In der Formel-1-Saison 2022 befinden sich die USA abseits des neuen Rennens in Miami in einer anhaltenden Dürreperiode. IndyCar-Pilot Alexander Rossi war 2015 der letzte US-Boy, der seine Chance in der Königsklasse erhielt. Eine Chance, die in den Farben von Manor nicht so wirklich eine war. Doch die USA erlebten auch schon bessere Zeiten. 1973 schickte sich ein Rookie im biblischen Alter an, um sich mal eben in den Geschichtsbüchern des Sports zu verewigen. Anlässlich des 88. Geburtstags von George Follmer schaut Motorsport-Magazin.com auf die beeindruckende Karriere der US-Legende zurück.

Formel 1 heute vor 88 Jahren: Spätzünder George Follmer wird geboren

Max Verstappen bestreitet 2022 im Alter von 24 Jahren seine achte Saison in der Formel 1. Durch die Einführung der Altersgrenze von 18 Jahren wird Red Bulls Wunderkind wohl auf ewig den Rekord für den jüngsten Rookie in der Königsklasse sein Eigen nennen dürfen. Im Alter von 17 Jahren, fünf Monaten und 15 Tagen debütierte Verstappen am 15. März 2015 in Melbourne. Das heutige Geburtstagskind war das genaue Gegenteil des in der modernen Formel 1 vorherrschenden Jugendwahns.

Der am 27. Januar 1934 in Phoenix, Arizona geborene George Follmer gab sein Debüt in einem nach heutigen Maßstäben biblischen Alter. Mit 39 Jahren, einem Monat und vier Tagen nahm er am 3. März 1973 für Shadow beim Grand Prix von Südafrika an seinem ersten Formel-1-Rennen teil. Damit gilt er auch 48 Jahre später noch als der älteste Rookie seit der Nachkriegsära. Zum Vergleich: der älteste Einsteiger der letzten 20 Jahre war Andre Lotterer. Er nahm 2014 in Spa-Francorchamps im Alter von 32 Jahren, neun Monaten und fünf Tagen an seinem einzigen GP teil.

Follmer hätte mit seinem Jahrgang gut und gerne schon in der Formel 1 der Nachkriegszeit antreten können, als selbst Spitzenpiloten wie Juan Manuel Fangio im Alter jenseits der 40 Jahre an der Weltspitze fuhren. Doch der US-Amerikaner war ein Spätzünder. Nach ersten Erfahrungen in einem VW Käfer legte er sich 1959 einen gebrauchten Porsche Speedster zu, um im Motorsport richtig durchzustarten. In einem Lotus 23, angetrieben durch den Motor eines Porsche 904, gewann er 1965 den Titel in der US-amerikanischen Rundstreckenmeisterschaft USRRC.

George Follmer gewann 1972 im Porsche 917 von Roger Penske die Can-Am, Foto: LAT Images
George Follmer gewann 1972 im Porsche 917 von Roger Penske die Can-Am, Foto: LAT Images

Formel 1 mit Shadow: Follmer zur richtigen Zeit am richtigen Ort

Dank dieses Durchbruchs machte sich Follmer auf nationaler Ebene einen Namen. In der Folge trat er nicht nur in den nordamerikanischen Sport- und Tourenwagenserien Can-Am und Trans-Am an, sondern sammelte auch in der USAC, dem Vorgänger der IndyCar, erste Erfahrungen im Formelsport. Darüber hinaus betrat er in einem US-amerikanischen Ferrari-Team bei den 24 Stunden von Le Mans 1966 die internationale Bühne.

1972 gelang ihm als einzigem Fahrer in der Geschichte das Double aus Titelgewinn in Trans-Am und Can-Am. Der Triumph in der Sportwagenserie schindete besonders viel Eindruck, da er im Porsche 917/10 von Roger Penske lediglich als Ersatzfahrer für den verletzten Top-Fahrer Mark Donohue eingesprungen war. Follmer war nicht nur erfolgreich, sondern auch zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Denn das seit 1968 ebenfalls in der Can-Am aktive Team Shadow Racing Cars bereitete für 1973 den Einstieg in die Formel 1 vor. Rennstallbesitzer Don Nichols bediente sich bei der Fahrerwahl kurzerhand am heimischen Teich und verpflichtete Landsmann Follmer.

Shadow stieg 1973 in die Formel 1 ein und setzte sein Vertrauen in Follmer, Foto: LAT Images
Shadow stieg 1973 in die Formel 1 ein und setzte sein Vertrauen in Follmer, Foto: LAT Images

Nach zwei Rennen mehr Podien als Nico Hülkenberg

Nach einem holprigen Start in die Debütsaison gelang Shadow erst beim dritten Rennen in Kyalami der erste Auftritt mit dem DN1. Doch das Warten hatte sich gelohnt. Das Chassis aus der Feder von Tony Southgate sah nicht nur schnell aus, es war auch auf Anhieb ein ernstzunehmender Gegner für das Establishment im Mittelfeld. Follmer fuhr in seinem ersten Rennen überraschend auf den sechsten Platz und holte einen WM-Punkt.

Auf den Einstand nach Maß musste Shadow fast zwei Monate warten, bis Follmer und Teamkollege Jackie Oliver zum zweiten Kräftemessen in der Königsklasse antreten durften. Doch der Grand Prix von Spanien sollte sämtliche Erwartungen des jungen Teams noch einmal übertreffen. Von der 14. Startposition aus erkämpfte Vollmer auf dem anspruchsvollen Straßenkurs von Montjuic sensationell Platz drei. Als letzter Fahrer blieb er hinter Sieger Emerson Fittipaldi und Francois Cevert in der Führungsrunde. Mit dem ersten Podest im zweiten Rennen sicherte er sich in kürzester Zeit seinen Platz in den Geschichtsbüchern der Formel 1.

Beim Grand Prix von Spanien fuhr Follmer im zweiten Rennen sensationell auf das Podest, Foto: LAT Images
Beim Grand Prix von Spanien fuhr Follmer im zweiten Rennen sensationell auf das Podest, Foto: LAT Images

Follmer beendet Karriere mit spätem Erfolg in Le Mans

Dieser frühe Höhepunkt seiner Grand-Prix-Laufbahn sollte letztendlich auch das Highlight bleiben. In den darauffolgenden 13 Rennen gelang es ihm nicht, an die schnellen Erfolge vom Auftakt anzuknüpfen. Wohl auch, weil er parallel versuchte seinen Titel in der Can-Am zu verteidigen. Mit einem Sieg scheiterte er nur knapp an dieser Mission und wurde Vizemeister. Trotz seiner guten Leistungen in der F1 verschwand Follmer Ende 1973 nach 15 Starts zurück in die USA, wo er seine Karriere als Motorsport-Allrounder fortsetzte.

Neben seinen festen Engagements in Can-Am und Trans-Am nahm er vereinzelt am Indy 500 sowie an NASCAR-Rennen teil. Eine Rückkehr in den internationalen Motorsport krönte 1986 seine vielseitige Laufbahn. Bei den 24 Stunden von Le Mans trat er zusammen mit seinen Landsleuten John Morton und Kenper Miller auf einem Porsche 956 von Joest Racing an. Das Trio belegte hinter den beiden Porsche 962 vom Werksteam und Brun Motorsport sensationell Platz drei. Nach diesem Erfolg zog er sich im Alter von 52 Jahren endgültig aus dem aktiven Rennsport zurück. 1999 erhielt er die Aufnahme in die US-amerikanische Hall of Fame des Motorsports.

George Follmer und seine Teamkollegen beendeten die 24 Stunden von Le Mans 1986 als bester Porsche 956, Foto: LAT Images
George Follmer und seine Teamkollegen beendeten die 24 Stunden von Le Mans 1986 als bester Porsche 956, Foto: LAT Images

Was sonst noch geschah:

Vor 42 Jahren: In der Saison 1980 gastierte die Formel 1 zum letzten Mal auf dem ursprünglich 7,873 km langen Layout von Interlagos. Eigentlich hatte der Grand Prix von Brasilien für seine achte Ausgabe bereits nach Rio de Janeiro umziehen sollen, doch die Rennstrecke von Jacarepagua war aufgrund von Baumängeln nicht für den Auftritt gewappnet. Für das zweite Rennen des Jahres wich man deshalb auf Interlagos aus.

Aufgrund von Sicherheitsbedenken auf der noch nicht modernisierten Anlage drohten die Piloten zunächst mit einem Boykott, doch die Veranstaltung fand schlussendlich trotz der Streitigkeiten planmäßig statt. Auf 850 Meter über dem Meeresspiegel hatte Renault mit dem einzigen Turbomotor im Feld das Geschehen fest in der Hand. Der von der Pole Position gestartete Jean-Pierre Jabouille schied kurz nach Rennhälfte mit einem Turbolader-Defekt aus, doch Teamkollege René Arnoux feierte vor Elio de Angelis (Lotus) und Alan Jones (Williams) einen dominanten Sieg.

Vor 48 Jahren: Der Brasilien GP etablierte sich nach seinem Debüt im Jahr 1973 als Auftakt in die Formel-1-Saison. Am 27. Januar 1974 erlebte die Königsklasse in Interlagos einen zuweilen chaotischen Sonntag. Zunächst musste der Start verschoben werden, da die Fans auf der Haupttribüne die Start- und Zielgeraden unter anderem mit zerbrochenem Glas verschmutzt hatten. Bei Rennfreigabe musste sich Emerson Fittipaldi (McLaren) von der Pole Position aus Carlos Reutemann (Brabham) und Ronnie Peterson (Lotus) geschlagen geben.

Mit dem Schweden lieferte sich Fittipaldi wenig später ein sehenswertes Duell, bis dieser durch einen Reifenschaden gestoppt wurde. Der Lokalmatador fuhr daraufhin souverän zu seinem zweiten Heimsieg in Serie, allerdings nicht ohne mit den für Interlagos typischen Wetterkapriolen konfrontiert zu werden. In der 32. Runde musste das Rennen aufgrund starker Regenfälle abgebrochen werden. Clay Regazzoni (Ferrari) und Jacky Ickx (Lotus) komplettierten das Podest.