2010 war das Jahr, in dem sich Red Bull endgültig zu den ganz Großen in der Formel 1 gesellte. Nach einer starken Vorstellung mit ersten Siegen im Vorjahr kämpften Sebastian Vettel und Mark Webber mit dem RB6 um den WM-Titel - vor allem aber auch gegeneinander. Ein Jahr mit dem schnellsten Auto im Feld hinterließ Spuren.

Heute vor 14 Jahren: Red Bulls neue Waffe mit Newey-Tricks

Die Präsentation des Red Bull RB6 verlief allerdings unzeremoniell. Am 10. Februar 2010 zogen Vettel und Webber in der Boxengasse von Valencia die Hüllen vom Auto, kurz bevor der zweite Vorsaison-Test startete. Die ersten drei Testtage in Valencia hatte das Team ausgelassen. Man stellte den RB6 als Evolution des Vorjahres-Modells vor. Wichtigste technische Neuerung: Der Doppel-Diffusor, der im Vorjahr erst nachträglich ans Auto kam, wurde diesmal von Beginn an in den Design-Prozess integriert.

Vettel und Webber enthüllen den RB6, Version 1, Foto: Red Bull
Vettel und Webber enthüllen den RB6, Version 1, Foto: Red Bull

Aber das war nicht alles. Bis zum Ende der Tests wartete man, bevor man die wirklichen Innovationen aus dem Entwickler-Team rund um Stardesigner Adrian Newey anbrachte. Der neueste Trick: Ein nach unten verlegter Auspuff. Die Auspuff-Gase strömten so über und durch Öffnungen auch in den Diffusor, wodurch der Luftfluss zum einen erhöht wurde und zum anderen Luftturbulenzen beruhigte. In Summe ergab das mehr Abtrieb.

Red Bulls RB6 war der Pionier dieses Prinzips, das auf Ideen aus den 80ern und 90ern basierte. Wohl wissend um den Wert, fuhr man den letzten Test sogar mit aufgeklebten Fake-Auspuffen, um die wahre Position zu verschleiern. Zusammen mit Motorenpartner Renault wurde das Konzept bis an die Limits getrieben. So wurden Motor-Mappings so konfiguriert, dass selbst beim Vom-Gas-Gehen noch heißer Luftfluss aus dem Auspuff strömte.

Die Limits wurden schließlich im nächsten Jahr mit Upgrades der Idee ausgereizt, und an einem Punkt fuhren die Autos dank Mapping-Tricks praktisch Qualifying-Runden durchgehend mit Vollgas, nur dass eben nichts davon an die Hinterräder gelangte und in Vortrieb umgewandelt wurde, sobald der Fahrer vom Gaspedal ging. Alles, um den Luftfluss auf den Diffusor auch in Kurven aufrecht zu erhalten. Irgendwann wurde das der FIA zu wild, die angeblasenen Diffusoren wurden verboten.

Erst beim letzten Test kam alles Neue an den RB6, Foto: Sutton
Erst beim letzten Test kam alles Neue an den RB6, Foto: Sutton

Vettel und Webber kämpfen im RB6 mit harten Bandagen

Red Bulls aufsteigender Star Sebastian Vettel liebte den immensen Grip, den der RB6 dank aller Tricks aufbieten konnte. Sein erfahrener Teamkollege Mark Webber war aber nicht bereit, sich gleich geschlagen zu geben. Und jetzt, da die beiden regelmäßig um den Sieg kämpften, schien die Eskalation vorprogrammiert.

Nach mehreren dominanten Vorstellungen krachte es beim siebten Saisonrennen in der Türkei erstmals so richtig. Beim Kampf auf der Strecke kollidierten die beiden, Vettel fiel aus. Beide beschuldigten sich gegenseitig, die Stimmung war vergiftet. Webber fühlte sich vom Team ins Abseits gestellt. Das unterstrich Silverstone, wo Vettels neuer Frontflügel im Training kaputt ging. Das Team hatte nur eine weitere Ausführung - die bekam Vettel. Webber musste sich im Qualifying trotz altem Flügel geschlagen geben, gewann aber das Rennen, und kommentierte am Funk sarkastisch: "Nicht schlecht für einen Nummer-zwei-Fahrer."

Red Bull & Vettel holen ersten WM-Titel mit dem RB6

Aber unter dem Strich reichte es, mit dem RB6 gelang dem Team der Durchbruch. Neun Siege (fünf für Vettel, vier für Webber) und 15 Poles (zehn für Vettel, fünf für Webber) bedeuteten, dass beide im 19. und letzten Rennen noch um die WM kämpften. Vettel feierte dort den Sieg, und krönte sich so zum Weltmeister.

Vettel feierte mit dem RB6 den ersten WM-Titel, Foto: Sutton
Vettel feierte mit dem RB6 den ersten WM-Titel, Foto: Sutton

Auf dem Weg dorthin hatten beide Fahrer übrigens bei den RB6-Chassis einiges an Kleinholz fabriziert. Vettel hatte die Saison mit dem von ihm getauften Chassis 'Luscious Liz' begonnen, das nach Monaco jedoch getauscht werden wurde. Vettels 'Neue' wurde 'Randy Mandy' getauft und trug ihn zum WM-Titel.

Webber zerstörte dafür seinen ersten RB6 in Valencia, als er auf einen Hinterbänkler auffuhr und einen Salto hinlegte. Für Silverstone erhielt er Vettels altes, nun repariertes Chassis, und gewann prompt damit. Lustiges Detail am Rande: Webber verhandelte sich in seinen nächsten Vertrag, dass er einen RB6 bekommen würde. Aufgrund des Tausches wurde das 'Luscious Liz'.

Webber schrottete einen RB6 in Valencia, Foto: LAT Images
Webber schrottete einen RB6 in Valencia, Foto: LAT Images

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