Die Formel-1-Saison 2020 war für Ferrari ein einziger Spießrutenlauf. Das Verbot des dominanten Motors und die Ausbootung von Sebastian Vettel stießen das Top-Team in eine tiefe Krise. Charles Leclerc ist optimistisch, dass die Scuderia die schwerste Phase überstanden hat. Die Moral in den eigenen Reihen hat sich mittlerweile von dem Rückschlag erholt. Der Monegasse blickt besseren Zeit entgegen. Mit Carlos Sainz soll außerdem mehr Frieden herrschen, als mit Vettel.

"Ich verstehe mich wirklich gut mit Carlos und wir können es kaum erwarten, auf der Rennstrecke gegeneinander zu kämpfen, natürlich ohne allzu viel Bullshit zu veranstalten", so Leclerc in einem Interview mit Code Sport Monaco. In der Hitze des Gefechts geriet der 23-Jährige in den vergangenen beiden Jahren mehrfach mit seinem ehemaligen Teamkollegen Sebastian Vettel aneinander. Obwohl sich das Duo außerhalb des Cockpits blendend verstand, sorgten die Auseinandersetzungen auf der Rennstrecke für Spannungen innerhalb des Teams.

Obwohl es mit Vettel auf persönlicher Ebene keine Probleme gab, hat er bei Sainz von Beginn an ein besseres Gefühl. "Es läuft, sehr sehr gut mit Carlos. Ich glaube, ich hab mit keinem anderen Teamkollegen so viel Zeit verbracht. Wir haben in etwa das gleiche Alter und teilen Interessen. Das verspricht viel Spaß", sagt Leclerc. Letzteres fehlte in Maranello 2020 gänzlich, und das weniger wegen vereinzelter Querelen zwischen den beiden Fahrern.

Absturz überraschte Ferrari: Viel schlimmer als erwartet

Ferraris extrem konkurrenzfähiger Power Unit aus dem Jahr 2019 wurde ein Riegel vorgeschoben, nachdem die FIA Unregelmäßigkeiten in der Konstruktion festgestellt hatte. Die Saison 2020 war für das ambitionierte Traditionsteam schon mit den Testfahrten zum Scheitern verurteilt.

"Als uns die Realität der Lage bewusst geworden ist, war die Atmosphäre zunächst sehr seltsam. Es war noch viel schlimmer, als wir erwartet hatten. Es gab eine Zeit, in der es nicht sehr schön war", erinnert sich Leclerc. Doch die Phase der Akzeptanz wurde schnell abgeschlossen, um so die Weichen für eine erfolgreichere Zukunft zu stellen.

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Leclerc auch in schweren Zeiten ohne Motivationsprobleme

"Die Mentalität hat sich schnell gewandelt und es herrscht eine starke Motivation, wieder dorthin zurückzukehren, wo wir sein wollen", sagt er. Seine Motivation litt 2020 allerdings nicht im selben Maße wie die des Managements: "Mein Ziel ist immer dasselbe. Ich gebe im Auto 200 Prozent, um so gut wie möglich abzuschneiden. Das war im letzten Jahr so und das ist auch jetzt so."

Sich gehen zu lassen, weil das Auto wenig Aussicht auf Erfolg bot, kommt für ihn nicht in Frage. "Es war für mich wichtig, zu beweisen, dass ich auch in einer schwierigen Saison auf der Rennstrecke mein Bestes gebe", erklärt er. Dass er mit seinem Einsatz manchmal über die Stränge schlug, akzeptiert er: "Ich habe ein paar Fehler gemacht, und das werden sicherlich auch nicht meine letzten gewesen sein. Aber ich habe viel gelernt."

2021 wird sich die Situation für ihn allerdings ändern. Ähnlich wie 2019, als Max Verstappen nach Daniel Ricciardos Abgang bei Red Bull zum Teamleader aufstieg, hat Leclerc nun bei Ferrari diese Rolle auszufüllen. Vettel war als viermaliger Weltmeister mit weitaus mehr Erfahrung über viele Jahre eine Institution innerhalb des Teams.

Leclerc als Teamleader ambitioniert und realistisch

"Meine Mentalität ändert sich dadurch nicht", beteuert Leclerc, der die Ingenieure und Mechaniker lieber mit seinen Leistungen im Cockpit antreiben will: "Ich bin hochmotiviert. Ferrari kann nicht in dieser Position bleiben. Das Team muss um Siege kämpfen, oder zumindest um Podien. Das gibt mir sehr viel Motivation, um alle in Maranello zu pushen, damit wir alle in dieselbe Richtung arbeiten und schnell dorthin kommen, wo wir sein wollen."

Die Wintertestfahrten waren ein erster Schritt, doch an kurzfristige Siege glaubt der zweifache Grand-Prix-Sieger nicht. "Wir haben etwas aufgeholt, aber wir sollten keine Wunder erwarten - leider. Die Zeichen sind positiv, wir haben einen guten Job gemacht. Aber es wird nicht reichen, um auf unser Level von 2019 zurückzukommen."