Am Trainingsfreitag zum Österreich GP 2021 sah es zunächst nach einer Wiederholung der Vorwoche an gleicher Stelle aus: Max Verstappen setzte im 1. Training die deutliche Bestzeit, nachdem er wenige Tage zuvor einen überlegenen Sieg gefeiert hatte. Am Nachmittag aber schlug Mercedes zurück: Bestzeit für Weltmeister Lewis Hamilton vor Valtteri Bottas.

"Ungefähr 20 Grad Streckentemperatur und mit dem Soft-Reifen haben wir nicht den optimalen Grip", analysierte Dr. Helmut Marko die Ursachen für das veränderte Kräfteverhältnis knapp. Während sich das schwarze Asphaltband am vergangenen Wochenende noch auf rund 50 Grad Celsius aufgewärmt hatte, wurden am Trainingstag zum Österreich GP nur 30 Grad gemessen.

Formel 1 Spielberg: Red Bull kämpft mit weichsten Reifen

Außerdem entschied sich Pirelli an diesem Wochenende für weichere Reifen. Statt C2, C3 und C4 kommen diesmal C3, C4 und C5 zum Einsatz. "Mercedes sah auf dem Soft ziemlich schnell aus, wir müssen sicherstellen, dass wir auf dieser Mischung noch etwas finden, denn auf dem Medium sahen wir stärker aus", gibt Max Verstappen seinem Boss recht.

Ein Problem, das in dieser Saison vor allem Mercedes hatte. Der Dauerweltmeister tat sich oftmals schwer damit, den Extra-Grip der weichsten Reifenmischungen zu nutzen. "Der Speed auf einer Runde war ermutigend, da wir guten Grip aus den Reifen herausholen konnten. Das ist uns auf den weichsten Pirelli-Reifen bislang nicht immer gelungen", freut sich Mercedes-Ingenieur Andrew Shovlin. Nun kämpft Red Bull mit dem Problem.

Mercedes rechnet in Österreich mit Red-Bull-Comeback

Bei Mercedes ist man sich aber einig. "Wir machen uns nichts vor, Red Bull kann morgen garantiert noch nachlegen", meint Shovlin. "Red Bull hat definitiv noch ein paar Pfeile im Köcher", glaubt auch Hamilton. Marko bestätigt die Befürchtungen der Konkurrenz: "Wenn man die Topspeed-Werte anschaut, kann man davon ausgehen, dass Mercedes mit dem Motor mindestens ein bis zwei Stufen höher gegangen ist."

Woher aber kam der große Sprung bei Mercedes vom Vormittag auf den Nachmittag? "Im 1. Training war es etwas schwierig, da wir verschiedene Setup-Varianten getestet haben, die auf unserer Simulator-Arbeit in der zurückliegenden Woche beruhten, und das Auto fühlte sich damit nicht so gut an", verrät Hamilton.

Mercedes: Standard-Setup noch am besten

Im 2. Freien Training baute Mercedes das Setup wieder auf einen ähnlichen Stand der Vorwoche zurück. Mit Erfolg, wie Hamilton meint: "Damit fühlte es sich viel besser an. Ich werde jetzt wahrscheinlich nicht mehr viel ändern, denn wenn etwas funktioniert, sollte man besser nicht zu viel daran herumspielen! Deshalb gibt es bei mir heute Abend nur klitzekleine Änderungen."

Die Longruns sind an diesem Wochenende etwas entscheidender als noch vor einer Woche. Ein Einstopp-Rennen wird deutlich schwieriger. Das hat zwei Gründe: Einerseits sind die Reifen eine Stufe weicher, andererseits wird es schwieriger, sich auf den Medium-Pneus zu qualifizieren. Denn das Delta zwischen Soft und Medium soll laut Pirelli rund sieben Zehntel betragen. Auf der kurzen Runde des Red Bull Rings dürften sogar die Top-Teams Probleme damit haben, sich auf Medium für Q3 zu qualifizieren.

Top-Teams mit Medium nicht Q3-fähig?

Eine Einstopp-Strategie mit Soft und Hard ist nicht unmöglich, aber extrem schwer umzusetzen. Trotzdem testeten Mercedes und Red Bull nur den Medium-Reifen auf Herz und Nieren, der am vergangenen Wochenende noch der Soft-Reifen war. Das Longrun-Bild ist noch etwas diffuser als sonst, weil zusätzlich noch der Pirelli-Prototyp getestet wurde und leichter Nieselregen einsetzte. Weil ähnliche Bedingungen auch am Sonntag erwartet werden, gaben die Piloten trotzdem Vollgas.

Den schnellsten Stint auf Medium fuhr Carlos Sainz. Allerdings war der Ferrari-Pilot nur wenige Runden mit leichtem Auto unterwegs. Lewis Hamilton und Max Verstappen fuhren fast zeitgleich, der Niederländer dabei aber deutlich länger. Valtteri Bottas fehlte nur eine Zehntelsekunde auf die WM-Spitzenreiter.

Formel 1 Österreich: Longruns auf Soft

FahrerReifen-AlterStint-LängeZeitStint
Ricciardo1341:09,9971/2
Norris19111:10,0861/1
Alonso19101:10,1371/1
Schumacher1451:10,3342/2
Stroll1781:10,4581/2
Vettel18131:10,6031/2
Ocon25171:10,7091/1
Gasly21121:10,9191/2
Latifi1581:11,0861/2
Tsunoda22141:11,5411/2
Mazepin19111:11,9711/2

Formel 1 Österreich: Longruns auf Medium

FahrerReifen-AlterStint-LängeZeitStint
Sainz1331:09,5842/2
Hamilton2081:09,6521/1
Verstappen25171:09,6911/1
Bottas23151:09,8001/1
Leclerc1791:09,8291/1
Gasly1751:09,8582/2
Perez30211:09,8801/1
Russell1081:09,9141/2
Latifi18101:10,1862/2
Räikkönen21111:10,3121/1
Tsunoda1531:10,3742/2
Stroll1641:10,5082/2
Giovinazzi1991:10,5141/1
Mazepin1631:10,6792/2
Schumacher21111:11,2911/2

Formel 1 Österreich: Longruns auf Prototyp-Reifen (Medium)

FahrerReifen-AlterStint-LängeZeitStint
Vettel1781:09,7492/2
Russell1291:09,8912/2
Sainz1761:10,0581/2
Ricciardo1241:10,1152/2

Sergio Perez im Longrun wieder dran

Während Sergio Perez auf eine Runde abreißen lassen musste, war er im Dauerlauf wieder deutlich näher dran. Im Qualifying-Trimm hatte er mit der Balance seines RB16B zu kämpfen. Im Dauerlauf fuhr der Reifen-Flüsterer sogar satte 21 Runden am Stück. Dabei fehlten ihm im Schnitt nur noch zwei Zehntel auf den Teamkollegen.

Im Mittelfeld ist die Lage am Freitag undurchsichtig wie immer: Auf eine Runde machte Aston Martin am Nachmittag einen starken Eindruck, der im Longrun nicht bestätigt werden konnte. Dafür zeigten sich McLaren, Alpine und Ferrari dort deutlich stärker.

Fazit: Red Bull hat auf eine Runde mit den Mercedes-Problemen der weichsten Reifenmischung zu kämpfen. Für Qualifying und Rennen dürften die Bullen aber noch ein paar Honda-PS im Köcher haben. Aber: Dieses Wochenende ist definitiv enger als noch vor einer Woche. Mercedes hat Chancen.