Mercedes und Red Bull liefern sich in der Formel-1-Saison 2021 nicht nur mit Lewis Hamilton und Max Verstappen ein enges Duell, sondern kämpfen auch auf der politischen Bühne beinhart gegeneinander. Allen voran die kürzliche Bekanntgabe Red Bulls, mit Ben Hodgkinson einen führenden Ingenieur aus Mercedes-Motorenschmiede als Technischen Direktor für das neue Motorenprojekt Red Bull Powertrainins abgeworben zu haben, erhitzte die Gemüter.

Am Donnerstag vor dem Spanien-GP goss Red Bull neues Öl ins Feuer. In einer weiteren Presseaussendung bestätigte das Team namentlich gleich fünf weitere Ingenieure, die von Mercedes High Performance Powertrains in Brixworth das Lager wechseln werden. Red Bull benötigt dringend möglichst kompetentes Personal, um seine eigene Motorenschmiede zu betreiben.

Mercedes vs. Red Bull: Offene Fehde in Formel 1 2021

Ab der kommenden Saison werden die Power Units von Honda in Eigenregie eingesetzt- dafür sicherte sich Red Bull nach langen Verhandlungen die Rechte am geistigen Eigentum der Japaner. Ab 2025 - wenn ein neues Motorenreglement greifen wird - will Red Bull dann selbst von Grund auf Motoren für die Formel 1 produzieren.

Auf die erste große Abwerbung - Hodgkinson - reagierte Mercedes bereits mit einem Konter. Toto Wolff streute bei jeder Gelegenheit die These, Red Bull wolle in Zukunft ohnehin mit einer Marke aus dem Volkswagen-Konzern zusammenspannen. Verbindungen gab es dort etwa schon in der DTM. Das brachte Red Bull Ärger bei Honda ein, den es erst einmal zu beruhigen galt. Immerhin könnte so das Wissen der Japaner an einen anderen großen OEM fließen.

Toto Wolff: Abwerbungen waren offensichtlich

Nach dem erneuten Vorstoß Red Bulls wählt Wolff nun eine andere Form des Konters - die klassische. Der Verlust der abgeworbenen Mitarbeiter sei ohnehin zu erwarten gewesen und noch dazu nicht einmal allzu dramatisch. „Das war offensichtlich. Wenn du eine Motorenfabrik in Großbritannien aufbauen willst, dann gibt es nur eine [um Leute dafür anzuheuern], und das sind wir“, sagt Wolff in Barcelona bei Sky Sports F1.

„Wir haben etwa 900 Mitarbeiter, wenn uns 15 oder so davon durchs Netz gehen, ist das ziemlich normal“, ergänzt Wolff. Insgesamt hätte Red Bull etwa 100 Leute kontaktiert, so Wollf. „Und sie haben vielleicht 15 bekommen. […] Sie waren hauptsächlich auf Leute aus der Herstellung aus, es geht nicht wirklich um Performance. Ich denke sie wollen einfach das Unternehmen aufbauen.“

Wolff: Red Bull war auf Leute aus Produktion aus

Ein solches Projekt überhaupt stemmen zu wollen, ringt Wolff sogar Respekt ab. „Das ist ein Mount Everest. „Ich hätte dann gerne einen Kampf mit Red Bull Powertrains“, sagt der Österreicher. Eine Aussage des Red-Bull-Motorsportberaters Dr. Helmut Marko scheint diesen Statements Wolffs zu widersprechen. Der Grazer hatte gemeldet, Mercedes würde die Gehälter von Mitarbeitern verdoppeln, wenn sie einen Wechsel ablehnen würden. Das würde bedeuten, dass es doch um Mitarbeiter ging, die Mercedes keinesfalls verlieren will. Weil sie eben nicht nur aus der Herstellung stammten?

Auf Nachfrage widerspricht Wolff dieser Behauptung zumindest nicht. „Die Gehälter zu verdoppeln, ist das eine, aber wenn du sie verdreifachst, bist du an einer gewissen Stelle nicht mehr konkurrenzfähig“, sagt Wolff. Dass der Stachel dennoch irgendwo tief sitzt, kann der Mercedes-Leiter dennoch nicht ganz verbergen. „Ich respektiere, dass jeder sein Business verteidigen oder aufbauen will. Die Zeit der Vergeltung ist noch nicht gekommen.“

Horner widerspricht: Mercedes-Leute auch auf uns zugekommen

Red Bulls Teamchef Christian Horner bestätigte am Freitag einen Teil der Aussagen Wolffs. „Es war unvermeidbar, denn wir sitzen in Großbritannien und sind nur 30 Meilen die Straße von Brixworth rauf, wo Mercedes sich entschieden hat, seine Motoren zu bauen“, sagt der Brite, ebenfalls bei Sky Sports F1. „Das haben sie aus einem Grund gemacht, denn das Talent sitzt in Großbritannien.“

Geld soll die Mercedes-Mitarbeiter unterdessen nicht zu Red Bull gelockt haben, so Horner. „Die Motoren auch im Campus zu haben, sie so voll ins Chassis integrieren zu können, ist einfach unfassbar anziehend“, sagt Horner. Anders als Wolff lässt dessen Red-Bull-Pendant allerdings wissen, dass weniger Red Bull an die Mercedes-Leute herangetreten sei als andersherum.

Krieg? Red-Bull-Teamchef winkt ab

Horner: „Wir waren sehr überwältigt von der Anzahl von Anfragen, die wir hatten. Natürlich haben wir mit einem weißen Blatt Papier angefangen und es ist wichtig die richtigen Leute auf die richtigen Positionen zu bekommen.“ Red Bull sei schlicht in der Lage gewesen, einige ‚fantastische Top-Talente‘ zu locken, die nun einige von Honda übernommene Mitarbeiter ergänzen werden.

Von einem Krieg mit Mercedes will Horner unterdessen nichts wissen. „Die Leute arbeiten einfach da, wo sie arbeiten wollen. Unter dem Strich kannst du niemanden zwingen, dort zu arbeiten, wo er gar nicht sein will“, sagt der Brite. „Und wenn wir ein attraktiver Ort sind und die Leute den Racing Spirit hier sehen und Teil davon sein wollen, dann werden sie eben an dieser Reise teilnehmen.“