In der Formel 1 ist nach drei kurzen Testtagen Tiefstapeln angesagt. Titelverteidiger Mercedes wähnt sich mit Handling-Sorgen für 2021 vorerst im Hintertreffen und schiebt die Favoritenrolle auf den Erzrivalen Red Bull. Der konnte zwar mit einem perfekten Test und mit einer Bestzeit für Max Verstappen glänzen - traut der Mercedes-Schwäche aber nicht.

Selbst wenn Motorsport-Berater Dr. Helmut Marko gegenüber Motorsport-Magazin.com sagt: "So einen guten Testbeginn hatten wir, seit Red Bull Racing besteht, glaube ich noch nie" - keine Euphorie will aufkommen. Red Bull hat gute Gründe, dem schwächelnden Mercedes zu misstrauen.

Mercedes versteckt sich - und verunsichert Red Bull

Red Bull will nicht abstreiten, dass man 2021 näher dran sein dürfte. Aber keine der Mercedes-Probleme überzeugen von der Favoritenrolle. Obwohl es viele Probleme waren: Ein unerwartetes Getriebeproblem ergänzte eine durchgehende Handling-Schwäche, mit der sich die Piloten Lewis Hamilton und Valtteri Bottas drei Tage lang abmühten.

Sie suchen noch die Ursachen, Hamilton klagte über die neuen Aerodynamik-Beschneidungen am Heck. "An den Reifen wird es sicher nicht liegen - der Rest hoffe ich, dass es gravierend ist", so Marko. Aber eher mit Augenzwinkern. "Trotzdem, Mercedes bleibt Favorit, und wir sehen uns als ernster und erster Herausforderer."

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"Das ist ein starkes, optimales Team, und es sind 14 Tage bis zum ersten Rennen. Man kann davon ausgehen, dass diese Probleme weitgehend behoben sein werden.", sagt Marko. "Wir werden jetzt nicht euphorisch wegen diesem Testergebnis." Er kann sich gut vorstellen, dass Mercedes noch etwas in der Hinterhand hat.

Red Bull selbst endlich problemfrei: WM-Auto dank starkem Start

Von Red Bull kommt bis zum ersten Rennen laut Marko "nichts Gravierendes" mehr. Dafür waren das Team und das Fahrer-Duo Max Verstappen und Sergio Perez vom ersten Tag an mit dem RB16B zufrieden. Das konnte die Truppe aus Milton Keynes in den Vorjahren nie behaupten, immer wieder begann man schwach. 2020 musste man zuletzt mit Handling-Problemen kämpfen, die denen von Mercedes im Jahr 2021 nicht unähnlich waren.

Mercedes strauchelt: Ist Red Bull jetzt Favorit in der Formel 1 (18:23 Min.)

"Wir kennen das aus der Vergangenheit", so auch Marko. "Du hechelst dann hinterher, und es hat gebraucht, bis zur Mitte der Saison, bis zum letzten Drittel, bis wir uns gefangen haben, sowohl von der Struktur als auch von der Leistung her. Es ist natürlich wesentlich angenehmer, wenn es bei uns wie am Schnürchen läuft und das Produkt auch konkurrenzfähig ist."

Red Bull legte daher diesmal besonderen Fokus auf diese Schwäche. Der RB16 des Vorjahres wurde bis zum Finale weiterentwickelt - schließlich sind große Teile des Reglements für 2021 eingefroren, und man war der Meinung, dass man die Erfahrungen auf den RB16B übertragen könne. Zurecht, wie es scheint: "Jetzt sind wir erstmals mit einem ausgereiften Auto zu den Tests gekommen. Und wie es ausschaut mit einem konkurrenzfähigen Auto, und das muss man haben, wenn man um die WM kämpfen will."

Wie gut ist Hondas letzter Formel-1-Motor?

Für diesen WM-Kampf wird Red Bull auch Hilfe vom Motorenpartner Honda brauchen. Der bringt in seiner letzten Formel-1-Saison noch einmal eine neue Power Unit. "Und man spürt es auch, mehr PS und bessere Fahrbarkeit, auch da ist es einen Schritt nach vorne gegangen", so Marko.

Jedoch hat Mercedes ebenfalls einen neuen Motor. "Da sind wir wieder beim Bluff", erinnert Marko schließlich. "Wir gehen davon aus, dass Mercedes nicht in der scharfen Stufe gefahren ist. Insofern sind die Vergleiche nicht aussagekräftig. Aber wir nehmen doch an, dass Mercedes wieder was gefunden hat."

Anders als im Vorjahr glaubt Marko jedoch nicht an einen großen Leistungs-Sprung. Damit fühlt sich Red Bull unter dem Strich in einer guten Position. Nicht als Favorit - aber nahe dran, und damit erster Herausforderer mit realistischer WM-Chance.