Zum Start der Formel-1-Saison 2021 hat Lewis Hamilton nicht nur den 96. Grand-Prix-Sieg seiner Karriere errungen, sondern weiteren neuen Rekord aufgestellt: Er löste am Sonntag in Bahrain Michael Schumacher als den Piloten mit den meisten Führungsrunden in der Königsklasse des Motorsports ab. Hamilton hat nun 5126 auf seinem Konto stehen.

Der Weg zum Sieg war für den Briten allerdings nicht leicht. Schon in der 28. Runde absolvierte er seinen zweiten und letzten Boxenstopp. Damit musste er die gesamte zweite Rennhälfte auf einem Satz der harten Pirelli-Reifen bestreiten. Frühe Boxenstopps und damit verbundene Undercuts waren für Mercedes die einzige strategische Option, um sich gegen den starken Max Verstappen behaupten zu können.

Formel 1: Wurde Verstappen der Sieg vom Rennleiter gestohlen?: (14:04 Min.)

Hamilton übernahm nach der Runde der ersten Stopps die Führung vor Pole-Setter Verstappen. "Ich wusste, wann meine Stopps sein würden", sagte der Rennsieger. "Wenn man bedenkt, wie sehr wir auf die Reifen achten mussten, waren unsere Stints kurz. Der zweite war noch kürzer."

Mercedes wurde in der rennentscheidenden Phase von Max Verstappen zu dem frühen zweiten Boxenstopp gezwungen. Er war bis auf 2.5 Sekunden auf Hamilton aufgeschlossen, was ihm seinerseits die Möglichkeit eröffnete, durch einen vorgezogenen Reifenwechsel die Führung zurückzuerobern. "Es war riskant, aber er war im Undercut-Fenster", sagte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff zu Motorsport-Magazin.com. "Er war innerhalb von zwei Sekunden und ich denke, dass sie [Red Bull] es wahrscheinlich auch gemacht hätten mit dem Hard. Die hätten es dann genau umgekehrt gespielt und wir hätten versucht, so lange wie möglich zu gehen. Aber bei unseren beiden Fahrern hat der harte Reifen dann plötzlich so stark abgebaut, deswegen ist Max so nah herangekommen. Das Fenster war innerhalb von drei Sekunden."

Verstappen kam näher als befürchtet

In der Zeit bis zu Verstappens zweiten Stopp verkürzte Hamilton den Rückstand auf den Führenden mit dem Wissen, dass er dieses Polster zu einem späteren Zeitpunkt brauchen würde. "Ich dachte 'Jesus, wir haben in den letzten zehn bis 15 Runden keine Chance, mit diesem Reifenabbau'. Es war nicht mein erstes Rodeo. Ich wollte die Reifen nicht zu sehr herannehmen. Ich wollte den Abstand nicht kleiner als zehn Sekunden werden lassen. Aber er kam bereits acht Sekunden hinter mir aus der Box", sagte der siebenfache Formel-1-Weltmeister.

Hamilton ahnte schon, was in der Schlussphase auf ihn zukommen würde. Schließlich war der Niederländer nicht nur näher an ihm dran, als er dachte, sondern auch auf harten Pirelli-Reifen unterwegs, die elf Runden weniger auf dem Buckel hatten als die Hamiltons. "Er hat schnell aufgeholt, aber dann ist der Abstand plötzlich konstant geblieben. Ich dachte, ich könnte etwas anziehen, aber dann haben die Reifen wieder abgebaut. Als das Team mir mitteilte, dass er uns zehn Runden vor Schluss einholen würde, dachte ich, dass wir ausgeliefert sind. Aber ich versuchte, positiv zu bleiben und alles so perfekt wie möglich zu machen", erklärte der Mercedes-Fahrer.

Hamilton hoffte auf schnellere Rennpace

Verstappen holte weiter auf. Als er zu Beginn der 53. Runde mit DRS-Hilfe am Ende der Start-/Ziel-Geraden einen Angriff startete, verteidigte Hamilton seine Position zunächst. Kurz darauf übernahm Verstappen zwar nach einem weiteren Angriff die Führung, ließ Hamilton aber wieder den Vortritt, weil er die Tracklimits in Kurve 4 verletzt hatte. Nach diesem Rückschlag konnte Verstappen nicht erneut aufholen.

Ist der Mercedes nach den Erkenntnissen beim Bahrain GP endgültig nicht mehr das beste Auto im Feld? "Red Bull ist extrem stark, wie man sehen konnte. Wir können sie im Qualifying aktuell nicht schlagen", bilanzierte Hamilton. "Ich dachte, dass wir im Rennen näher dran sein würden, aber es war etwas zu eng für mich. Ich weiß nicht, ob sie woanders viel besser sein werden oder schlechter. Vielleicht ist unser Auto woanders besser oder schlechter. Aber wir werden so hart wie möglich daran arbeiten, das Auto zu verbessern."

Auch Mercedes-Teamchef Wolff macht eine Qualifying-Schwäche des neuen W12 aus. "Wir wussten gestern nach dem Qualifying, dass unser Auto eigentlich am wenigsten glücklich ist auf eine schnelle Runde, vor allem auf dem Soft. Wir waren ja auf dem Medium relativ konkurrenzfähig gestern. Im Rennen wussten wir, dass die Balance wesentlich neutraler ist. Das hat sich heute auch bestätigt", sagte er zu Motorsport-Magazin.com.

Für Rennsieger Hamilton steht unterdessen fest, dass das Mercedes-Team an seiner eigenen Stärke arbeiten muss. "Heute hatten wir Glück im Unglück. Wir hatten heute das Glück, dass Max in Turn 4 weit herausgekommen ist. Das wird nicht nochmal passieren. Da bin ich mir sicher. Wir müssen smarter sein. Wir haben aktuell nicht das schnellste Auto. Aber das ist gut für mich. Ich habe kein Problem, das letzte Bisschen herauszuholen, um den Unterschied auszumachen."

Bottas sichert Platz drei und schnellste Rennrunde

Wie groß der Unterschied zwischen zwei Fahrern im gleichen Auto sein kann, zeigte das Abschneiden seines Teamkollegen Valtteri Bottas. Der Finne lag bis wenige Runden vor dem Rennende mit gut 15 Sekunden hinter dem Führenden und hatte keine Chance, in den Kampf um den Sieg einzugreifen. Allerdings wurde durch einen Fehler der Mercedes-Mechaniker beim zweiten Boxenstopp zurückgeworfen. Der Reifenwechsel dauerte 10.9 Sekunden. In der 54. Runde wechselte er auf gebrauchte Mediums, um auf die Jagd nach der schnellsten Rennrunde zu gehen, was er geschafft hat. Er komplettierte als Dritter das Podest.