1. - S wie Startaufstellung

Zwei Mercedes, dann zwei Red Bull. Die Startaufstellung für das Formel-1-Rennen in Portugal (Start heute 16 Uhr MESZ, im Live-Ticker von Motorsport-Magazin.com, im TV oder via Live-Stream, mit VPN überall genießen) wartet mit allen vier Top-Autos an der Spitze auf.

Valtteri Bottas startet von der Pole Position, Lewis Hamilton muss die Verhältnisse also erst einmal zurechtrücken. Max Verstappen hielt im Qualifying diesmal zumindest wieder Sergio Perez in Schach, verfügte aber eigentlich über das Material für Startplatz eins.

Hinter den großen Vier folgt mit Carlos Sainz ein überraschender Ferrari-Fahrer. Charles Leclerc startet erst hinter Esteban Ocon im Alpine und Lando Norris im McLaren vom achten Rang. Pierre Gasly im AlphaTauri und Sebastian Vettel, nach seinem ersten Q3-Einzug für Aston Martin, komplettieren die Top-10. Mick Schumacher startet vom vorletzten Startplatz.

2. - S wie Start

Gleich der Start verspricht in Porimao heute große Spannung, sogar noch mehr als generell. Grund dafür sind die Reifen. Der Medium ist auf dem 2021 noch immer sehr glatten Asphalt des Autodromo Internacional do Algarve nur schwer auf Temperatur zu bringen. Das führte schon im Vorjahr zu kuriosen Szenen auf der Startrunde. Kimi Räikkönens erste FIA-Action-of-the-Year-Runde dürfte jedem treuen MSM-Leser noch in guter Erinnerung sein. Dabei half dem Finnen bei noch leicht feuchter Strecke nicht nur seine Erfahrung aus mehr als 300 Starts, sondern auch ein im Gegensatz zu den meisten Konkurrenten weicher Reifen.

Auch wenn Regen vor oder sogar im Rennen dieses Jahr nicht prognostiziert wird, bleibt das schwarze Gold interessant. Unmittelbar an der Spitze könnte das vor allem für Red Bull zum Problem werden. Perez und Verstappen starteten zwar genauso wie die Mercedes auf Medium-Reifen, allerdings sitzt ihnen unmittelbar die rot bereifte Konkurrenz im Nacken. Und das sind auch noch ein hungriger Ferrari-Neuzugang und Verstappens ‚alter Freund’ Ocon. Reicht da eine Aufwärmrunde zur Abwehr? Im Qualifying war es nicht genug.

Kimi Räikkönen flog 2020 in der Startrunde von P17 auf P6, Foto: LAT Images
Kimi Räikkönen flog 2020 in der Startrunde von P17 auf P6, Foto: LAT Images

„Ich habe keine Angst davor“, entgegnet Perez - während sogar Mercedes eine Reihe weiter vorn noch zittert. "Das könnte die Anfangsphase knifflig machen", sagt Mercedes-Ingenieur Andrew Shovlin. Auch etwas weiter hinten bibbert noch jemand: Charles Leclerc qualifizierte sich ebenfalls mit dem Medium für das Q3. „Hoffentlich starten wir gut und verlieren nicht zu viel in den ersten Runden, weil das Anwärmen schwierig ist, aber danach sollte es der bessere Reifen sein“, hofft der Ferrari-Pilot.

3. - S wie Strategie

Sind die 301 Meter bis zum ersten Bremspunkt geschafft, ist es also noch nicht ganz vorbei. Die Medium-Starter werden noch eine oder zwei Runden länger leiden. Doch dann, so glauben sie selbst, werde ihre Stunde schnell schlagen. „Die Soft-Reifen gehen ihnen schnell ein“, vermutet Perez, ähnlich wie Leclerc. Pirelli macht den Medium-Startern allerdings weniger Hoffnung.

„Wer auf dem Medium startet verfügt über mehr taktische Flexibilität, aber wer auf dem Soft startet, hat auch keinen Nachteil“, sagt Mario Isola. „Das Qualifying hat gezeigt, dass alle drei Mischungen im Rennen ihre Rolle spielen können.“ Eine echte Strategie-Empfehlung hat Pirelli bis dato ohnehin nicht ausgesprochen. Auch das spricht dafür, dass jeder Reifen je nach Situation Trumpf sein kann - und das bislang so unberechenbare Portimao ohnehin keine seriösen Prognosen zulässt.

Einzig ein Einstopprennen sagt Pirelli voraus. Alles andere sei wegen des in Portimao überdurchschnittlichen Zeitverlusts bei der Boxendurchfahrt und ziemlich geringen Werten sowohl für Verschleiß als auch Abbau der Reifen kaum sinnvoll. Das öffnet auch das Boxenstoppfenster sperrangelweit. Nicht nur Undercuts sind möglich, sondern auch Overcuts. Das könnte es insbesondere wegen des strategischen Wagnissen immer besonders aufgeschlossenen Lewis Hamilton erst recht interessant machen.

4. - S wie Schmierseife

Der glatte Asphalt des Autodromo Internacional do Algarve führt nicht nur zu geringem Verschleiß, sondern auch zu schwierig zu beherrschenden Formel-1-Maschinen. Kein Fahrer konnte sich in Trainings und Qualifying von Problemen freisprechen. Überall rutschte es, diverse Dreher waren die Folge. Hinzu kommt der böige Wind über der küstennahen Strecke. Wer 66 Runden lang komplett fehlerfrei bleibt, dürfte schon allein deshalb über besonders gute Karten verfügen.

5. - S wie Sonntagswetter

Dem angesprochenen Wind kommt in Portimao die größte Rolle aller Witterungsfaktoren zu. Mal kommt er von vorn, mal von hinten - das verändert die Bremspunkte drastisch. Oder er kommt gleich von der Seite - und bringt das Auto vollständig aus dem Konzept. Max Verstappen konnte im Qualifying ein Lied davon singen. Die Mischung aus Wind und schlechten Gripverhältnissen trieb ihn in jenen Track-Track-Verstoß, der den Niederländer seine Pole-Zeit kostete.

Mit Entspannung ist am Rennsonntag nicht zu rechnen. Die Meteorologen prognostizieren für den Nachmittag - also während des Rennens - erneut Böen mit bis zu 23 km/h. Dafür präsentiert sich Portimao immerhin erneut von seiner sonnigen Seite mit bis zu 21 Grad Celsius.

6. - S wie Streckenbegrenzung

Die Track Limits sind das dominierende Regel-Thema des Formel-1-Saisonstarts 2021. In Bahrain kosteten sie Verstappen den Sieg, in Imola gab es auch wieder Verstöße, Debatten und Dramen (Norris im Qualifying), nun geht es in Portimao nahtlos damit weiter. In Portugal bekleckerte sich die Formel 1 schon 2020 nicht mit Ruhm. Mehr als 100 Runden wurden allein am Freitag gestrichen. 2021 waren es noch immer über 60, am Samstag ging es munter weiter.

Damit nicht genug. Monitorte die FIA am Freitag noch ‚nur’ die Kurven 1, 4 und 15 kamen am Samstag plötzlich auch noch die Kurven 5 und 14 hinzu - weitere Verstöße folgte. Ob das berühmte Beispiel Verstappen, Hamilton oder Räikkönen - auch im Qualifying war der Ärger am Boxenfunk wieder groß.

Der ganz große Ärger kann allerdings erst noch folgen. Immerhin drohen im Rennen im dreifachen Wiederholungsfall Strafen. Der Nährboden scheint in den Event Notes jedenfalls gelegt. Dass der rot-weiße Kerb als Limit gilt, ist immerhin definiert, genauso, dass ein gewonnener Vorteil zurückgegeben werden muss. Allerdings ist nicht klar definiert, was die FIA unter einem bleibenden Vorteil versteht. Bahrain-Erinnerungen werden wach ...

7. - S wie Sieger

Der alles entscheidende Faktor: Pace, Pace, Pace. Wer verfügt über das beste Paket, sind die Mediums einmal im Fenster. Red Bull oder Mercedes? Bis dato zeichnete sich in der noch jungen Saison der Trend ab, dass Mercedes tendenziell eher im Rennen auftrumpft, Red Bull im Qualifying vorne ist. Verkehrte Formel-1-Welt aller Vorjahre irgendwie.

Nun stehen erneut gleich zwei Mercedes vorne. Vorteil? Ja, aber. Verstappen fuhr im Qualifying immerhin eigentlich die effektiv schnellste Runde. Noch dazu wirkt Mercedes längst nicht sattelfest, was die Reifen anbelangt. Finden Hamilton und vor allem Bottas auch im Rennen das richtige Betriebsfenster? Hamilton wagt deshalb kaum eine große Ansage. „Wir werden erst im Rennen sehen, wie sich die Reifen verhalten, ob wir Graining oder andere Probleme bekommen“, sagt der Weltmeister.

Nur eines sei klar. Leicht wird es nicht. „Ich erwarte, dass es ein harter Kampf gegen Red Bull wird. Gar keine Frage“, sagt Hamilton. Gut für Mercedes: Um den im Training nicht geliebten Soft-Reifen kann man im Rennen herumkommen. Doch will man wirklich Hard fahren? Klar, dann kann voll gepusht werden. Doch lässt sich der mit C1 noch dazu härteste Reifen der gesamten Nomenklatur überhaupt auf Temperatur bringen?

Das alles lässt ausgerechnet Reifenproblemfahrer Nummer eins von Imola kalt. „Ich weiß, dass die Pace hier gut ist“, sagt Bottas mit frisch getanktem Selbstvertrauen. Davon geht allerdings auch Red Bull aus, insbesondere Sonntagsfahrer Perez. „Rennpace scheint besser zu sein, also können wir hoffentlich Druck auf die Mercedes ausüben und ums Podium kämpfen“, sagt der Mexikaner.

Die Longruns aus dem Training lieferten in Portimao unterdessen kein klares Bild. Bottas fuhr auf dem Medium zwar schneller, allerdings auch über einen deutlich kürzeren Stint hinweg als Red Bull. Noch dazu hat das Qualifying gezeigt, wie schnell die äußeren Bedingungen das Blatt wenden können. Entscheiden wird das Rennen somit mehr als ohnehin schon, wer zur richtigen Zeit den richtigen Gummi ins richtige Fenster bekommt.