Max Verstappen triumphierte beim Formel-1-Rennen in Frankreich mit einem Last-Minute-Manöver über Lewis Hamilton. Der Red-Bull-Pilot machte es auf dem Weg zu seinem dritten Saisonsieg gleich mehrfach spannend. Der Showdown war für ihn am Ende noch die leichteste Übung. Auf einen verkorksten Start folgten ein versehentlicher Strategie-Coup, den der Niederländer und sein Team so selbst nicht auf dem Zettel hatten.

"Meine Outlap war gut, aber ich hätte keinen so starken Undercut erwartet. Ich hatte so viel mehr Grip auf diesen Reifen, überall. Niemand, selbst wir, hatten nicht damit gerechnet, dass wir den Undercut gegen Lewis schaffen", sagt Verstappen über die Schlüsselszene des Rennens in Runde 19. Nachdem er in der Startphase hinter Hamilton zurückgefallen war, hatte er sich mental darauf eingestellt, für den Rest des Rennens einen Weg vorbei finden zu müssen.

Doch ausgerechnet die erste Taktik-Attacke von Mercedes brachte Verstappen zurück in Führung. Nachdem der unmittelbar hinter ihm fahrende Valtteri Bottas in der 17. Runde zum Undercut angesetzt hatte, reagierte Red Bull sofort und wechselte auch bei Verstappen die Reifen. Er blieb knapp vor dem Finnen. Da er vor seinem Boxenstopp drei Sekunden hinter Hamilton gelegen hatte, hatte das Team den Briten in diesem strategischen Schlagabtausch so gar nicht auf dem Schirm.

Hamilton stoppte eine Runde nach Verstappen - und fiel bei der Boxenausfahrt hinter den WM-Leader zurück. "Ich dachte, ich würde mich genau hinter ihm einreihen. Aber dann sah ich ihn aus der Box kommen, sah meine Chance und griff an", so Verstappen, der damit völlig unverhofft die Führung zurückeroberte, die er am Start verloren hatte.

Verstappen verbockt Start gegen Hamilton

"Der Anfang war für mich wirklich schwierig", erklärt er. In Kurve eins hatte er einen Quersteher und rutschte von der Strecke. Hamilton nutzte die Gelegenheit und rutschte durch. "Ich war in dem Moment wirklich aufgebracht, aber ich musste daran denken, dass wir noch ein langes Rennen vor uns haben und viel passieren kann."

Für ihn kam der Fahrfehler mindestens genauso unerwartet wie der spätere Führungswechsel. "Ich wurde einfach überrascht. Ich habe eingelenkt und dachte, es passt alles, aber dann habe ich das Heck verloren", so Verstappen. "Ich glaube nicht, dass ich zu spät gebremst habe. Aber ich hatte den gesamten ersten Stint über Probleme."

Bis zum ersten Boxenstopp folgte er Hamilton mit Respektabstand, ohne in Schlagdistanz für ein Manöver zu kommen. "Ich habe versucht, dran zu bleiben. Aber mit dem Regen über Nacht und dem Gummi von der Formel 3 sowie dem Wind da draußen, haben wir bis zur Rennmitte gebraucht, um wieder eine gute Balance zu haben", sagt Verstappen.

Red Bull riskiert Sieg mit zweitem Boxenstopp

Obwohl die Performance des RB16B in der zweiten Rennhälfte wieder stimmte, war die Achterbahnfahrt für Verstappen noch lange nicht vorbei. Nach dem erfolgreichen Undercut gegen Hamilton gelang es ihm nicht, den Briten und dessen Teamkollege Bottas abzuschütteln. "Mit den neuen Reifen hast du eine Runde, in der sich alles viel besser anfühlt. Sobald ich vorne war, hat sich das nach ein paar Runden nicht mehr so toll angefühlt", erklärt der 23-Jährige.

Red Bull fürchtete den nächsten Undercut durch Mercedes und entschied sich in der 32. Runde für eine riskante Strategie. Verstappen kam zum zweiten Mal an die Box und wechselte wieder vom Hard- zurück auf den Medium-Compound. Red Bull gab die Track Position über Mercedes auf und stellte Verstappen damit die Aufgabe, in den verbleibenden 20 Runden einen Rückstand von fast 20 Sekunden aufzuholen.

"Wir haben uns für zwei Stopps entschieden und ich dachte mir, mal sehen ob das klappt. Du weißt das hier nie", so Verstappen, dem das Leben durch einen defekten Boxenfunk zusätzlich erschwert wurde: "Selbst wenn ich dagegen gewesen wäre, ich hätte zwar sprechen können aber sie hätten mich sowieso nicht verstanden. Aber sie konnten mir alle Informationen geben. Das ist am wichtigsten. Außerdem waren die Boxenstopps durch. Ich hätte ihnen zwar etwas erzählen können, aber was hätte das geändert?"

Last-Minute-Move gegen Hamilton: Der war einfach

Zehn Runden vor Schluss kassierte er Bottas, doch Hamilton parierte daraufhin für einige Runden mit identischen Rundenzeiten. Verstappen begann, die Zeit davonzulaufen: "Die Überrundungen haben es auch nicht einfach gemacht, vorbeizukommen und viel Zeit aufzuholen." Erst drei Runden vor der Zielflagge stellte er den Anschluss an Hamilton her.

Im vorletzten Umlauf reichte eine Attacke mit DRS, um den Mercedes-Fahrer abzufangen. "Als ich näher kam, konnte ich erkennen, dass seine Reifen wirklich am Ende waren. Sobald ich im DRS war, war es für mich mit dem Topspeed bei unserer Flügeleinstellung ein ziemlich einfaches Manöver. Aber ich hatte auch viel frischere Reifen", sagt Verstappen.

Verstappen erwartet in Spielberg nächstes Duell

Mit dem Sieg baute er seine WM-Führung auf zwölf Punkte aus. An den kommende beiden Wochenenden stehen Red Bulls Heimrennen in Spielberg an, die Verstappen bereits zwei Mal gewinnen konnte. Nach den bisherigen Rennen in diesem Jahr erwartet er aber nicht, dass die Favoritenrolle dort durch die Erfolge der Vergangenheit zur Selbstverständlichkeit wird.

"Wir haben gesehen, dass beide Teams sehr eng beieinander liegen. An einem Wochenende hast du die richtige Strategie, am anderen sind sie es. Das macht es sehr spannend", so Verstappen, der für Spielberg wieder einen engen Kampf erwartet: "Wir müssen das Auto wieder gut abstimmen und auch die Bedingungen richtig lesen. Ich weiß noch nicht, wie der Wetterbericht aussieht. Aber ich erwarte, dass es wieder eng wird."