Der Auftakt zur Formel-1-Saison 2021 hat vielen Fans Freude bereitet - am Ende durch Lewis Hamiltons Sieg auch den Verantwortlichen bei Mercedes. Doch eine Sache ist nach dem Bahrain GP am vergangenen Sonntag klar. Der F1-Rennstall des Autobauers aus Stuttgart hat im Zuge der Regeländerungen seine Dominanz aus den Vorjahren eingebüßt. Red Bull Racing war in Form von Max Verstappen ein echter Konkurrent für Sieger Lewis Hamilton, der die Pole Position eroberte, den Weltmeister im Rennen unter Druck setzte und zu einer gewagten Strategie zwang. Hamilton musste bereits zu Rennhalbzeit seinen zweiten und letzten Boxenstopp absolvieren.

Wegen der Änderungen im Technischen Reglement mussten die Teams den Unterboden vor den Hinterrädern beschneiden. Von den Auswirkungen sind Mercedes und Aston Martin offenbar am stärksten betroffen. Die Autos der beiden Rennställe haben einen geringen Anstellwinkel. "Ich bin mir nicht sicher, ob die Lösung oder die Antwort so einfach ist. Aber es gibt definitiv ein Muster", sagte Mercedes-Teamchef Toto Wolff. "Die Autos mit einem niedrigen Anstellwinkel scheinen mehr verloren zu haben als die mit einem hohen Anstellwinkel. Das ist die Situation. Wenn wir sagen würden, dass wir nur durch die Regeln bestraft wurden, wären wir keine Racer und keine Kämpfer. Wir müssen das Auto in den optimalen Bereich bringen, damit wir mit unseren Gegnern kämpfen können."

Red Bull hat bei Chassis und Motor aufgeholt

Zum Testauftakt zwei Wochen vor dem ersten Saisonrennen präsentierte Mercedes zwar vor der Hinterachse einen aerodynamisch ausgefeilten Unterboden mit mehreren Luftleitelementen. Doch über die Schwierigkeiten half er nicht hinweg. Insbesondere Hamilton beschwerte sich über ein instabiles Heck, das er auf die Auswirkungen des Regelumbruchs zurückführte.

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Nicht nur bei der Aerodynamik haben sich die beiden Top-Teams angeglichen. Red Bull hat dank neuer Power Unit von Honda auch beim Antrieb einen großen Sprung gemacht. Davon profitiert auch AlphaTauri. Pierre Gasly und sein Teamkollege, Rookie Yuki Tsunoda, waren in den Freien Trainings ebenfalls zeitweise auf den vorderen Plätzen zu finden.

Wer schwenkt mit Entwicklung früher auf 2022 um?

Die Situation an der Spitze der Formel 1 ist nach dem ersten Rennen anders als in den Vorjahren. Es gibt offenbar zwei Teams auf einem ähnlichen Niveau, die um den Sieg kämpfen. Streckenspezifische Unterschiede der Pakete können über Sieg und Niederlage entscheiden.

Mercedes kann in der Saison 2021 nicht mehr in seiner Komfortzone agieren und den Vorsprung im Jahresverlauf verwalten. Was das bedeutet? Auch die Ingenieure in Brackley sind zur Weiterentwicklung gezwungen. Damit sind sie in derselben Situation wie ihre Kollegen bei Red Bull. In der Vergangenheit konnte Mercedes schon früh die Weichen Richtung Zukunft stellen und sich voll auf die Entwicklung des nächsten Autos konzentrieren.

Besonders einschneidend ist in dieser Konstellation, dass ab dieser Saison erstmals die Budgetobergrenze greift. Bei diesen Voraussetzungen ist es noch entscheidender, den richtigen Zeitpunkt zu finden, an dem man mit der Entwicklung umschwenkt. Verzetteln sich die beiden Top-Teams zu lange im diesjährigen WM-Kampf könnten 2022 weitere Teams aufschließen, die sich 2021 bereits frühzeitig auf die künftige Entwicklung fokussiert haben.

Hinzu kommt, dass schon in diesem Jahr erfolgreiche Teams bei der Windkanalnutzung eingeschränkt sind. Wer in der Konstrukteurswertung besser abschneidet, darf weniger Zeit im Windkanal für die Fahrzeugentwicklung verbringen. Dabei sind die Entwicklungskapazitäten sehr wertvoll, da 2022 ein vollkommen neues Technisches Reglement eingeführt wird.

Wolff sucht nach der optimalen Balance

"Es ist sehr schwierig, die richtige Balance zu finden", offenbart Wolff. "Wir können 2021 nicht opfern in der Hoffnung, im nächsten Jahr ein konkurrenzfähigeres Auto und eine stärkere Power Unit zu haben. So funktioniert es nicht. Ich denke, wir sollten noch ein paar Anstrengungen in das diesjährige Auto stecken, weil wir hinten liegen. Wir wollen dieses Jahr nicht verlieren und wir wollen nächstes Jahr nicht verlieren. Zu spät in die Entwicklung für die nächste Saison einzusteigen, könnte bedeuten, dass du möglicherweise hinter die Führenden zurückfällst und das nicht nur für ein Jahr. Die Antwort ist also nicht so einfach."