McLaren-Mercedes wird für Daniel Ricciardo 2021 in der Formel 1 in mehrerlei Hinsicht eine neue Erfahrung. Der Australier geht in diesem Jahr zum ersten Mal in seiner Karriere mit der Power Unit aus Brixworth an den Start. Die Neugier auf den Weltmeister-Motor der vergangenen sieben Jahre ist beim siebenmaligen Grand-Prix-Sieger groß. Er brennt auf den Kampf gegen die Mittelfeld-Konkurrenz rund um Ferrari und seinen Ex-Arbeitgeber.

"Das ist etwas, worauf ich mich freue. Ich bin seit Beginn der Hybrid-Ära mit Renault im Heck meiner Rennautos gefahren. Ich freue mich darauf, mal etwas anderes zu erleben", so Ricciardo im Rahmen der Präsentation des neuen McLaren MCL35M. In der V8-Ära fuhr der 31-Jährige mit Motoren von Cosworth und Ferrari, die ähnlich wie die Power Unit von Renault nicht das Maß der Dinge waren.

Mit Mercedes kann er erstmals in seiner F1-Laufbahn auf den Benchmark der Motorentechnologie zurückgreifen. "Bevor ich damit nicht auf der Strecke gefahren bin, ist es schwer zu beurteilen. Aber sie hatten natürlich viel Erfolg und ich erwarte etwas, das sie etwas drauf hat", lautet seine Erwartungshaltung gegenüber der neuen Power Unit.

Erneuter McLaren-Erfolg wird kein Selbstläufer

Nachdem McLaren als Renault-Kunde die vergangenen beiden Saisons jeweils als Best of the Rest hinter den Top-Teams abschloss, wird unter Fans und Experten durch den Wechsel zum Klassenprimus Mercedes ein noch stärkeres Paket erwartet. Ricciardo hingegen mahnt davor, von einem Selbstläufer auszugehen.

"Ich habe natürlich die Ambition, dieses Jahr wieder auf dem Podium zu sein, und natürlich das erste Mal mit McLaren, weil das Team dies letztes Jahr auch erreicht hat. In meinem Kopf sage ich mir, wir können das dieses Jahr wieder erreichen. Aber so einfach wird das nicht", erklärt Ricciardo.

2020 fiel McLaren in Sachen Performance gegenüber Racing Point und Renault zurück. Die niedrige Fehlerquote des Teams gepaart mit der Konstanz von Lando Norris und Carlos Sainz stellte die beste WM-Platzierung seit 2012 sicher. Damals wurde McLaren mit Mercedes-Power im Heck sowie der Fahrerpaarung aus Lewis Hamilton und Jenson Button ebenfalls Dritter.

Das Resultat war dasselbe, doch die Umstände andere. Vor knapp zehn Jahren war McLaren noch ein Top-Team, das regelmäßig um Siege fuhr. Davon war der Rennstall im Vorjahr trotz einiger Achtungserfolge in Form von zwei Podien weit entfernt. "Wenn ich mir die Konkurrenz im letzten Jahr anschaue, waren mehr Teams auf dem Podium, als nicht auf dem Podium. Der Kampf wurde immer intensiver", so Ricciardo.

Ricciardo rechnet mit Sainz und Alonso

Durch das bis auf wenige Bereiche der Aerodynamik sowie die Motorenentwicklung eingefrorene Technische Reglement erwartet er, dass es in diesem Jahr noch enger zugeht. "Generell wird das gesamte Feld versuchen, zur Spitze aufzuschließen. Ich sehe es so, dass jedes Team die Chance auf das Podest hat. Es wird wieder eng", kündigt er an.

Vor allem zwei Fahrer hat er als mögliche Rivalen ganz oben auf der Rechnung. "Carlos und Fernando werden gute Gegner", sagt er mit Blick auf seinen McLaren-Vorgänger und seinen Renault- bzw. Alpine-Nachfolger. Inwiefern Ferrari sich aus der Krise befreien kann, vermag er nicht einzuschätzen. Was das Comeback von Alonso angeht, prognostiziert er hingegen gute Voraussetzungen: "Renault ist ein Team, das ich gut kenne und ich weiß, dass sie ein schnelles Auto haben werden."

An Selbstvertrauen mangelt es Ricciardo zumindest nicht, nachdem er 2020 mit Renault einer seiner besten Saisons in der Formel 1 zeigte. "Hoffentlich werden meine Motivation und meine Erfahrung sich durchsetzen, und wir entscheiden diesen Kampf für uns. Ich freue mich auf all die Duelle und die Competition", sagt er. Inwiefern er sich teamintern genauso wie im Vorjahr durchsetzen können wird, bleibt hingegen abzuwarten.

Formel 1, Live-Stream: McLaren präsentiert den MCL35M (01:00 Min.)

Ricciardo erwartet harte Gegenwehr von Norris

Esteban Ocon watschte er im Dezember mit 119:62 nach Punkten und 15:2 im Qualifying ab. Mit Lando Norris steht ihm nun ein Teamkollege gegenüber, der sich gegen seinen Teamkollegen in den letzten zwei Jahren deutlich besser aus der Affäre zog als Ocon. Darüber hinaus hat der Brite gewisse Vorteile auf seiner Seite.

"Ich habe mit elf Saisons in der F1 sicher mehr Erfahrung, aber was McLaren angeht hat Lando mehr Erfahrung", gibt Ricciardo zu bedenken, dass der 21-Jährige bereits seit 2017 in Woking an Bord ist. "Es gibt sicherlich Dinge, die ich von ihm lernen kann, besonders wenn es um das Team und die Integration in die McLaren-Familie geht. Jedes Mal wenn du einen neuen Teamkollegen hast, ist es eine Chance, etwas zu lernen, ob es die Arbeitseinstellung oder der Fahrstil ist, oder beides."

Abseits der Rennstrecke verspricht die neue Fahrerpaarung von McLaren viel Harmonie. "Lando und ich haben einen ähnlichen Ansatz, was dieses Spiel hier anbelangt. Wir lieben was wir machen, genießen unseren Job und haben keine Angst, das auch zu zeigen. Andererseits stammen wir aus zwei unterschiedlichen Generationen. Ich bin zehn Jahre älter und ich denke, das ist eine gute Kombination", glaubt Ricciardo.

Zwischen den beiden Teamkollegen ist allerdings ein harter Konkurrenzkampf zu erwarten. Norris steht zum ersten Mal einem GP-Sieger gegenüber. Ricciardo hingegen ist längst dort angekommen, wo der Youngster erst noch hin will. Wenn es nach ihm geht, soll die Rivalität dem Teamerfolg aber nicht im Weg stehen: "Ich bin mir sicher, dass der Wettbewerb auf der Rennstrecke ebenfalls gut wird. Es wird hart zur Sache gehen und am wichtigsten ist, dass es das Team nach vorne bringt."