Für Pierre Gasly war das erste der beiden Formel-1-Rennen in Österreich am vergangenen Sonntag nach einem Unfall mit Charles Leclerc früh gelaufen. Der AlphaTauri-Fahrer hatte danach einen dicken Hals auf seinen Kumpel. Wenige Tage später haben sich die Wogen geglättet. Die Freundschaft ist durch den Zwischenfall keineswegs vorbelastet. Nur die Rennleitung gibt dem Franzosen weiter Rätsel auf. Warum keine Strafe für den Unfallauslöser?

"Der Schaden war bei mir bereits entstanden, also ändert es für mich letztendlich nichts. Aber ich war schon etwas überrascht, dass es keine Untersuchung gab. Natürlich war es keine Absicht oder etwas, das Charles mit Vorsatz tun würde, aber für mich und mein Rennen hatte es schwere Konsequenzen", sagt Gasly gegenüber Motorsport-Magazin.com. Leclerc hatte ihn unmittelbar nach dem Start auf der Geraden Richtung Kurve zwei am linken Hinterrad touchiert, woraufhin sein Auto schwer beschädigt wurde.

Gasly schaffte es zwar zurück an die Box, musste aber mit einer irreparabel beschädigten linken Hinterradaufhängung aufgeben. Leclerc hingegen fuhr nach dem Wechsel seines Frontflügels noch bis auf die siebte Position nach vorne. Die Rennleitung verhängte trotz offensichtlicher Schuld keine Strafe gegen den Monegassen, was bei Gasly für Verwunderung sorgt.

"Besonders nachdem wir gesehen haben, dass Valtteri eine Gridstrafe von drei Positionen bekommen hat, weil er in der Box die Kontrolle über sein Auto verloren hat, was für das Rennen von niemandem Folgen hatte. Das hat mich etwas überrascht", erklärt er und stellt klar, dass es sich bei seiner Forderung keineswegs um Rachegelüste handelt: "Mich interessiert am Ende nur mein eigenes Rennen und für mich hätte das [Strafe für Leclerc] auch nichts geändert. Aber es ist vielleicht etwas, das wir mit Michael [Masi] besprechen sollten."

Gasly nach Unfall nicht nachtragend

Was das Verhältnis zwischen Gasly und Leclerc angeht, wurde der Haussegen schon am Sonntag wieder geradegerückt. "Er kam nach dem Rennen zu mir. Ich war natürlich noch mies gelaunt, da spielt es keine Rolle ob Freund oder nicht. Ich war sauer, aber ich kenne ihn und ich weiß, wie er Rennen fährt. Er ist ein anständiger Typ und hat das nicht absichtlich gemacht", sagt Gasly. "Er hat sich einfach vertan, und das ist nie schön, egal ob es mit Charles oder sonst wem passiert."

Leclerc wurde nach seiner furiosen Aufholjagd von den Fans sogar noch zum Fahrer des Tages gewählt. Auf seinen Fauxpas in der Startphase hätte er aber gut verzichten können. "Das ist schon etwas, das ich hätte verhindern können, aber jetzt ist es zu spät", sagt der zweimalige Grand-Prix-Sieger. Dass er in der heißen Startphase den Überblick verlor, ist für ihn inakzeptabel.

Leclerc akzeptiert Verantwortung: Keine Entschuldigung

"Wir sind Formel-1-Fahrer und wir fahren diese Autos. Also sollten wir auch wissen, wie lang das Auto ist. Die Sicht ist nicht die Beste, aber das ist keine Entschuldigung", so Leclerc, der in den vergangenen Jahren mehrfach in Zwischenfälle in der Startrunde involviert war. Den Vorwurf, im Zweikampf zu aggressiv zu sein, lässt er allerdings nicht gelten.

"Ich bin mit meinem Zweikampfverhalten sehr zufrieden. Es ist immer am Limit, und natürlich hat es uns in diesem Rennen auch extrem geholfen, ohne viel Zeitverlust durchs Feld zu kommen. Es ist immer ein schmaler Grat und diesmal war es in der ersten Runde etwas zu viel, aber ich habe es mit Pierre geklärt. Alles ist in Ordnung."

Gasly wertet den Zwischenfall schlussendlich als Teil des Geschäfts. "Wir wussten, dass das eines Tages passiert", sagt er. "Es gehört in diesem Sport dazu. Wir fahren seit vier Jahren zusammen in der F1, und es war zwischen uns schon häufiger eng. Leider musste ich diesmal abstellen. Wir müssen nur sicherstellen, dass das nicht nochmal vorkommt. Ich kenne ihn und es wird wohl auch nicht wieder vorkommen."