Bis zu Max Verstappens Unfall war der Aserbaidschan GP 2021 für Williams ein durchschnittliches Rennen. George Russell lag auf Position 15, sein Teamkollege Nicholas Latifi war 16. Damit schien es, als könne der britische Traditionsrennstall das Duell der Hinterbänkler gegen Haas gewinnen. Die letzten Runden des Rennens in Baku stellten das Ergebnis allerdings auf den Kopf.

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Es begann, als Rennleiter Michael Masi wegen des Verstappen-Unfalls eine Safety-Car-Phase ausrief und die Teilnehmer durch die Boxengasse fahren mussten. "Box, Box. Achte auf die weiße Linie", wurde Latifi von seinem Renningenieur Gaeton Jego angewiesen. Kurz darauf wiederholte der Franzose gleich mehrfach: "Bleib draußen." Genau das tat Latifi, während alle anderen Piloten dem Safety Car folgten, ehe es kurz darauf hieß: "In die Boxengasse, aber kein Boxenstopp."

Der Fall war klar: Die Stewards sprachen eine 10 Sekunden Stop-&-Go-Strafe gegen Latifi aus. Sie wurde schließlich in eine Zeitaddition von 30 Sekunden umgewandelt, weil Latifi die Strafe nach dem Restart nicht mehr ableistetye. Zusätzlich erhielt er drei Strafpunkte. Es sind die einzigen, die er aktuell auf seinem Konto hat. "Es war einfach ein Missverständnis. Immerhin ging es nicht um Punkte", sagte der 25-Jährige nach dem Rennen.

Russell blockiert Boxengasse

Ausgerechnet sein Teamkollege war der Grund dafür, dass Latifi die Strafe nicht antreten konnte. Denn George Russell rollte mit einem Getriebedefekt auf der Formationsrunde zum Restart aus. Mit Mühe schaffte er es noch bis zur Einfahrt der Boxengasse. Die Rennleitung entschied sich, die Boxengasse für die verbleibenden beiden Runden zu sperren. Die Onboard-Aufnahme zeigt: Die Runde in die Startaufstellung verlief für Russell zunächst normal. Erst auf der langen Start-/Ziel-Geraden kollabierte die Technik seines FW43B.

"Ich hatte einfach keinen Vortrieb mehr", erklärte Russell. "Es war aber ein anderes Problem als am Samstagvormittag." In der Schlussphase des 3. Freien Trainings klagte er bereits über ein technisches Problem, in dessen Folge die gesamte Power Unit getauscht werden musste. Dies gelang dem Team bis zum Qualifying. Die anfängliche Unterbrechung des Zeittrainings durch Lance Strolls Unfall verschaffte den Williams-Mechanikern zusätzliche Zeit, um die Arbeiten abzuschließen. Der Protege von Toto Wolff ließ sich davon nicht beirren. Er schlug seinen Teamkollegen im Qualifying ein zweites Mal und schaffte den Einzug ins Q2, das er als 15. beendete.

Strategischer Vorteil für Russell

"Es gibt einige positive Dinge von diesem Wochenende. Ich habe es wieder ins Q2 geschafft und das Auto war im Rennen gut", fasste der 23-Jährige zusammen. "Es ist frustrierend, dass ich das Auto ausgerechnet vor dem Restart abstellen musste. Die Erwartungen an die letzten Runden waren besonders hoch."

Ohne die Rennunterbrechung hätte es für den Briten in der Schlussphase möglicherweise noch nach vorne gehen können. Er wählte nämlich eine andere Strategie als seine Konkurrenten. Bereits nach der ersten Runde wechselte er auf harte Reifen. Während der ersten Safety-Car-Phase ließ er einen frischen Satz harter Reifen aufziehen. Damit hatte er für das letzte Renndrittel deutlich frischere Pirellis als viele seiner Mitbewerber. Da während der Unterbrechung alle Fahrer auf weiche Reifen wechselten, musste Russell diesen Vorteil abgeben.