Überraschung: Ferrari baut neues Formel 1 Auto komplett um!: (22:44 Min.)

Ferrari erlebte 2020 ein komplettes Desaster: Nur Rang sechs in der Konstrukteurs-WM, kein einziger Sieg. Der SF1000 war keine Rote Göttin, er war ein Roter Teufel. Das Problem: Über den Winter durften die Ingenieure nur Teile des Autos überarbeiten. Ein Großteil des Autos ist eingefroren und homologiert.

Dennoch überraschte Ferrari bei der Präsentation des SF21. Es ist womöglich jenes Auto im Feld, das sich am stärksten von seinem Vorgänger unterscheidet - trotz der ganzen Einschränkungen bei der Entwicklung. Ferrari weiß, dass sich 2020 nicht wiederholen darf. Deshalb gingen die Ingenieure besonders aggressiv zu Werk.

Der Motor war die größte Schwachstelle. Glück im Unglück: Die Power Unit ist nicht von den Homologationsrichtlinien betroffen. Die Motorenabteilung durfte im Rahmen der Prüfstandsrestriktionen entwickeln wie sie wollte.

2020 wurde die Scuderia ins kalte Wasser geworfen. Die FIA analysierte im Winter Ferraris Wundermotor aus der Saison 2019. Dabei wurden sie teilweise fündig. Einen Betrug konnten sie nicht nachweisen. Aber es wurden Maßnahmen getroffen, um Betrugsvorwürfe in Zukunft auszuräumen. Dafür gab es diverse Technische Direktiven, die Ferrari besonders hart trafen. Maranello musste den V6-Motor dafür in letzter Sekunde umbauen. Das Ergebnis ist bekannt.

Ein Jahr hatten die Ingenieure nun Zeit, die Schmach des Vorjahres auszumerzen. Charles Leclerc und Carlos Sainz bekommen für 2021 einen komplett neuen Turbolader. Dafür wurde auch der Verbrennungsmotor optimiert, ein neues Benzin soll zusätzlich etwa eine Zehntel pro Runde bringen. Auch am Hybridsystem will Ferrari Hand angelegt haben, Details dazu gibt es leider nicht.

Große sichtbare Änderungen gibt es am Packaging. Einerseits wurde die Airbox erweitert. In der homologierten Überrollstruktur gibt es weiterhin zwei Kanäle. Neu sind allerdings zwei Kanäle links und rechts vom Überrollbügel.

Hier wird offensichtlich Kühlluft eingesaugt, die zuvor über die Seitenkäsen eingesaugt wurde. Die Öffnungen der Seitenkästen wurden kleiner. Das ist gut ersichtlich, weil das obere seitliche Crash-Element weiterhin die Unterkante bietet und über den Winter nicht verändert werden durfte. Die Öffnung darüber hat sich in Form und Größe offensichtlich verändert.

Dadurch ist es den Ingenieuren gelungen, die Seitenkästen dahinter stärker nach unten abfallen zu lassen. Die Luft wird schneller Richtung Unterboden geleitet. Das ist in der Seitenansicht besonders deutlich an der Ausformung des UPS-Logos zu erkennen.

Die Motor-Ingenieure mussten nicht nur Leistung finden, sondern auch mit ihren Kollegen im Windkanal zusammenarbeiten. Denn dem SF1000 fehlte es nicht nur an Leistung. Er war auch aerodynamisch zu ineffizient, also generierte zu viel Luftwiderstand bei zu wenig Abtrieb.

Um das Verhältnis zu verbessern, wurden aber nicht nur die Seitenkästen überarbeitet. Die Grundsanierung beginnt an der Nase. Dort setzte Ferrari zwar keinen Entwicklungs-Token ein, versuchte im Rahmen des Möglichen aber dennoch das aerodynamische Konzept zu entwickeln.

Der SF21 hat wie seine Vorgänger eine breite Nase, versucht aber trotzdem einen Cape-Flügel zu integrieren. Die Crash-Struktur musste wegen der Homologationsrichtlinien unverändert bleiben, die Karbon-Überwurfschicht wurde an der Nasenspitze dafür aber verändert. Es ist eine Nasenkorrektur, die ihren Vorgänger nicht verleugnen kann.

Der gezeigte Frontflügel ist ebenfalls neu, aber kein Paradigmenwechsel. Neu sind auch die zahlreichen Leitbleche am S-Schacht-Auslass. Die kennt man ursprünglich von Alfa und Mercedes, sind jetzt aber am exzessivsten am Ferrari zu sehen.

Völlig überarbeitet wurden die Bargeboards und Seitenkastenflügel. Hier ist mehr als nur eine Weiterentwicklung zu sehen. Die Aerodynamiker haben einen komplett neuen Weg eingeschlagen, natürlich inspiriert von der Konkurrenz.

Die Chassis-seitig größten Änderungen gab es am Heck. Das konnte man auf den Studiofotos leider noch nicht genau erkennen. Dafür hat Ferrari aber beide zur Verfügung stehenden Entwicklungs-Token ausgegeben.

Man hat Getriebegehäuse, Hinterradaufhängung und hintere Crash-Struktur verändert. Möglicherweise setzt der untere hintere Querlenker nun wie bei Mercedes an der Crash-Struktur an, statt wie bisher am Getriebegehäuse.

Wie alle anderen Teams wollte auch Ferrari in Sachen Unterboden und Diffusor die Katze noch nicht aus dem Sack lassen. Die Bereiche der größten Regeländerungen wurden entweder gar nicht gezeigt oder nachträglich geschwärzt, damit keine Details zu erkennen sind.

Fazit: Von allen Teams hat Ferrari im Rahmen der Möglichkeiten das Auto am stärksten umgebaut. Gelingt damit der Angriff Red Bull oder gar Mercedes? Eher unwahrscheinlich, das weiß auch Ferrari. Über einen Winter, so Teamchef Mattia Binotto, holt man diesen Rückstand nicht auf. Ein Sprung auf Rang drei ist aber durchaus möglich. Vieles hängt vom Fortschritt am Motor ab. Im engen Mittelfeld kann man sich hier kein dauerhaftes Defizit von mehreren Zehntelsekunden leisten.