Die größte Aufregung beim Monaco GP 2021 gab es schon vor dem Rennen. Pole-Setter Charles Leclerc funkte auf dem Weg in die Startaufstellung völlig aufgelöst: "Oh nein, nein, nein." In Verbindung mit extrem langsamer Fahrt war für den Betrachter sofort klar, was Sache ist: Die Reparaturarbeiten nach Leclercs Qualifying-Unfall wurden offenbar unzulänglich durchgeführt.

Leclerc schaffte es noch aus eigener Kraft an die Box, doch dort angekommen war schnell klar, dass der Monegasse nicht am Grand Prix teilnehmen kann. Der erste Verdachte bestätigte sich jedoch nicht: Nicht ein Getriebeschaden sorgte für die Aufgabe, sondern ein Defekt am Antriebswellengelenk.

Nach dem Unfall überprüfte Ferrari das Getriebe am Boliden mit der Startnummer 16 auf Herz und Nieren. Ein Wechsel hätte eine Strafversetzung zur Folge gehabt, weil die Getriebekassetten sechs aufeinanderfolgende Rennen halten müssen.

Beim Unfall schlug Leclerc zunächst mit der rechten Vorderachse in die Leitplanke ein, anschließend mit der Hinterachse. Deshalb war die Angst groß, dass beim Einschlag auch das Getriebe Schaden nahm. Nach eingehenden Untersuchungen gaben Ingenieure und Mechaniker Entwarnung.

Dass Ferrari die Aussicht auf einen Monaco-Sieg über die Zuverlässigkeit gestellt hätte, will Teamchef Mattia Binotto nicht gelten lassen: "Auch wenn wir das Getriebe wechselt hätten, hätten wir die Antriebswelle nicht gewechselt."

Ferrari tauscht 10 Baugruppen, Haas mehr als 20

Denn der Defekt trat an der linken Antriebswelle auf. Die komplette rechte Hinterradaufhängung wurde ausgetauscht, die linke Seite rührte Ferrari nach dem Unfall nicht an. Dabei ist sich die Scuderia derzeit noch nicht einmal sicher, ob der Schaden eine Folge des Einschlags ist.

Die Liste der Komponenten, die Ferrari unter Parc-ferme-Bedingungen tauschte, ist angesichts des Unfalls nicht besonders lang. Insgesamt zehn Baugruppen wurden erneuert: Nase samt Frontflügel, die rechte Vorderradaufhängung, die rechte Hinterradaufhängung, Bremsscheiben samt Belägen, die Bremspumpe, das Lenkgestänge, diverse Aero-Elemente an der rechten Seite, der Unterboden und der gesamte Heckflügel.

Mick Schumachers Einschlag im 3. Freien Training war ungleich stärker, aber die Haas-Mechaniker tauschten mehr als 20 Baugruppen. Hat sich Ferrari hier womöglich zu sehr auf das Getriebe konzentriert und andere Komponenten außer Acht gelassen? Oder verzichtete man gar aus finanziellen Gründen darauf, sicherheitshalber weitere Elemente zu tauschen? Schließlich kostet jedes neue Teil Geld, das vom Budget abgeht.

Binotto: Dürfen nicht mehr tauschen

"Nein, denn es gibt eine klare Regel", wirft Binotto ein. "Du darfst nämlich nur die Teile tauschen, die auch beschädigt sind. Das waren Frontflügel und die ganzen Teile auf der rechten Seite." Tatsächlich ist es so, dass unter Parc-ferme-Bedingungen nur defekte Komponenten ersetzt werden dürfen. Und die auch nur, wenn der Ersatz exakt dieselbe Spezifikation aufweist.

Trotzdem ist es bei heftigeren Unfällen auch üblich, dass Komponenten ersetzt werden, die auf den ersten Blick womöglich keinen Schaden nahmen. "Wir müssen verstehen, was passiert ist und ob wir es im Parc-ferme hätten entdecken können", fordert Binotto. Der Italiener verteidigt seine Mannschaft aber: "Als Charles aus der Garage gefahren ist, war das Problem noch nicht da, es tauchte erst in Kurve sechs auf."