"Ich habe schon genug über die letzten Jahre gesprochen, das liegt hinter mir. Ich freue mich auf das, was kommt." Klarer hätte Sebastian Vettel den Schlussstrich unter seine Ferrari-Jahren nicht ziehen können. Außer vielleicht mit dem Verkauf seiner Autos.

Zuletzt ließ der vierfache Formel-1-Weltmeister acht Autos aus seiner Sammlung veräußern, darunter fünf Ferrari. Dabei soll es sich aber nicht um einen Bruch mit seiner alten Liebe handeln. "Es tut gut, ein bisschen mehr Platz zu haben", so Vettel.

Den Platz in seinem Formel-1-Herzen nimmt nun Aston Martin ein. Nachdem er in Maranello vom Hof gejagt wurde, wurde er in Silverstone herzlich empfangen. "Aber alle tragen Maske, umarmt wird man aktuell nicht", scherzte Vettel im Rahmen der Präsentation des neuen Aston Martin.

"Es ist nicht gerade die beste Zeit, um Leute kennenzulernen. Nur ein Teil ist in der Fabrik, viele sind im Home Office", so Vettel. Dennoch lief die Eingewöhnung bislang reibungslos. Zumindest menschlich: "Das Auto ist komplett anders, es folgt einer ganz anderen Philosophie. Ich hoffe, dass ich mich schnell eingewöhnen kann. Ich muss noch eine Menge lernen, manche Dinge heißen hier einfach anders. Es bleibt nicht viel Zeit und es gibt wenig Tests, aber dafür bringe ich Erfahrung mit."

Technik-Chef: Auto auf Vettels Fahrstil einstellen

Lob für die Eingewöhnung gibt es schon vom Technischen Direktor des Rennstalls Andy Green: "Sebastian hat einen eigenen Fahrstil, aber jeder hat das. Sein Fahrstil ist nicht so extrem wie der seines Vorgängers [Sergio Perez]. Wir haben Möglichkeiten, das Auto darauf einzustellen. Wir haben im letzten Monat daran gearbeitet und er scheint sehr glücklich damit zu sein."

Vettel selbst findet die Diskussionen um seinen Fahrstil, der angeblich ein besonders stabiles Heck erfordert, übertrieben: "Ich hatte sowohl bei Red Bull, als auch bei Ferrari Autos, deren Heck etwas instabil war. Ich mag das auch lieber als Untersteuern, denn da bist du machtlos. Mit Übersteuern kannst du arbeiten, aber wenn es zu viel ist, wirst du langsam."

Vettel: Red Bull war auch im Aufbau

Beim Auto hören die Vergleiche mit seinen Ex-Teams aber nicht auf. Red Bull und Ferrari zählten im letzten Jahrzehnt nicht nur bei den Ergebnissen zu den absolute Topteams. Beide Rennställe sind finanzielle Schwergewichte mit exorbitanten Budgets und riesigen High-Tech-Fabriken. Aston Martin hingegen baut seine Autos hingegen noch immer in den Hallen des einstigen Jordan-Rennstalls in Silverstone.

Ein Rückschritt für Vettel? "Red Bull war 2008 und 2009 auch nicht das Team, das es heute ist", stellt der Heppenheimer klar. "Red Bull war damals auch in einer extremen Aufbauphase. Dazu täuscht die Größe, weil Aston Martin den Motor nicht selbst baut."

Sebastian Vettel und Lance Stroll präsentieren den Aston Martin für die Formel-1-Saison 2021, Foto: Aston Martin
Sebastian Vettel und Lance Stroll präsentieren den Aston Martin für die Formel-1-Saison 2021, Foto: Aston Martin

Während Ferrari Motor und Chassis unter einem Dach baut, bezieht Aston Martin die Power Units von Mercedes. Ein Faktor, auf den sich Vettel freut. Er kam in der Hybrid-Ära nur in den Genuss von Renault- und Ferrari-Triebwerken. "Über den Winter verliert man den direkten Vergleich, aber wenn der Motor so gut ist, wird man das schon merken", meint Vettel. "Es gibt jedenfalls auch im Cockpit bei der Bediendung Unterschiede."

Nicht nur Aston Martin: Formel 1 ändert sich auch

Zurück zum Team: Nicht nur die Größe täuscht. "Das Team steht ganz am Anfang", stellt Vettel klar. Dabei existiert das Team bereits seit drei Dekaden als Formel-1-Team. Doch seit dem Einstieg des Konsortiums rund um Milliardär Lawrence Stroll stellt sich der Rennstall neu auf. Aus Racing Point wurde über den Winter Aston Martin. Eine neue Fabrik befindet sich gerade im Bau.

"Es ist zum ersten Mal in der Geschichte des Teams, dass sich die Möglichkeiten ändern. Einerseits ändert sich das Team, andererseits auch die Formel 1", gibt Vettel zu bedenken. Zum ersten Mal in der Geschichte der Formel 1 gibt es 2021 eine Budgetobergrenze. Vor allem Red Bull, Ferrari und Mercedes müssen ihre Budgets zurückfahren. "Die fetten Jahre für die großen Teams sind vorbei, das kann uns nur entgegenkommen", glaubt der 33-Jährige.

Bei den Zielen für 2021 hält sich Vettel noch zurück: "Letztes Jahr wurde das Team Vierter. Ich glaube, der dritte Platz war möglich. Der ist das Ziel. Die Favoritenrolle liegt klar bei Mercedes, Red Bull ist der erste Herausforderer. Dahinter ist es sehr eng und ich hoffe, dass wir da näher dran sind."