MotoGP-Legende Valentino Rossi beendete 2021 nach 26 Saisons in der Motorrad-Weltmeisterschaft seine Karriere auf zwei Rädern. Der Italiener und das Motorrad waren schier unzertrennlich, doch um ein Haar wäre die Traumehe in einem Seitensprung geendet. Am 1. Februar 2006 absolvierte Vale seinen ersten offiziellen Formel-1-Test mit Ferrari. In unserer History-Serie 'On This Day' erinnert Motorsport-Magazin.com an das kurze Intermezzo, das Tifosi-Herzen für kurze Zeit höherschlagen ließ.

Formel 1 heute vor 18 Jahren: Valentino Rossi testet für Ferrari

Valentino Rossi ist mit neun WM-Titeln einer der erfolgreichsten Motorradrennfahrer der Geschichte, doch seine erste Leidenschaft hatte vier Räder. Bis 1991 fuhr er auf regionaler Ebene erfolgreich Go-Kart-Rennen, bis die hohen Kosten für den Kartsport ihn und Vater Graziano dazu veranlassten, sich auf den Motorradsport zu konzentrieren. Dort legte Rossi einen kometenhaften Aufstieg hin. 1996 debütierte er mit Aprilia in der 125cc-Klasse, ein Jahr später sicherte er sich den Titel.

Nach einem weiteren WM-Titel für den italienischen Hersteller in der 250cc-Kategorie stieg er in die Königsklasse auf, die er mit Honda ebenfalls im Sturm eroberte. Durch seinen Wechsel zu Yamaha stellte Rossi sich 2004 einer nächsten großen Herausforderung, die er in Form seines vierten WM-Titels in der MotoGP ebenfalls meisterte. Mit dem Status als unangefochtener Superstar des Motorradsports standen ihm alle Türen offen - selbst die zu Ferrari in der Formel 1.

Die Scuderia konnte das Interesse des Nationalhelden nicht unbeantwortet lassen und ließ Rossi in Fiorano einen F2004 pilotieren. Um den Test geheim zu halten, zog der damals 25-Jährige für die Ausfahrt den Helm von Michael Schumacher auf. Die Tarnung in den Farben des amtierenden Weltmeisters war perfekt, als Rossi auf der Teststrecke konkurrenzfähige Zeiten fuhr.

Valentino Rossi testete 2004 mit dem Helm von Michael Schumacher in Fiorano, Foto: Ferrari Press Office
Valentino Rossi testete 2004 mit dem Helm von Michael Schumacher in Fiorano, Foto: Ferrari Press Office

Rossi macht Ernst: Im Ferrari unter Schumacher, Alonso & Co.

Fahrer und Team leckten durch das Experiment Blut. Aus Rossis Ausflug wurden ernsthafte Überlegungen, der MotoGP den Rücken zu kehren und die Herausforderung an der Spitze des Automobilsports zu suchen. Am 1. Februar 2006 betrat Rossi an einem offiziellen Testtag in Valencia die Bühne der Formel 1, nachdem er am Vortag aufgrund von Regen lediglich eine Installationsrunde gedreht hatte.

Am Ende des Tages rangierte er auf Platz elf und ließ mit Robert Kubica, Mark Webber, Alexander Wurz und Gary Paffett immerhin vier F1-Routiniers hinter sich. Auf die Ferrari-Stammfahrer Michael Schumacher und Felipe Massa fehlten ihm 1,7 respektive 2,1 Sekunden. Anders als im Jahr 2004, war Rossi bei diesem Test jedoch nicht mit aktuellem Material unterwegs. Einzig Schumacher fuhr den neuen 248 F1, in dessen Heck gemäß dem neuen Reglement ein V8-Motor mit 2,4 Litern Hubraum seine Arbeit verrichtete.

Rossi und Massa waren jeweils mit einem F2004 unterwegs. Während der Brasilianer den neuen V8-Antrieb im alten Chassis erprobte, stand dem MotoGP-Star zu seiner Orientierungsfahrt ein F2004 mit dem dazugehörigen V10-Triebwerk in einer gedrosselten Ausführung zur Verfügung. Insgesamt spulte Rossi auf seinem Weg zur persönlichen Bestzeit von 1:12.851 Minuten 53 Runden ab.

Valentino Rossi zog sich bei seinem ersten offiziellen F1-Test achtbar aus der Affäre, Foto: Sutton
Valentino Rossi zog sich bei seinem ersten offiziellen F1-Test achtbar aus der Affäre, Foto: Sutton

Am darauffolgenden Tag absolvierte er ein identisches Pensum und verbesserte seine Rundenzeit auf 1:12.362 Minuten. Auf die Bestzeit von Renault-Pilot Fernando Alonso fehlten ihm 1,5 Sekunden. Bis auf einen Dreher bei nassen Bedingungen behielt Rossi in Valencia eine saubere Weste.

Schumacher attestierte ihm das Zeug zum Stammfahrer und der Tifosi-Traum vom italienischen Motorsport-Superstar im Ferrari-Cockpit schien zum Greifen nahe. Im Mai 2006 gab Rossi jedoch bekannt, bis auf Weiteres der MotoGP treu zu bleiben und für zwei weitere Jahre bei Yamaha unterschreiben zu haben. Ende 2008 testete er noch einmal mit Ferrari in Mugello, doch anstelle des Ferrari-Deals wurde es wieder ein Zweijahresvertrag bei seinem japanischen Arbeitgeber in der MotoGP.

Im Sommer 2009 versuchte Ferrari es ein letztes Mal. Nachdem Felipe Massa bei einem Freak-Unfall in Ungarn von einer Feder am Kopf getroffen und verletzt wurde, wandte sich Maranello zunächst an Schumacher. Der musste bei einem Test feststellen, dass eine im Winter bei einem Motorradunfall erlittene Nackenverletzung noch nicht ausgeheilt und er nicht einsatzfähig war. Zunächst gab man Testfahrer Luca Badoer die Chance, doch nach enttäuschenden Leistungen sah sich Ferrari nach einem anderen Ersatzfahrer um.

Ferrari trat für ein F1-Debüt mehrmals an Rossi heran, Foto: Sutton
Ferrari trat für ein F1-Debüt mehrmals an Rossi heran, Foto: Sutton

Rossi sollte beim Heimspiel in Italien übernehmen, doch der lehnte abermals ab. "Ich habe mit Ferrari darüber gesprochen, in Monza zu fahren, aber ohne Test hätte das keinen Sinn gemacht", argumentierte er damals in der italienischen Presse gegenüber der Gazzetta dello Sport. "Ich hatte für mich schon länger entschieden, dass ein Einstieg in die Formel 1 ohne Test mehr Risiko als Spaß ist. Du kannst nicht dorthin gehen und das Auto in nur drei Tagen verstehen."

Valentino Rossi im Mercedes F1 W08 aus der Saison 2017, Foto: Monster Energy
Valentino Rossi im Mercedes F1 W08 aus der Saison 2017, Foto: Monster Energy

Damit ließ Rossi seine letzte Chance auf eine Karriere in der Formel 1 verstreichen. Im Alter von 30 Jahren wechselte er in der MotoGP zu Ducati und gab seiner Laufbahn auf dem Motorrad eine neue Richtung. Eine weitere Fahrt in einem F1-Boliden war ihm 2019 dennoch vergönnt. Bei einem Sponsorenevent tauschte er in Valencia mit Mercedes-Star Lewis Hamilton die Arbeitsgeräte.

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