Fernando Alonso ist zurück in der Formel 1. Am ersten Tag der Testfahrten in Bahrain überließ er Alpine-Teamkollege Esteban Ocon die Arbeit im Cockpit und widmete sich stattdessen den nicht so angenehmen Seiten des Profi-Daseins. Am Freitag stand er erstmals seit seinem Fahrradunfall im Februar den Medien Rede und Antwort. Fazit: der schnellste Alonso aller Zeiten ist bereit, alte Rechnungen zu begleichen.

"Ich habe nur ein paar Medien- und Filmtage verpasst, worüber ich eigentlich ganz froh war", nimmt der 39-Jährige die Zwangspause vier Wochen später mit Humor. Am 12. Februar war er beim Training mit dem Rennrad in der Schweiz von einem Auto erfasst worden und hatte sich Verletzungen am Oberkiefer zugezogen. In Folger der Operation musste er knapp anderthalb Wochen die Füße hochlegen, bevor er sein Trainingsprogramm wieder aufnehmen konnte.

"Es müssen nach der Saison noch zwei Titanplatten im Oberkiefer entfernt werden", erklärt Alonso, dass die letzte OP in Folge des Unfalls warten muss. Für sein Comeback-Jahr rechnet er auf der Rennstrecke allerdings mit keinerlei Einschränkungen: "Das Training verlief die letzten drei Wochen ganz normal. Ich war Montag und Dienstag im Simulator. Was den Job und das Fahren angeht, bin ich bei 100 Prozent."

Am Samstag wird er erstmals im A521 Platz nehmen und in die Wintertestfahrten auf dem Bahrain International Circuit eingreifen. Für Alonso beginnt damit das nächste Kapitel seiner F1-Karriere, welches er vergangenen Sommer mit der Vertragsunterzeichnung bei seinem Ex-Team mit hohen Ambitionen ankündigte.

Alonso motiviert wie eh und je: Fahre besser als je zuvor

"Der Hauptgrund weshalb ich hier bin oder zurückgekommen bin, ist, dass ich das Gefühl hatte, in den letzten Jahren und Monaten auf meinem Zenit gewesen zu sein", ist er 20 Jahre nach seinem Debüt mit Minardi immer noch voller Tatendrang, sich in der Königsklasse zu beweisen - nur mit dem Unterschied, dass er sich die Rookie-Lernkurve diesmal sparen kann.

"Ich habe den Eindruck, dass ich besser als je zuvor fahre und ich musste nach Le Mans, dem Indy 500 und Dakar eine Entscheidung treffen, was meine nächste Herausforderung wird. Also dachte ich mir, wenn ich jetzt auf meinem Zenit bin, ist die Formel 1 vielleicht der richtige Platz", erklärt er.

Das langfristige Ziel ist einzig der dritte WM-Titel: "Ich habe noch ein paar offene Rechnungen. Ich denke, hier noch etwas zu erledigen zu haben, und zwar Rennen und Weltmeisterschaften zu gewinnen." 2021 steht ihm bei Alpine allerdings ein Übergangsjahr mit einer ganz anderen Herausforderung bevor.

Alonso mahnt vor Mittelfeld-Kampf: Alpine muss Perfektion anstreben

"Das Mittelfeld ist jetzt sehr stark. Dessen müssen wir uns bewusst sein und wir müssen immer das Maximum herausholen und jedes Wochenende Perfektion abliefern, wenn wir gute Punkte holen wollen", mahnt er vor der bevorstehenden Aufgabe.

Nach zwei Jahren Auszeit von der Königsklasse erwartet er von sich, von Beginn an voll da zu sein: "Ein paar Dinge muss ich vielleicht lernen oder mich daran gewöhnen, aber was das Fahren, die Herangehensweise an das Wochenende oder die Arbeit mit dem Team angeht, sollte alles reibungslos laufen. Ich war nicht zwei Jahre zuhause, sondern bin im Grunde jedes Wochenende Rennen gefahren."

Der erfolgreiche Kampf im Verfolgerfeld soll den Weg für die Rückkehr an die Spitze ebnen, den er mit Alpine im Zuge des neuen Reglements 2022 anvisiert. "Natürlich braucht es etwas mehr als reine Motivation und den Glauben daran", sagt er. "Du brauchst das richtige Paket, Glück und das Momentum auf deiner Seite. Wir arbeiten bei Alpine daran, aber ich kann nicht garantieren, dass wir diese Siege und Weltmeisterschaften erreichen werden. Wir sind nicht die Einzigen dort draußen."

Neues Alpine-Team stimmt Alonso hoffnungsvoll

2008 kehrte er schon einmal in das Team des französischen Automobilherstellers zurück, ohne an Erfolge vergangener Tage anzuknüpfen. Nach zwei Jahren verließ er Renault in Richtung Ferrari. Über zehn Jahre später sieht er das Werksteam in einer besseren Position. "Wenn alles noch so wie damals wäre, würde das für uns schlechte Nachrichten bedeuten", schmunzelt er.

"Die Fabrik wurde massiv ausgebaut und dort arbeiten mehr Leute", sagt er über die Chassisentwicklung in Enstone. Renault nahm sowohl für die Fabrik in Großbritannien als auch für die Motorenschmiede im heimischen Viry viel Geld in die Hand, was Alonso zuversichtlich stimmt.

"Das Niveau der Technologien ist ein ganz anderes als vor 15 Jahren. Ich bin sehr zufrieden mit dem, was ich in Enstone und Viry gesehen habe," so der Spanier weiter. "Wir haben talentierte Mitarbeiter, großartige Designer und Techniker. Dazu sind einige der Mechaniker alter Tage immer noch an Bord, was ein schöner Touch ist. Wir wollen alle den Erfolg von damals wiederholen. Der Spirit ist sehr gut und wir sind eine schöne Organisation, die hoffentlich abliefern wird."