Dass die große Regel-Revolution in der Formel 1 aufgrund der Corona-Pandemie auf 2022 verschoben werden musste, ist für die sportliche Perspektive nicht unbedingt förderlich. 2021 wird somit zum Übergangsjahr, in dem zudem große Teile der Autos nicht weiterentwickelt werden dürfen. Weil die Dominanz von Dauerweltmeister Mercedes 2020 größer war als in den Jahren zuvor, stehen die Chancen auf eine spektakuläre Saison 2021 eher schlecht.

Bei genauerem Hinsehen gibt es aber doch zahlreiche Änderungen am Reglement. Bei Mercedes ist man deshalb vorsichtig. Technik-Chef James Allison sieht gleich zahlreiche Anpassungen, die die Silberpfeile abstumpfen lassen könnten.

Stolperfalle Nummer eins: Die Aerodynamik

Die Autos sind zwar zum Großteil eingefroren, die Aerodynamik darf aber frei entwickelt werden. Das ist auch nötig, weil es Änderungen am Reglement gibt. Die größte und sichtbarste Anpassung gibt es am Unterboden, aus dem an beiden Seiten vor den Hinterrädern ein Dreieck herausgeschnitten wird.

Der Unterboden wird abgeschnitten, die Schlitze verboten, Foto: Motorsport-Magazin.com/Ros F1
Der Unterboden wird abgeschnitten, die Schlitze verboten, Foto: Motorsport-Magazin.com/Ros F1

"Wenn man das einfach nur abschneidet, kann es dich in etwa eine Sekunde pro Runde langsamer machen", erklärt Allison. "Und dann kommen zu dieser Änderung noch drei weitere dazu." Die Schlitze am Unterboden verschwinden, die vertikalen Strömungsrichter im Diffusor werden etwas beschnitten, dazu wird die hintere Bremsbelüftung in manchen Bereichen etwas schmaler.

Auch am Diffusor gibt es kleinere Änderungen, Foto: Motorsport-Magazin.com/Ros F1
Auch am Diffusor gibt es kleinere Änderungen, Foto: Motorsport-Magazin.com/Ros F1

"Die Kombination dieser vier Effekte in ihrer reinsten Form bringt die Autos auf eine Performance auf 2019er Level", rechnet Allison vor. Die Ingenieure mussten deshalb im Windkanal mehr machen, als nur die Basis des letztjährigen Boliden weiterentwickeln.

Stolperfalle Nummer zwei: Die Reifen

Ursprünglich wurden die aerodynamischen Änderungen vorgenommen, um die Autos einzubremsen. Dieser Schritt war nötig, um die Reifen nicht zu überfordern, die eigentlich noch aus dem Jahr 2019 stammen. Aber Pirelli entwickelte die Reifen entgegen erster Ankündigungen weiter, bringt für das Übergangsjahr noch eine komplett neue Konstruktion und für die Vorderreifen sogar ein neues Profil.

Die Teams hatten nur während der Rennwochenenden in Portimao, Bahrain und Abu Dhabi Zeit, etwas Daten auf den neuen Pneus zu sammeln. "Das ist nicht besonders viel", klagt Allsion. "Denn diese Reifen beeinflussen die Art und Weise, wie das Auto performt, sie beeinflussen, wie man die aerodynamische Plattform auslegen muss und wie man das Auto einstellt. Unser Auto auf Basis der Testwerte und der Daten, die Pirelli uns liefert, auf die neue Reifencharakteristik einzustellen, war eine große Herausforderung."

Stolperfalle Nummer drei: DAS-Verbot

Mercedes überraschte die gesamte Formel-1-Welt 2020 mit einer Zwei-Achsen-Lenkung (Dual Axis Steering). Dadurch konnten Lewis Hamilton und Valtteri Bottas die Räder nicht nur einschlagen, sondern durch Drücken und Ziehen am Lenkrad auch die Spur geringfügig verstellen. Vor allem bei kalten Temperaturen und bei Safety-Car-Phasen half das, die Reifen auf Temperatur zu bringen.

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Die Konkurrenz protestierte gegen das System, blieb 2020 aber erfolglos. Allerdings wurde das Reglement 2021 angepasst: Zur neuen Saison muss Mercedes DAS ausbauen. "Das ist schade für uns", ärgert sich Allison. "Es war eine nützliche Sache an unserem Auto, es hat uns auf vielen Strecken im letzten Jahr gute Performance gebracht." Mercedes ist das einzige Team, das an dieser Front umbauen muss.

Stolperfalle Nummer vier: Budgetobergrenze

2021 gibt es erstmals in der Formel 1 eine Budgetobergrenze. Die Teams dürfen nur noch 145 Millionen US-Dollar ausgeben. Auch wenn es dazu zahlreiche Ausnahmen wie beispielsweise Fahrergehälter gibt, so muss Mercedes das bisherige Budget doch erheblich nach unten korrigieren. Allison bereitet der Budget Cap deshalb schon länger Kopfzerbrechen: "Wir haben 2020 das ganze Jahr über daran gearbeitet und haben den Winter über damit weitergemacht, um zunächst einmal zu verstehen, was die Regeln überhaupt bedeuten und dann, um Möglichkeiten zu finden."

Mercedes muss die Größe des Formel-1-Teams reduzieren. Das bedeutet nicht nur weniger Ressourcen, sondern auch andere Prozesse. Die Auswirkungen werden sich aber 2021 noch nicht so deutlich zeigen, entwickelt wurde der Bolide schließlich schon zuvor.

Stolperfalle Nummer fünf: Windkanal-Strafe

2021 gibt es erstmals unterschiedliche Windkanal- und CFD-Limits für jedes Team. Je besser ein Team in der Vorsaison war, umso weniger darf es die Aerodynamik im Windkanal und am Rechner mittels CFD entwickeln. In dieser Saison fallen die Schritte vergleichsweise klein aus: Pro Platzierung in der Konstrukteurs-WM gibt es 2,5 Prozentpunkte.

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Als Weltmeister hat Mercedes so 90 Prozent der Nominalkapazität an Windkanal-Stunden und CDF-Berechnung zur Verfügung. Red Bull kommt auf 92,5 Prozent, McLaren auf 95 Prozent und so weiter. Als Letzter hat Williams 112,5 Prozent. 2022 werden die Schritte größer: Pro WM-Platz gibt es 5 Prozentpunkte. Platz eins beginnt bei 70 Prozent, dem Letzten stehen 115 Prozent zu.

"Wir waren letztes Jahr gut, aber leider zahlen wir nun etwas den Preis dafür", so Allison. Bei Mercedes hat man den Kopf deshalb aber nicht in den Sand gesteckt. Ganz im Gegenteil. Die Ingenieure haben an den Prozessen gearbeitet, um die Windkanalzeit noch effizienter nutzen zu können. "Wir haben versucht, unsere Herangehensweise daran anzupassen, damit wir den Effekt abschwächen und vielleicht sogar komplett kompensieren können", verrät Allison.

Auch hier sind die Auswirkungen aber eher langfristiger Natur: Die Entwicklung der 2021er Autos dürfe ziemlich schnell eingestellt werden, weil 2022 der große Regelumbruch schließlich ansteht.