Gemischte Gefühle herrschen bei McLaren nach dem ersten Formel-1-Rennen der Saison 2021 auf dem Red Bull Ring in Spielberg gleich doppelt. Einerseits bejubelt das Team dank Platz fünf durch Lando Norris ein weiteres Spitzenergebnis, muss allerdings mit Daniel Ricciardo (P13) im Technikpech eine Nullnummer verdauen. Andererseits zeigt sich Norris trotz seines makellosen Rennens und starken Resultats längst nicht vollends zufrieden.

Vor allem der Rennbeginn des Steiermark-GP gehörte McLaren. Vorne behauptete Norris am Start seinen dritten Platz hinter Max Verstappen und Lewis Hamilton, weiter hinten machte Ricciardo sein verwachstes Qualifying wieder gut. Von Startplatz 13 gestartet, kam der Australier bereits auf P9 aus der ersten Runde zurück. Den Ferrari von Carlos Sainz beschleunigte Ricciardo gleich am Start aus, den AlphaTauri von Yuki Tsunoda schnappte sich der 'Honey Badger' vor Kurve neun, zwei weitere Positionen gewann er durch die Kollision von Charles Leclerc und Pierre Gasly kampflos.

Daniel Ricciardo verliert halbe Runde Leistung: Motor-Steuerung

Nach sechs Runden folgte der erste und härteste Nackenschlag. Binnen einer halben Runde hieß es für Ricciardo zurück auf Start. Wieder nur P13 statt P9. Im Stich gelassen hatte den Australier der Mercedes-Antrieb im Heck seines McLaren. "Es war ein Steuerungsproblem bei der Power Unit, was die Leistungsabgabe für eine halbe Runde beeinträchtigt hat", verrät Teamchef Andreas Seidl. "Wir konnten es mit ein paar Einstellungen am Lenkrad wieder hinbekommen, aber er hat so vier Positionen verloren."

Ricciardo selbst konnte sein Pech kaum fassen. "Das war entmutigend. Ich hatte so einen tollen Start und war auch noch mit dem Medium auf der besseren Strategie", klagt der Australier. "Wir haben erwartet, dass die Leute vor uns mit dem Soft Probleme bekommen würden. Wir waren in einer guten Position und alles lag vor uns. Aber dann habe ich die Leistung verloren. Ich habe es aus Kurve eins hinaus gespürt und konnte es mit ein paar Einstellungen erst in Kurve sieben wieder herstellen. Da war schon wieder regelrecht jeder vorbei, den ich in Runde eins geschnappt hatte. Oder nicht regelrecht. Wirklich jeder!"

Formel 1 Spielberg: Ricciardos Start-Mühen komplett entwertet

Damit war das Rennen für den Australier praktisch gelaufen. Im Verkehr gelang aus eigener Kraft kein Comeback. Zu schädlich war die verwirbelte Luft. "Der Nachmittag war erledigt", klagt Ricciardo. Dass die Power sich wiederhergestellt hätte, würde dabei fast noch mehr nerven. "Wenn du so weit durchgereicht wirst, dann willst du manchmal nur, dass der Schmerz weggeht. Aber es war dann noch ein langes Rennen", klagt Ricciardo. Ein Rennen ohne Chance. "Es war so statisch", schildert Ricciardo. "Die Pace aller war in der Dirty Air und mit DRS so ähnlich, da konnte ich nichts mehr ausrichten."

In der frühen Phase des Rennens hielt auch Ricciardo die Ferrari in Schach, Foto: LAT Images
In der frühen Phase des Rennens hielt auch Ricciardo die Ferrari in Schach, Foto: LAT Images

Es sei gewesen, als hätte man einen Schalter umgelegt. "Wir waren vor Sainz, hatten dieselbe Strategie und er wurde Sechster. Das hätten wir sein können. Wir hätten als Team wieder Fünfter und Sechster sein können", hadert Ricciardo. "Heute war einer dieser Tage, die ich echt nicht leiden kann."

Spielberg: Ricciardo bleibt nach Motor-Drama im Verkehr stecken

Anders als Ricciardo gelang Charles Leclerc allerdings durchaus eine Aufholjagd. Seidl bestreitet allerdings, dass McLaren strategisch hätte nachhelfen können. "Es war heute einfach nicht möglich, an Kimi vorbeizukommen", sagt Seidl. "Wir müssen uns heute bei Daniel entschuldigen, dass wir ihm heute nicht das Auto gegeben haben, um das Ergebnis nach einem starken Start zu maximieren", ergänzt der Bayer. "Deshalb haben wir gemischte Gefühle, weil wir mit Lando auf der anderen Seite mit P5 ein starkes Ergebnis hatten. Wir waren dritte Kraft, das war klasse. Mit Daniel haben wir aber eine Chance liegengelassen."

Selbst Lando Norris zeigte sich trotz seines fünften Platzes, geschlagen nur von den Mercedes und den Red Bull, nicht vollends zufrieden. Für den Geschmack des Briten war der Nachteil gegenüber den beiden Top-Teams schlicht etwas zu viel des Guten. "Ich erinnere mich noch, dass es letztes Jahr wie ein Sieg war, wenn wir einen fünften Platz hatten", sagt der Youngster. "Aber ich denke, dass du einfach jedes Mal, wenn du diese Position bekommst und du dich daran gewöhnst, einfach etwas mehr willst, mehr erreichen willst."

Lando Norris glänzt mit P5, dennoch frustriert

Norris weiter: "Deshalb nervt es, denn sie waren heute so weit vor uns. Er war nicht so, dass sie zehn oder 15 Sekunden vorne waren, es waren 26,7 Sekunden, das ist jede Menge Rundenzeit, dafür brauchen wir ein viel besseres Auto. Deshalb ist es frustrierend, denn wir wollen uns verbessern, aber ich denke, dass man uns noch eine Weile nicht viel besser abschneiden sehen wird, was die reine Performance angeht."

Besonders bitter für Norris war ebenfalls die Startphase des Rennens, nicht lange nach Ricciardos Drama. Genauer gesagt waren es die Runden zehn und elf, in denen der Brite seinen dritten Platz - im Vorjahr sein Endergebnis in der Steiermark - geradezu kampflos aufgeben musste, erst gegen Sergio Perez im Red Bull, eine Runde später auch gegen Valtteri Bottas im Mercedes. Beide zogen in Kurve drei recht locker vorbei.

Norris lässt Bottas & Perez ziehen: Eigener Matchplan

So wenig Gegenwehr leistete Norris, um gegen ohnehin übermächtige Gegner nicht seine eigene Rennzeit zu beeinträchtigen. "Es war heute ziemlich klar für uns, dass wir uns auf uns konzentrieren müssen und unser Rennen fahren müssen. Und nicht versuchen, etwas zu erreichen, was nicht möglich ist und so nicht das erreichen, was für uns möglich war", sagt Teamchef Seidl. "Lando hat am Anfang des Rennens versucht, Valtteri und Checo hinter sich zu halten. Es war aber klar, dass diese Jungs stärker waren und wir sie nicht aufhalten konnten, ohne unsere Reifen zu zerstören. Dann war es ein kontrolliertes Rennen von ihm. Wir haben das Ergebnis geholt, das möglich war."

Eine Anordnung an Norris gab es dazu unterdessen nicht. "Er hat selbst realisiert, dass er mit seinen Reifen dann nicht weit gekommen wäre", sagt Seidl. "Aber vor dem Rennen wurde das mit den Ingenieuren besprochen. Der Matchplan war klar und er hat ihn perfekt umgesetzt. Wir waren hier die dritte Kraft", lobt Seidl.

McLaren warnt vor Ferrari: Wenn da alles passt ...

Ferrari zeigte diesmal allerdings auch auf - im Rennen. Das entging weder Seidl noch Norris. "Die Ferrari waren sehr schnell und ich denke, dass sie nächste Woche eine viel größere Bedrohung sein können, falls sie aus einer guten Position starten und keine Zwischenfälle haben", warnt Norris vor dem zweiten Rennen in Spielberg, dem Österreich-GP in einer Woche. Durch den Nuller von Ricciardo und P6 und P7 für Ferrari, direkt hinter Norris, verlor McLaren bereits in der Steiermark vier Punkte auf die Scuderia. In der WM-Tabelle beträgt das Polster nun noch zwölf Punkte.