George Russell ließ Williams bei den Formel-1-Rennen in den vergangenen Wochen von WM-Punkten träumen. Doch dabei blieb es in Frankreich und Österreich auch. Trotz der steilen Formkurve und den Bemühungen des Mercedes-Juniors folgte an jedem Sonntag das böse Erwachen außerhalb der Top-10. Die Briten fürchten, dass sie ihr Pulver verschossen haben könnten - und Russells Spielberg-Rivale Fernando Alonso macht ihnen keinen Mut.

"Wir waren so nah und doch so fern", sagte Russell nach seinem elften Platz im Großen Preis von Österreich. Es war das dritte Mal bei seinen 46 Starts für Williams, dass er um nur eine Position am heißersehnten ersten Punkt mit dem Rennstall vorbeischrammte. Am Vortag war er im Qualifying erstmals ins Q3 gekommen und hatte mit Startplatz acht die bisher beste Ausgangslage in den Farben des britischen Traditionsteams gesichert.

Der 23-Jährige klopft in der laufenden Saison vehementer als je zuvor an der Tür zu den Top-10. Nachdem das Gelingen im Imola bei wechselhaften Bedingungen an seiner Geduld scheiterte, präsentierten sich Team und Fahrer beim kürzlichen Triple-Header als ernstzunehmende Anwärter. Im Le Castellet sah Russell die Zielflagge ohne einen einzigen Ausfall der Konkurrenz als Zwölfter. Beim Steiermark GP schied er auf Punktekurs liegend durch einen Defekt aus.

Am vergangenen Sonntag ging eigentlich alles glatt, doch diesmal fuhr Fernando Alonso ihnen in die Parade. Der Spanier jagte Russell im letzten Renndrittel unermüdlich und ging drei Runden vor Schluss vorbei. "Damit war es mal wieder ein Rennen, in dem wir gerade so außerhalb der Punkte landen, ohne das eines der Top-Autos ausgefallen ist", klagte Russell, der nach der Niederlage auf den Trend hofft: "Insgesamt war es sehr vielversprechend. Ich denke, wir haben gute Fortschritte gemacht."

Alonso hat aufgepasst: Williams nur in Spielberg schnell?

Sein Endgegner aus Spielberg macht ihm allerdings keine allzu großen Hoffnungen. Alonso rechnet nicht damit, dass Alpine sich allzu bald wieder mit Williams auseinandersetzen muss "Ich glaube nicht. Sie haben einen Schritt gemacht, aber wir müssen nur auf Österreich im letzten Jahr schauen. Da sind sie auch als Elfter gestartet. Also sieht es danach aus, als würden sie auf dieser Rennstrecke sehr gut performen", analysiert der 39-Jährige.

2020 verfolgte er die Königsklasse zwar nur als Zuschauer, aber den Wettbewerb behielt er auch vom heimischen Sofa aus offenbar genau im Auge. "Wir müssen die nächsten paar Rennen abwarten, ob sie wirklich so schnell sind oder nicht", sagt er. Die Entwicklung über die Wochenenden in Spielberg ist für ihn dahingehend kein Beweis: "Außerdem waren sie an diesem Wochenende auch schon wieder etwas weiter von uns weg, als am ersten."

Nach dem Doppelpack in Österreich warten Silverstone und der Hungaroring für die Runden zehn und elf im Kalender. Hält man sich an Alonsos Beobachtungen, dürfte in Ungarn wieder mit Williams zu rechnen sein. "Wir müssen Silverstone abwarten, aber ich denke in Budapest sollten wir wieder stark sein, denn da waren wir bisher gut", so Russell. 2019 fuhr er auf dem Stop-and-Go-Kurs vor der ungarischen Hauptstadt erstmals ins Q2. Im Vorjahr qualifizierte er sich als Zwölfter.

Williams fürchtet Wetter und Format in Silverstone

"Wir sind mit dem Setup in eine etwas andere Richtung gegangen, von der ich denke, dass sie von Vorteil ist", sagt Russell über den Aufschwung der letzten Rennen. Doch Teamchef Jost Capito sieht für das Heimspiel in Silverstone schwierige Vorzeichen. "Es hängt sehr von den Wetterbedingungen ab. Jeder weiß, dass unser Auto bei schwierigen Windbedingungen sehr knifflig ist", so der Deutsche. "Und Silverstone kann sehr windig sein. Wenn das der Fall ist, werden wir wohl Probleme bekommen."

Abgesehen von der offenen Fläche des auf einem alten Militärflughafens gebauten Kurses wird auch das Wochenendformat für den Grand Prix von Großbritannien es nicht einfach machen, etwaige Setupfortschritte mit dem FW43B zu bestätigen. Am Freitag gibt es nur eine Trainingssitzung, gefolgt vom Qualifying. Darüber hinaus bringt Pirelli in Reaktion auf die Reifenschäden von Baku neue Konstruktionen für die Hinterreifen.

"Silverstone wird ein Test. Ich habe das schon mit den Ingenieuren diskutiert", so Russell. "Die neuen Reifen, nur eine Session vor dem Qualifying, mit dem wir unser Setup für das Sprint-Qualifying festlegen müssen, und dann das Rennen. All diese Faktoren werden es uns schwer machen, dort in Fahrt zu kommen."