Zum zweiten Mal in ihrer Geschichte trägt die Formel 1 einen Grand Prix in Portimao aus. Portugal stand zuvor bereits 17 Mal im Kalender, doch auf der relativ neuen Rennstrecke nahe der Algarve ist die Königsklasse erst zum zweiten Mal zu Gast.

Schon beim ersten Mal sorgte Portimao für die eine oder andere Überraschung. Vor allem die Neuasphaltierung, die in Verbindung mit den niedrigen Temperaturen nur wenig Grip bat und ein Rutsch-Festival folgen ließ. 2021 sollte eigentlich alles besser sein: Die Asphaltdecke ist gealtert, das Wetter deutlich besser.

Formel 1 rutscht in Portugal auch 2021 weiter

Am Trainingstag die große Enttäuschung für die Formel 1: Das Asphaltband bot zwar etwas mehr Haftung, die große Offenbarung war das aber noch immer nicht. Weil Pirelli erneut die härtesten Mischungen mit nach Portugal brachte, ist mechanischer Grip weiterhin Mangelware.

Das Bitumen aus dem frischen Asphalt ist inzwischen weitestgehend ausgetreten. Bitumen ist eine zwiespältige Angelegenheit: Zu viel sorgt für wenig Grip, zu wenig für wenig Adhäsion. Mikro- und Makro-Rauheit der Strecke haben sich über die Monate kaum verändert. Deshalb wurde das Grip-Niveau nicht deutlich besser. "Die Bedingungen waren sehr ähnlich zu letztem Jahr, der Asphalt ist sehr rutschig", klagt Max Verstappen.

Wind und Temperaturschwankungen bereiteten den 20 besten Wagenlenkern des Planeten zusätzliche Schwierigkeiten. Das führte sogar dazu, dass Valtteri Bottas' Bestzeit am Vormittag gleichzeitig die Tagesbestzeit war. Normalerweise wird die Strecke deutlich schneller, das 2. Freie Training war allerdings etwas langsamer.

Dem Portimao-Asphalt fehlt weiter Grip, Foto: LAT Images
Dem Portimao-Asphalt fehlt weiter Grip, Foto: LAT Images

"Die Strecke hat sich zwischen den beiden Trainings nicht besonders stark verbessert. Mit den steigenden Temperaturen wurde sie immer langsamer", bestätigt Lewis Hamilton. "Heute Vormittag schien es etwas besser zu sein, am Nachmittag war es dann wärmer und windiger, weshalb es schwieriger war, bei den Rundenzeiten nachzulegen und an der Balance zu arbeiten."

Formel 1 steht in Portugal vor Reifen-Herausforderung

Dazu sorgten die Reifen für viele Fragezeichen. "Je weicher die Mischungen waren, desto schwieriger wurde es für mich mit dem Auto. Die Medium-Reifen schienen am besten zu funktionieren", berichtet Bottas.

"Es ist schwer, die Reifen auf Temperatur zu bekommen. Es dreht sich alles darum, die Reifen vorzubereiten und auf Temperatur zu bekommen. Das ist schade", ärgert sich Verstappen. Schon im letzten Jahr fuhren einige Piloten zwei Vorbereitungsrunden im Qualifying. Auch 2021 könnte man hier unterschiedliche Herangehensweisen sehen.

Weil die Bedingungen so komplex waren, ergab sich auf eine Runde noch kein klares Bild. Mercedes holte sich beide Bestzeiten, doch Max Verstappen war beide Male Zweiter. Am Vormittag fehlten ihm nur wenige Tausendstel auf Bottas' Bestzeit, am Nachmittag war er eine gute Zehntel langsamer als Lewis Hamilton. Der kündigt aber schon an: "Ich weiß nicht, was Max für eine Zeit im zweiten Training gefahren ist, aber meine Runde war nicht perfekt. Wir können definitiv noch etwas Zeit aus dem Auto herausholen und uns weiter verbessern."

Red Bull hat für Portugal technisch nachgerüstet, Foto: LAT Images
Red Bull hat für Portugal technisch nachgerüstet, Foto: LAT Images

Red Bull brachte neue Bargeboards und einen neuen Unterboden mit nach Portimao. Ein Quantensprung scheinen die neuen Teile nicht zu sein. Am Mercedes waren äußerlich keine Änderungen zu erkennen. Valtteri Bottas bekam nach seinem Unfall in Imola ein neues, altes Chassis. Der Finne fährt nun mit Nummer vier aus der Vorsaison.

Portugal-Probleme: Red Bull mit Vibrationen, Mercedes mit Schäden

Für Red Bull und Mercedes lief der Trainingstag aber nicht perfekt. Verstappen klagte im 1. Training über extreme Vibrationen auf den Soft-Reifen. Pirellis erste Diagnose: Der Satz war nicht richtig ausgewuchtet. Verstappen fuhr seine Bestzeit erst dennoch auf diesem Satz, gab ein paar Runden darauf trotzdem auf. Im 2. Freien Training musste er wegen eines Problems mit dem Brake-by-Wire kurz an die Box fahren.

Mercedes entdeckte nach den Trainings Schäden an beiden Autos, deren Ursprung dem Team noch unklar sind. "Die haben Performance gekostet", erklärt Mercedes Ingenieur Andrew Shovlin und fügt an: "Das dürfte auch die Probleme auf dem Long Run von Lewis erklären, aber selbst mit diesem Wissen können wir noch etwas mehr Pace gebrauchen."

Bei den Longruns gibt es 2021 unterschiedliche Herangehensweisen. In der verkürzten Trainingssitzung konzentrieren sich einige Teams nur auf die Evaluierung einer einzigen Reifenmischung. Das macht das Bild etwas diffuser, weil die Runs unterschiedlich lang sind und zu unterschiedlichen Zeiten gefahren werden.

Mercedes fuhr zum Beispiel zunächst auf den Soft-Reifen, um dann auch noch die Medium-Pneus im kurzen Renntrimm zu testen. Red Bull fokussierte sich komplett auf die Mediums. Allzu viel sollte man deshalb nicht in die Zeiten interpretieren. Dass Mercedes auf den Soft-Reifen klar vorne ist, verwundert so nicht.

Soft-Longruns in Portugal:

FahrerReifen-AlterStint-LängeZeitStint
Bottas1451:23,477Anfang
Hamilton1681:23,685Anfang
Stroll1431:24,186Ende
Sainz1651:24,237Anfang
Räikkönen1341:24,341Gesamt
Leclerc1991:24,413Anfang
Norris1571:24,530Gesamt
Ricciardo1121:24,536Anfang
Gasly22101:24,693Gesamt
Ocon24131:24,706Gesamt
Russell21111:24,925Gesamt
Schumacher1671:25,503Gesamt

Auf den Mediums liegt Charles Leclerc ganz vorne. Allerdings fuhr er nur wenige Runden am Ende mit relativ leerem Tank. Ferrari zeigte sich zwar auch auf eine Runde stark, gegen Mercedes und Red Bull dürfte das aber nicht reichen.

Medium-Longruns in Portugal:

FahrerReifen-AlterStint-LängeZeitStint
Leclerc1421:23,192Ende
Bottas1451:23,242Ende
Perez2071:23,455Gesamt
Verstappen2191:23,481Gesamt
Sainz1761:23,547Ende
Ricciardo2051:23,679Ende
Hamilton1771:23,976Ende
Alonso24121:24,347Gesamt
Tsunoda2181:24,416Gesamt
Vettel22141:24,657Gesamt
Stroll1771:24,878Anfang
Giovinazzi25131:24,990Gesamt
Latifi24121:25,521Gesamt
Mazepin1061:26,738Gesamt

Red Bulls Longruns auf dem Medium-Reifen waren gewohnt stark. Auch Sergio Perez zeigte, dass zumindest in dieser Disziplin mit ihm zu rechnen ist. Obwohl die Bullen deutlich längere Stints fuhren, waren sie nicht viel langsamer als Bottas. Die Hamilton-Zeit wurde wohl stark von den Beschädigungen am Silberpfeil beeinflusst.

Hinter Mercedes und Red Bull machte Ferrari den stärksten Eindruck. Carlos Sainz und Charles Leclerc zeigten sich mit dem SF21 zufrieden. Der Spanier konnte den Monegassen im 2. Training sogar schlagen. "Ich fahre hier den Ferrari zum ersten Mal auf einer Strecke mit wenig Grip, das liegt mir", meint Sainz.

AlphaTauri zeigte sich weniger stark als zuletzt, McLaren - speziell Lando Norris - hatte noch mit kleineren Problemen zu kämpfen. In Imola trumpften die Briten aber auch erst am Samstag so richtig auf. Stark verbessert zeigte sich Alpine. Allerdings ist das Mittelfeld wieder so nah zusammen, dass sich hier am Freitag noch kaum Prognosen treffen lassen. Dass Haas das Schlusslicht bilden wird, dürfte allerdings wieder klar sein. Erfreulich ist der Aufwärtstrend bei Williams: George Russell scheint auch in Portimao ins Mittelfeld vorstoßen zu können.