Trotz einer im Winter größtenteils eingefrorenen Entwicklung, kam es zu Beginn der Saison 2021 zu der ein oder anderen Überraschung. So auch Alfa Romeo, die in Sachen Performance einen deutlichen Sprung nach vorne machen konnten.

Nach bisher sechs gefahrenen Rennen gibt es zudem ein deutlich klareres Bild über die aktuellen Kräfteverhältnisse der Königsklasse. Alfa-Romeo-Teamchef Frédéric Vasseur und Technikchef Jan Monchaux nehmen dies zum Anlass, die bisherigen Fortschritte des Rennstalls mit Sitz in Hinwil zu bewerten. Einige unglückliche Situationen hätten bislang zwar Punkte gekostet, erhobene Daten belegen allerdings, dass Alfa Romeo im Fahrerlager mitunter die größte Verbesserung gelang.

Frédéric Vasseur: Im Feld größten Schritt gemacht

Sechs Rennen der Saison 2021 sind geschafft. Teamchef Frédéric Vasseur blickt zufrieden auf den bisherigen Saisonverlauf zurück: "Wir haben im Vergleich zur letzten Saison einen wirklich großen Schritt nach vorne gemacht. Vielleicht sogar den größten im Feld."

Technikchef Jan Monchaux schließt sich diesen Aussagen an: "Der C41 ist definitiv ein Schritt nach vorne. Wir können sagen, dass sich jeder Aspekt des Autos - der Motor, das Chassis, die Aerodynamik - verbessert hat. Wir sind sehr zuversichtlich, dass sich im Auto noch einiges an Performance versteckt, die wir durch die Reifen oder das Setup herauskitzeln können."

Auch auf fahrerischer Ebene konnte Alfa Romeo bislang auf solide Leistungen von Kimi Räikkönen und Antonio Giovinazzi zurückgreifen. Obwohl sich diese in der laufenden Saison bereits einige Schnitzer erlaubten, ist Vasseur positiv auf seine Fahrerpaarung zu sprechen. "Ich glaube, niemand braucht eine Demonstration darüber, zu welcher Leistung Kimi imstande ist. Auch Antonio macht einen guten Job", hält der Teamchef fest.

Kimi Räikkönen und Antonio Giovanzzi lieferten sich 2021 bislang ein teaminternes Duell auf Augenhöhe, Foto: LAT Images
Kimi Räikkönen und Antonio Giovanzzi lieferten sich 2021 bislang ein teaminternes Duell auf Augenhöhe, Foto: LAT Images

Qualifying-Pace im Detail: Durchschnittlich 0,67 Prozent näher an Pole-Zeit

Doch wie groß ist der Fortschritt von Alfa Romeo wirklich? In der Vergangenheit stellte für die Schweizer Mannschaft vor allem das Qualifying ein Problem dar. 2020 verbuchte das Team nur sieben Q2-Teilnahmen. Nur einmal hat es das Team vergangene Saison ins Q3 geschafft - im Qualifying des Türkei Grands Prix, der unter regnerischen und damit denkbar schwierigen Bedingungen vonstattenging.

Die Qualifying-Ergebnisse der laufenden Saison bestätigen allerdings die Aussagen Vasseurs. In fünf der sechs absolvierten Qualifyings gelang mindestens einem der Alfa-Romeo-Piloten der Sprung in die zweite Qualifyingsession. Alfa Romeo legte hierfür einen Vergleich der Qualifying-Pace zwischen 2020 und 2021 in Bezug auf das jeweils schnellste Team vor. Diese Daten sind in der folgenden Grafik dargestellt. Die Grands Prix von Monaco und Aserbaidschan sind von dieser Darstellung jedoch ausgenommen, da 2020 keiner der beiden Stadtkurse von der Formel 1 befahren wurde.

Demnach war Alfa Romeo in jedem Qualifying der unten gezeigten Rennwochenenden näher an der Pole-Position-Zeit dran als noch 2020 - in Imola sogar um 1,08 Prozent, was den drittgrößten Sprung aller Formel-1-Teams darstellt. Nur McLaren und Williams konnten in Bezug auf den Autodromo Enzo e Dino Ferrari einen größeren Fortschritt erzielen. Dass sich die Alfa-Romeo-Kurve in der Grafik durchgehend unter der Nulllinie befindet, deutet darauf hin, dass der C41 eine konsequente Weiterentwicklung seines Vorgängers ist. Das unterstreicht die Aussagen Monchaux', wonach der Bolide in jedem Bereich verbessert werden konnte.

Frédéric Vasseur gibt unterdessen an, dass die gewonnene Qualifying-Pace eine große Erleichterung sei. "Unsere Pace auf eine Runde macht die Sonntage für uns deutlich einfacher. Wenn wir in den Top-15 starten sind wir wesentlich näher an den Punkten", erklärt Vasseur.

Rennpace ebenfalls mit deutlicher Steigerung

Auch in Sachen Rennpace gelang dem Rennstall eine Verbesserung zum Vorjahr. Während sich Alfa Romeo 2020 nur langsam steigern konnte, waren sowohl Räikkönen als auch Giovinazzi dazu in der Lage, in den ersten Rennen der Saison 2021 um Punkte zu kämpfen - wenn auch am hinteren Ende der Top-10.

Die Daten Alfa Romeos bestätigen das und zeigen, dass die Rennpace des C41 unter trockenen Bedingungen durchschnittlich um 0,68 Prozent näher an jener des amtierenden Weltmeisters Mercedes herangekommen ist. Miteinberechnet wurden der Große Preis von Bahrain, Portugal und Barcelona. Der Emilia Romagna GP wurde hierfür nicht berücksichtigt, da das Rennen in Imola unter wechselhaften Bedingungen stattfand.

Die erhobenen Daten der drei Rennen weisen zueinander zudem eine geringere Differenz als im Qualifying auf. Das liegt unter anderem daran, dass das Qualifying auch aufgrund der geringeren Anzahl an gedrehten Runden eine höhere Anfälligkeit für Ausreißer beinhaltet. Der Durchschnittswert der Rennpace von -0,68 Prozent zeigt aufgrunddessen ein deutlich klareres Bild.

Vasseur zeigt sich über diesen Fortschritt zufrieden: "Bis jetzt konnten wir jeden Sonntag kämpfen und zeitweise auch Teams wie Alpine, Aston Martin und AlphaTauri hinter uns halten. Das sind Teams, die in der Konstrukteurswertung um Position fünf kämpfen."

Einige Punkte verloren - vom Pech verfolgt?

Dass sich Alfa Romeo in der bisherigen Saison noch nicht in diesen Kampf einmischen konnte, erklärt Vasseur folgendermaßen: "Unsere Rivalen hatten jeweils ein oder zwei Rennen, bei denen sie 'Big Points' holen konnten, wir bisher aber noch nicht. Vielleicht wendet sich das Glück ja bald. Es gab aber auch einige Situationen, in denen wir einfach einen besseren Job hätten machen müssen."

Gemeint sind damit unter anderem die Kollision von Räikkönen in Portugal oder auch Giovinazzis Qualifying-Crash in Aserbaidschan. Hinzukommen allerdings auch unglückliche Vorfälle wie beispielsweise Räikkönens kontroverse Strafe in Imola oder ein missglückter Boxenstopp am Fahrzeug von Giovinazzi während des Bahrain Grands Prix, als der Italiener eigentlich in den Punkten unterwegs war.

Neben diesen Faktoren konnte Alfa Romeo aber auch auf Pace-Seite noch nicht ganz auf Teams wie Alpine oder Aston Martin aufschließen. Die obigen Grafiken demonstrieren zwar eine deutliche Steigerung, um Punkte sammeln zu können, ist das Team aber zumeist noch auf Fehler der Konkurrenz angewiesen.

Weitere Updates sollen kommen, Fokus bald auf 2022

Dass sich das Bild in der laufenden Saison noch drastisch ändern könnte, ist dem engen Mittelfeld geschuldet. "Zwei Zehntel im Qualifying können an den meisten Wochenenden Position 17 statt sieben oder auch andersherum bedeuten", so Vasseur.

Die Entwicklung des aktuellen Boliden wird in dieser Hinsicht also noch eine entscheidende Rolle spielen. Alfa Romeo konnte 2021 bereits einige Updates bringen, die auf der Strecke sofort mit Verbesserungen einhergingen. Ein Indiz dafür, dass die Ingenieure des Rennstalls ein gutes Verständnis für den C41 haben.

In Baku konnte Kimi Räikkönen seinen ersten Saisonpunkt einfahren, Foto: LAT Images
In Baku konnte Kimi Räikkönen seinen ersten Saisonpunkt einfahren, Foto: LAT Images

"Wir werden zu späteren Zeitpunkten dieser Saison noch einige bewährte und getestete Teile bringen", verrät Technikchef Monchaux. "Das wird uns für den Moment beruhigen, wenn es soweit ist, sich voll und ganz auf den C42 für 2022 zu konzentrieren", spricht der Deutsch-Franzose die Regeländerungen für die kommende Saison an.

Eine herausfordernde Aufgabe, wie der Technikchef festhält: "Es geht nicht nur darum, dass wir parallel zwei Autos entwickeln müssen, sondern auch, wie signifikant das nächste Jahr sein wird. Wenn dann einer hintendran ist, wird es schwer, die Lücke zu schließen. Wir müssen also sicherstellen, dass wir uns am richtigen Ende dieses Spektrums befinden und bereit sind, das Beste aus der Möglichkeit dieser neuen Era zu machen."