Performance suchen, und im Motorsport bedeutet Performance auch Effizienz. Je besser wir arbeiten oder je mehr Innovationen wir schaffen, desto mehr können wir sie in die Autoindustrie und andere Industrien, die Kraftstoffe nutzen, übertragen", ergänzt Wolff. Damit werde die Formel 1 auch relevanter.

Neue Fan-Generation: Lieber High-Tech als Gladiatoren?

Das komme auch bei den Fans an. "Ich habe die ein jüngeres Publikum als je zuvor in der Formel 1 gesehen", sagt Wolff über die Rückkehr vollbesetzter Ränge beim Österreich-GP. "Unsere am stärksten wachsende Gruppe sind die 15- bis 35-Jährigen. Und ich glaube, dass die Formel 1 für dieses jüngere Publikum für Innovation und High-Tech steht", ergänzt Wolff mit Verweis auf Befragungen der Fans durch die Formel 1. "Wir werden uns vielleicht etwas von Gladiatoren entfernen, aber die Kids sehen es wie Kampfjets, die um die Strecke fliegen. Wir dürfen niemals vergessen, dass High-Tech-Innovationen Teil unserer DNA sind.