Drei Neulinge haben es 2021 in die Formel 1 geschafft. Die meisten Schlagzeilen gehörten wenig überraschend dem Formel-2-Meister des Vorjahres, Mick Schumacher. Die größten Erwartungen hängen jedoch nicht unbedingt an ihm - sondern am Red-Bull-Junior Yuki Tsunoda. Denn die Teamspitze sieht im 20-jährigen Japaner das nächste große Ding.

Tsunoda ist im Junior-Programm auf der Überholspur unterwegs. Nachdem Red Bull zuletzt eher schwach aufgestellt war und 2019 mit Alex Albon und Daniil Kvyat zwei Ausgemusterte für das F1-Programm zurückholen musste, sind die Meinungen zu Tsunoda hoch. Der könnte gerade der richtige Mann für einen baldigen Job neben Max Verstappen sein.

Tsunoda: Vom Fast-Ausschuss zum Red-Bull-Nachwuchsstar

Obwohl Tsunoda an sich wirklich nicht viel Erfahrung vorweisen kann. Seine erste volle Formel-4-Saison fuhr er 2017 in Japan. Er selbst gesteht, dass es besser gewesen wäre, früher schon seine ganze Energie in den Sport zu stecken: "Ohne sich von anderen Dingen ablenken zu lassen. Als 16-Jähriger war ich nicht so ganz dahinter. Ich will nicht sagen, dass ich es nicht gemocht habe, aber ich habe einfach nicht so viel reingesteckt wie ich hätte sollen."

Der Entscheidungs-Test für das Honda-Nachwuchsprogramm - seine schlimmste Erinnerung, so Tsunoda - brachte für ihn die Wende. "Normalerweise schickt Honda die zwei besten Fahrer in die Formel 4." Er wurde Dritter, wollte die Karriere schon begraben. "Aber der Verantwortliche war Ex-F1-Fahrer Satoru Nakajima. Er hat in der Schikane zugesehen, und er hat mich Honda empfohlen."

Nach einem dritten Gesamtrang (2017) und einem Titel (2018) in der japanischen Formel 4 war er einer von drei Fahrern, die Honda an den damals neuen F1-Partner Red Bull empfiehl. Motorsport-Berater Dr. Helmut Marko fand Gefallen am Lebenslauf: "Wir haben ihn dann nach Europa zu einem Formel-3-Test mit einem deutschen Team geholt, und er hat auf Anhieb überzeugt, vor allem sein Grundspeed, und er war sofort in den ganz schnellen Kurven im Grenzwert."

Tsunoda, fehlende Erfahrung und schnelles Lernen

Tsunoda bekam einen F3-Platz, aber bei keinem Top-Team. In seinen ersten sieben Rennen punktete er 2019 zwar nur zwei Mal. Dann klickte es. In Spa holte er das erste Podium, in Monza den ersten Sieg. "Es war nicht leicht, denn viele der Fahrer in Europa hatten viel Erfahrung auf den Strecken", meint Tsunoda. "Ich habe mich darauf konzentriert, mich an die Strecken zu gewöhnen, an das Team, und an die Kultur, und dann habe ich endlich in Monza in der Formel 3 gewonnen und Dr. Marko war happy damit. So bin ich in die Formel 2 gekommen."

Monza 2019 war Tsunodas erster - und einziger - F3-Sieg, Foto: LAT Images
Monza 2019 war Tsunodas erster - und einziger - F3-Sieg, Foto: LAT Images

Red Bull sah, was man sich erträumt hatte. Einen jungen Fahrer mit unbestreitbarem Grundspeed, der auch noch schnell lernte. Seine Formel-2-Saison bewies aber, dass die fehlende Erfahrung bei Auto und Strecken auch mit noch so schnellem Lernen nicht wettgemacht werden kann. Er feierte Siege, doch fehlende Konstanz machte sich zu Saisonende bemerkbar, als er im Kampf gegen die erfahrenen Gegner Mick Schumacher und Callum Ilott ins Hintertreffen geriet.

Tsunoda in der Formel 2: Verstanden, worauf es ankommt

Der schwache F2-Saisonstart führte bei Tsunoda zur Selbsterkenntnis. Er war nicht konstant genug, und schwächelte auch während den Rennen immer wieder nervlich. "Von der Saisonmitte an habe ich mit einem Mental-Trainer gearbeitet, und wir haben viel über Rennfahren gesprochen - wie ich mich für das Rennen vorbereite, und meine Haltung während dem Rennen - und über andere Faktoren. Dadurch habe ich mich mental stark verbessert. Zu Saisonende war ich noch nicht dort, wo ich sein wollte, aber ich hatte mich verglichen mit dem Saisonstart so stark verbessert."

Beim Speed steht Tsunoda Schumacher um nichts nach, Foto: LAT Images
Beim Speed steht Tsunoda Schumacher um nichts nach, Foto: LAT Images

Das unterstreicht, was Red Bull in ihm sieht. Tsunodas Grundspeed war locker auf dem Niveau seiner erfahreneren F2-Gegner. Red-Bull-Berater Marko ist von den Verbesserungen überzeugt: "Zwischenzeitlich hat er gelernt, dass man Rennen nicht in der ersten Kurve, der ersten Runde gewinnt. Dass man auf Reifen schauen kann, oder muss. In der Folge hat er das sehr gut gelernt, aber wenn es drauf ankommt, setzt er unheimliche Überholmanöver, das haben die letzten Formel-2-Rennen eindeutig bewiesen."

AlphaTauri erwartet Tsunoda ab Europa-Saison in den Punkten

Die Formel-1-Beförderung war logisch. Was erwartet nun also sein neues Team AlphaTauri in der Königsklasse? Schließlich ist Red Bulls Nachwuchs-Programm für den erbarmungslosen Umgang mit den Fahrern bekannt. "Das dauert natürlich eine Zeit, bis ein Fahrer das alles gewohnt ist", will sein neuer Teamchef Franz Tost nicht übertreiben. Es gibt wieder neue Strecken wie die Amerika-Rennen zu lernen, und ein neues Auto. Obendrauf kommt auf einen F1-Piloten viel zusätzliche Marketing- und Medienarbeit zu.

Tsunoda mit AlphaTauri-Teamchef Franz Tost, Foto: Red Bull Content Pool
Tsunoda mit AlphaTauri-Teamchef Franz Tost, Foto: Red Bull Content Pool

"Aber ich denke, in der zweiten Hälfte, und wenn er die Strecken kennt, wie Barcelona, Silverstone, Österreich, Ungarn, wo er schon in der Formel 2 und Formel 3 gefahren ist, dann wird er hoffentlich Pierre [Gasly] schon richtig fordern", glaubt Tost trotzdem. "Schon in der Nähe von ihm auftauchen. Ich erwarte mir von ihm, dass er auch bald einmal in Q3 kommt und für das Team Punkte sammelt."

Tsunoda selbst will von keinem Druck von außen wissen - er macht sich nur selbst Druck, und will es sonst locker angehen: "Das wird meine Rookie-Saison, und ich werde vom Start weg hart pushen, um mich so gut wie möglich ans Auto zu gewöhnen. Ich habe auch keine Angst vor Fehlern. Natürlich werde ich versuchen, sie einzuschränken - aber sie werden anfangs passieren. Ich bin zuversichtlich, dass ich dann aus ihnen lernen kann, wie ich es im Vorjahr in der Formel 2 bewiesen habe."