Die actionreiche Schlussphase des Aserbaidschan GP 2021 beschäftigt Teile der Formel-1-Familie auch eine Woche nach dem Rennen in Baku noch. Die entscheidende Szene ist die zwischen Mick Schumacher und Nikita Mazepin. Schumacher setzte in der letzten Runde auf dem Weg zur Ziellinie zum Überholmanöver an, ehe sein Haas-Teamkollege kurz auf die rechte Seite zuckte, wo sich der Deutsche befand.

"Will er uns umbringen?", war Schumacher unmittelbar nach dem Rennende am Funk entsetzt. Auch Sky-Experte Ralf Schumacher kritisierte Mazepin. "Dieses Zucken von Mazepin beim Überholmanöver geht gar nicht. Wir reden hier von Geschwindigkeiten von über 300 Kilometern pro Stunde. So was ist lebensgefährlich", schrieb der Onkel des Involvierten in seiner Kolumne für den Pay-TV-Sender.

Formel 1: Sollte Mazepin für sein Manöver bestraft werden? (02:00:00)

Gerhard Berger, zwischen 1984 und 1997 210-facher Grand-Prix-Teilnehmer, zieht ein entspannteres Fazit des Zweikampf. "Bei uns war das ganz normal. Es war nicht nur in der letzten Runde so. Der Vordermann hat sich immer breit gemacht. Damals war das aber auch erlaubt oder es gab teilweise keine Kameras, die das gesehen hat. Heute ist alles transparenter und es gibt andere Regeln. Nur wenn es die Regeln verletzt hätte, hätten die Kommissare von der FIA etwas unternommen. Wenn sie nichts machen, werden sie sich im Rahmen gehalten haben. Natürlich schimpft man dann auch. Das ist alles ganz normal und der Sport braucht so etwas", sagte der heutige DTM-Boss am Sonntagabend in der Sendung ' AvD Motor & Sport Magazin' bei Sport1.

Möglicherweise wäre die Szene vor einigen Jahren noch nicht so stark in den Fokus der Öffentlichkeit geraten wie heutzutage. Denn in der TV-Übertragung war die Brisanz des Duells nicht zu erkennen. Mit 'F1 TV Pro', dem Streamingdienst der Formel 1, haben die Abonnenten allerdings die Möglichkeit, auf eine aktive Onboard-Kamera jedes Fahrzeugs zu schalten und dabei der Funk-Kommunikation zwischen Fahrer und Team zuzuhören. Die dort zur Verfügung stehenden Aufnahmen lassen es zu, sich ein genaueres Bild von der Situation zu verschaffen. Auch Rennleiter Michael Masi gab zunächst zu: "Um ehrlich zu sein, habe ich den Vorfall selbst nicht gesehen. Ich werde mir die Aufzeichnungen nochmal ansehen und mit Nikita sprechen, falls nötig."

Grundsätzliche Kritik an Mazepins Leistung erhob Berger in der Sport1-Sendung nicht. "Nur weil er ein Milliardärs-Sohn ist, sollte er nicht anders bewertet werden als andere. Er muss einen guten Job machen und gute Leistungen bringen. Er ist in der Formel 2 unter die Top-5 gefahren. Er ist nicht der Überflieger aber auch nicht schlecht. Jetzt ist er in der Formel 1 und soll seine Chance bekommen", sagte der 61-Jährige.

Berger sieht Schumacher in der Favoritenrolle

Für Berger steht allerdings fest, wer im Haas-Duell die Nase vorne haben wird: "Mick hat klar gezeigt, dass er Mazepin im Griff und sich in die Position der Nummer eins gearbeitet hat. Mick hat die Schumacher-Gene. Das sieht man. Mazepin wird Mick Schumacher nicht schlagen. Trotzdem macht Mazepin einen ordentlichen Job. Er macht seine Fehler, wie jeder andere auch. Man muss ihm schon eine Chance geben. Haas ist ein ordentliches Team und ein traumhafter Einstieg für einen Rennfahrer."

Während der Vorfall in der Öffentlichkeit weiterhin diskutiert wird, haben die beiden involvierten Fahrer ihn schon längst abgehakt. Teamchef Günther Steiner bestätigte im Videointerview mit N-TV, dass Mazepin seine Schuld eingesehen und sich bei Schumacher entschuldigt habe.