„Michael, blaue Flaggen! Michael, dieser Kerl kostet uns die Position!“ Mit diesem Funkspruch an FIA-Rennleiter Michael Masi sorgte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff in Runde 26 des Großen Preises von Spanien außerhalb des Mercedes-Kosmos für beste Unterhaltung in der Formel 1. Gemeint war Haas-Pilot Nikita Mazepin, der nach Ansicht des Österreichers zu lang brauchte, um Lewis Hamilton bei einer Überrundung passieren zu lassen.

So dramatisch war die Szene, weil Hamilton sich zu diesem Zeitpunkt in einem Fernduell mit Max Verstappen befand. Der Niederländer hatte gerade einen Undercut gegen Hamilton gesetzt, noch dazu dauerte Red Bulls Stopp etwa doppelt so lang wie üblich. Das war die Chance für Mercedes, den Briten wieder an Verstappen vorbeizubekommen. Am Start hatte Verstappen die Position zuvor in einem harten Duell in Kurve eins gewonnen.

Toto Wolff: Es ging um den WM-Führenden!

„Ich habe es nur kommentiert“, erklärt Wolff nach dem Rennen im Interview mit Sky. Speziell wegen Mazepin habe er den Funkspruch nicht abgesetzt. Immerhin steht der Russe bereits seit Saisonstart klar im Fokus. Verstöße gegen ein Gentlemen’s Agreement unter den Fahrern im Qualifying, ein Vorfall unter blauen Flaggen in Portimao und zuletzt eine Behinderung Lando Norris’ erst im Q1 in Barcelona - Mazepin hat nach nur vier Wochenenden einen Ruf.

Darum will es Wolff nicht gegangen sein. „Ich muss Rücksicht nehmen auf die Jungen, die müssen Kilometer fahren. Aber wenn du mit niemandem kämpfst, keiner meilenweit hinter dir ist und es gegen den potenziell Führenden der Meisterschaft geht, dann verstehe ich nicht, warum er da keine Nachricht bekommt. Das ist eine unendliche Katastrophe“, schimpft Wolff.

Nikita Mazepin: In Formel 1 erstmals überhaupt blaue Flaggen

Tatsächlich war es schon in Portugal der Haas-Kommandostand, der Mazepin zu spät informierte. Teamchef Günther Steiner gelobte Besserung. Auch bei Zwischenfällen im Qualifying war die Kommunikation nicht ideal - außer in Barcelona, da stand Mazepin trotz frühzeitiger Warnung im Weg.

„Ich hatte in Imola zum ersten Mal in meinem Leben blaue Flaggen. Das musst du genauso lernen wie das Fahren. Und dafür habe ich fünf bis sieben Jahre gebraucht“, verteidigt sich Mazepin für den neuerlichen Zwischenfall. „Für blaue Flaggen brauche ich hoffentlich nur ein paar Rennen.

Steiner stichelt gegen Wolff: Will nur Publicity

Teamchef Steiner nahm die öffentlich in der TV-Übertragung gesendete Schelte locker. „Ich kann das nicht kommentieren, ich kenne die genauen Umstände nicht. Aber ich denke, dass Nikita heute einen guten Job gemacht hat, aus dem Weg zu fahren“, sagt der Südtiroler - und stichelt gegen Wolf zurück: „Vielleicht ist Toto einfach Toto und stellt einfach klar, wer das Sagen hat und dass alle springen, wenn er daherkommt. Und er hat nicht seine Leute die Arbeit machen lassen. Da will er ein bisschen Publicity, denke ich!“

Interessant: Tatsächlich kam es in Barcelona erstmals überhaupt zu einer Live-Übertragung der direkten Kommunikation von Rennleitung und Kommandostand eines Teams. Bis dato waren in der Formel 1 immer nur teaminterne Funksprüche zu hören gewesen, die zwar den Rennleiter verbal adressierten, sich allerdings nicht technisch an ihn richteten.

Formel 1 überträgt in Barcelona erstmals Teamkommunikation mit Rennleitung

Die Innovation erarbeitete die FIA zusammen mit der Formel 1. So soll dem Zuschauer eine neues Spannungselement geboten werden. Immerhin kann der TV-Zuschauer auf diese Weise aus erster Hand mit anhören, wenn und wie etwa ein Team das andere anschwärzt. Erstmals aufgekommen sei die Idee bei einem Meeting der Formel-1-Kommission im Vorjahr, in Barcelona habe man das Konzept nun erstmals ausprobiert, verrät Rennleiter Masi.

Bereits am Samstag habe es erste Versuche im Hintergrund gegeben. „Ich habe gesehen, wie es aussieht und allen Teams wurde daraufhin mitgeteilt, dass es dieses Wochenende erstmals live rausgeht.“ Von Toto Wolff höre er üblicherweise aber sehr selten, ergänzte der Australier.