Wie viele andere Sportarten weltweit erschütterte die Corona-Pandemie 2020 auch die Formel 1. Als ein globaler und logistisch aufwändiger Sport traf die Krise die Königsklasse besonders hart. Das führten die Quartalsberichte des kommerziellen Rechteinhabers Liberty Media im vergangenen Jahr klar vor Augen. Riesige Umsatzrückgänge wurden vermeldet, rote Zahlen geschrieben.

Das gilt auch für die nun seitens der Formel 1 veröffentlichten Bilanzen zu weltweiten TV-Zuschauerzahlen, Video- und Website-Aufrufen sowie Social-Media-Kennzahlen wie Follower-Wachstum und Engagement. Allerdings fallen die Rückgänge weit weniger dramatisch aus, als angesichts des von den geplanten 22 auf 17 Rennen verkürzten Formel-1-Kalenders 2020 vielleicht zu erwarten gewesen wäre. Manche Kennzahlen weisen sogar deutliche Steigerungen auf.

Formel 1 2020: Corona kostet 400 Millionen Zuschauer

Die Gesamtzuschauerzahl vor den TV-Geräten ging 2020 gegenüber 2019 deutlich zurück. Schalteten im Vorjahr kumuliert noch insgesamt 1,9 Milliarden Menschen ein, waren es 2020 deren 1,5 Milliarden. Größter und logischer Treiber diese Entwicklung: 2020 konnten die Fans nur bei 17 Rennen zusehen, 2019 waren es noch 21 Grands Prix. Der Formel 1 fehlten also vier Rennen, um ihre Vorjahreszahlen erreichen zu können. Deshalb ging auch die Zahl unterschiedlicher Zuschauer (‚Unique Viewers‘) klar zurück, um acht Prozent auf 433 Millionen.

Allerdings nahm auch die durchschnittliche Zuschauerzahl je Rennen ab, um 4,5 Prozent gegenüber 2019 (91,3 Mio.) auf nun 87,4 Millionen - obwohl so gut wie nie Fans die Rennen an den Strecken live verfolgten, sich somit das potenzielle Publikum an den TV-Bildschirmen vergrößerte. Zum Bild der vergangenen Jahre passen die Werte allerdings noch immer. 2016 bis 2018 schalteten im Schnitt 87 Millionen Menschen ein, 2014 deren 92, 2015 sogar nur 80 Millionen.

Formel 1: Klares Minus auch beim Zuschauerschnitt

Die Formel 1 erklärt den Rückgang vor allem mit dem 2017 geografisch sehr homogenen Markt. Immerhin sei nur in Europa und dem Nahen Osten gefahren worden, dementsprechend habe man immer Publikum verloren, etwa durch unattraktive Startzeiten in Übersee, ob nun Asien oder Amerika. Noch dazu seien einige Rennen ausgefallen, die für gewöhnlich über dem Schnitt liegen würden. Namen nennt die Formel 1 an dieser Stelle nicht, denkbar sind hier Klassiker wie Monaco oder (lokal) beliebte und damit Reichweiten-starke Rennen wie Mexiko, Japan und Brasilien.

Eine positive Entwicklung gab es allerdings auch, zumindest in einigen Märkten. In China etwa nahm die durchschnittliche Zuschauerzahl im Vorjahresvergleich um 43 Prozent zu, in Russland sogar um 71 Prozent. In den Niederlanden betrug die Steigerung 28 Prozent, in Großbritannien zehn, in Deutschland fünf und in den USA - ohne US GP oder Event in der annähernd eigenen Zeitzone - immerhin ein Prozent.

Formel 1 2020: Ungarn & neue Strecken besonders beliebt

Das beliebteste Rennen in Sachen TV-Publikum war der Ungarn Grand Prix, der mit 103,7 Millionen Zuschauern gegenüber 2019 um sieben Prozent zulegte. Starke Zahlen vermeldet die Formel 1 abgesehen von dieser Ausnahme vor allem für die Neulinge im Kalender. Bei der Portimao-Premiere schalteten 100,5 Millionen Zuschauer ein, auf dem Außenkurs von Bahrain 98,1 Millionen und beim Comeback in der Türkei 89,1 Millionen.

Formel 1 im Social Web: F1 legt digital weiter zu

Zahlen nennt die Formel 1 auch abseits des linearen TV-Betriebs. In den Sozialen Medien meldet die Königsklasse weiterhin klar zweistellige Wachstumsraten. Die Anzahl der Follower über alle Portale, wie Facebook und Instagram, hinweg nahm um 36 Prozent auf insgesamt 35 Millionen zu, Videos wurden 4,9 Milliarden Mal angesehen (+46%), das Engagement im Social Web (Shares, Likes, Kommentare etc.) stieg um 99 Prozent. Damit sei die Formel 1 die zweitschnellst wachsende große Sportmarke nach Followern und die schnellste nach Engagement, lässt die F1 wissen.

In Sachen Social-Media-Wachstum macht der Formel 1 weiter kaum ein Sport etwas vor, allerdings startet die Königklasse hier erst seit 2017 und dem Ende der Ära Bernie Ecclestone durch, Foto: Formula 1
In Sachen Social-Media-Wachstum macht der Formel 1 weiter kaum ein Sport etwas vor, allerdings startet die Königklasse hier erst seit 2017 und dem Ende der Ära Bernie Ecclestone durch, Foto: Formula 1

Website und F1 App lockten 26 Prozent mehr einzigartige Nutzer (70,5 Millionen ‚Unique User‘), die für 1,3 Milliarden Seitenaufrufe sorgten (+13%). Als größte Treiber für sämtliches digitales Wachstum gibt die Formel 1 eine Zunahme an Video-Content um 20 Prozent an, außerdem die neuen Rennen im völlig umgestrickten Kalender und die Nachberichterstattung besonders aufregender Rennen unter der Woche.

Hohe Wachstumsraten: Formel 1 profitiert weiter von Ecclestone-Ignoranz

Bei diesen hohen Wachstumsraten profitiert die Formel 1 nach wie vor von ihrem sehr späten Aufbruch in das digitale Zeitalter rund um die Wachablösung an der Spitze. Erst die 2017 neu eingesetzte Führung rund um Liberty Media mit Frontmann Chase Carey sorgte für einen vollwertigen Fokus auf Digitalisierung und Sozialen Medien, was der vorherige F1-Boss Bernie Ecclestone zugunsten der klassischen TV-Stationen und der lukrativen TV-Rechte stets stiefmütterlich behandelt hatte. Die Formel 1 verfügt also über eine kleine Ausgangsbasis und wächst somit schneller als andere Sportarten, die früher in die digitale Ära schritten.

Die Formel 1 betont unterdessen, andere große Sportarten wie NBA, Premier League oder La Liga in der ‚digitalen Arena‘ nun klar in den Schatten zu stellen. So sei der digitale Anteil an gesamter Video-Sehzeit der Formel 1 von sieben auf zehn Prozent gestiegen. In absoluten Zahlen spiegelt sich das allerdings nicht. So verfügt etwa die NBA mit 54 Millionen Instagram-Followern allen auf dieser Plattform über mehr als die F1 mit ihren 35 Millionen über alle Plattformen zusammen geniert. Selbes gilt etwa für die Premier League mit 43,5 Millionen Insta-Abos und beinahe für die La Liga (33,1). Die NFL liegt hier mit 20 Millionen zumindest vor der F1 (12 Mio.). Auf Facebook sieht all das ähnlich aus.

Umfrage: Formel-1-Fans jetzt zufriedener mit Fortschritt

Zudem seien die Fans zufriedener als noch vor einem Jahr, heißt es derweil von der Formel 1. Diese Messung basiert auf einer Umfrage von ‚Goodform biannual F1 Attitudes survey‘ unter 6000 internationalen Fans, besser bekannt als ‚F1 Fan Voice‘. Danach hätten 2019 noch 53 Prozent der Befragten angegeben, die F1 habe sich über die vergangenen beiden Jahre verbessert, 2020 seien es 72 Prozent gewesen.

68 Prozent sehen die Formel 1 danach bei Liberty Media in guten Händen (2019: 56 Prozent), 71 Prozent bewerten ihre Zufriedenheit als F1-Fans auf einer Skala von 1-10 mit mindestens acht (2019: 44 Prozent). 90 Prozent der Befragten erachten zudem die Sicherheitsvorkehrungen im Zuge der Coronakrise für gut, 81 Prozent sind mit der Kommunikationspolitik der Formel 1 zufrieden während 73 Prozent den Umgang mit der Abwesenheit von Fans an der Strecke als gut erachten.

Formel 1 verbessert Esports-Reichweite

Zuletzt meldet die Formel 1 ein erfolgreiches Jahr für ihre Esports Series. Insgesamt seien die Live-Streams 11,4 Millionen Mal angesehen worden, fast doppelt so oft wie im Vorjahr. Die Pro Series wuchs auf Social Media gegenüber 2019 um 151 Prozent. Hinzu gekommen seien 23,8 Millionen Video-Views, was einem Wachstum von 29 Prozent entspreche und auf einen größeren Output auf Social Media zurückzuführen sei.

Eine nicht unerhebliche Rolle für den Zuwachs in dieser noch jungen Sparte dürften zudem die Virtual Grands Prix gespielt haben, als während des ersten Shutdowns im Frühjahr 2020 die echten Formel-1-Piloten virtuell gegeneinander antraten. Aktuell läuft die zweite Saison.