Selten in der langen Formel-1-Geschichte des Rennstalls freute sich Ferrari so über einen sechsten Platz, wie am vergangenen Sonntag in Bahrain. Nach der Krise im Vorjahr war der Saisonauftakt 2021 Balsam auf die Seelen der gebeutelten Italiener. Charles Leclerc und Carlos Sainz sorgten für ein solides Teamergebnis. Teamchef Mattia Binotto ist erleichtert. Lob für neue Fahrer und Seitenhieb für Ex-Mitarbeiter Sebastian Vettel.

"Ich bin mit den Fahrern sehr zufrieden. Ich freue mich, endlich auf beide zählen zu können", sagt Binotto gegenüber Sky Italia nach dem erfolgreichen Start in die neue Saison. Leclerc und Sainz sahen in Bahrain auf den Positionen fünf und acht die Zielflagge. In der Gesamtwertung liegt die Scuderia für den Moment auf Rang vier und damit zwei Plätze besser als 2020.

Im Vorjahr hatte das Team 131 WM-Punkte gesammelt, von denen 98 auf das Konto Leclercs gingen. Seine diesjährige Fahrerpaarung von Beginn an auf einem Level zu sehen, ist für Binotto ein wichtiges Zeichen. "Carlos hat mit seiner Pace einen guten Job gemacht. Aber die Motivation ist auch wichtig, der Wunsch als Team zu wachsen, und nicht nur als Fahrer", erklärt er.

Sainz überzeugt Binotto mit Teamwork

Sein erstes Rennen für Ferrari beendete Sainz nur acht Sekunden hinter Leclerc. "Wir haben Carlos ausgewählt, weil wir wussten, dass er im Rennen stark ist - und das hat er bewiesen", freut sich Binotto. "Er gewinnt mehr Vertrauen in das Auto, fügt sich gut ins Team ein und arbeitet hervorragend mit Charles zusammen."

In der Vergangenheit zogen seine beiden Piloten offenbar nicht immer an einem Strang. "Der Gegner ist im Moment nicht Carlos für Charles, oder Charles für Carlos, sondern die Autos vor uns", so der Italiener, der das Teamwork in der gegenwärtigen Situation bei Ferrari in den Vordergrund stellt.

"Am Tag, an dem wir vor allen anderen Teams sind, erlauben wir unseren Fahrern, gegeneinander zu kämpfen", stellt er klar, dass teaminterne Fehden im Verfolgerfeld nicht erwünscht sind. Der Weg zurück an die Spitze dürfte trotz des Aufwärtstrends in Bahrain noch weit sein, denn auf Rennsieger Lewis Hamilton fehlte Leclerc eine Minute.

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Ferrari sieht bei Motor weiter Nachholbedarf

"Wenn ich mir anschaue, wo wir letztes Jahr hier unterwegs waren, haben wir gute Fortschritte gemacht", freut sich Leclerc dennoch. Beim Bahrain GP 2020 im vergangenen November wurde er mit einer Runde Rückstand Zehnter. "Ich bin auf jeden Fall erleichtert", so Binotto angesichts der positiven Formkurve.

Sainz konnte die Fortschritte aus erster Hand bestätigen, nachdem er im Vorjahr noch McLaren fuhr und Ferrari auf der Rennstrecke nur selten begegnete. "Ich habe Charles mit diesem Auto [McLaren] sehr leicht überholt. Ich erinnere mich, wie groß der Unterschied zwischen McLaren und Ferrari war", so er 26-Jährige.

2020 wurde die Scuderia durch das Verbot ihrer Power Unit eingebremst, als die FIA ihrer Konstruktion aus 2019 einen Riegel vorschob. Auf den Geraden waren die roten Boliden damit chancenlos. "Uns fehlt beim Motor immer noch etwas", sagt Binotto auf Nachfrage von Motorsport-Magazn.com. "Wir haben den Rückstand verringert, aber wir werden wohl erst nächstes Jahr auf Level kommen."

Ferrari froh über Fortschritte, Fokus auf 2022

"Natürlich wollen wir um Siege kämpfen, aber realistisch betrachtet wird das nicht allzu bald der Fall sein", dämpft Leclerc die Erwartungshaltung. "Wir haben gute Arbeit geleistet, an McLaren heranzukommen und im Rennen gegen sie zu kämpfen." Die Weichen stehen nicht nur in der Motorenabteilung bereits voll auf 2022, weshalb sich die Ambitionen mit dem SF-21 sich einzig auf den Kampf im Verfolgerfeld beschränken.

"Wir wissen schon, dass wir nicht allzu viel an der Entwicklung dieses Autos arbeiten werden, weil wir mit dem Design und der Entwicklung in Maranello auf 2022 fokussiert sind", so Binotto. "Ich bin mir sicher, dass es bei den anderen Autos und Teams dasselbe ist." Für den Rest der laufenden Saison ist trotzdem noch etwa Luft nach oben.

"Das Rennen brachte uns erstes Feedback der Fahrer, die das Auto kennenlernen. Sie finden die Grenzen des Autos heraus und diese werden wir letztendlich angehen, und es nach Möglichkeit verbessern. Ich denke, die nächsten drei oder vier Rennen werden ein Indikator der wahren Performance und des Potentials unseres Autos sein, verglichen mit den anderen. Diese warten wir noch ab, bevor wir eine Einordnung machen", sagt Binotto.