Die Erwartungshaltung gegenüber Aston Martin ist vor der Formel-1-Saison 2021 hoch. Das ehemalige Racing-Point-Team erreichte dank der Investitionen von Teambesitzer Lawrence Stroll im Vorjahr neue Höhen. Durch die Verpflichtung von Sebastian Vettel haben die Mittelfeld-Helden aus Silverstone erstmals seit Damon Hill im Jahr 1998 wieder einen Weltmeister im Cockpit. Sein Wissen soll den entscheidenden Input bringen. Teamkollege Lance Stroll hingegen glaubt nicht an die schnelle Transformation zum Top-Team.

"Er ist sehr erfahren und weiß, was ein Team braucht um erfolgreich zu sein. Aber ich persönlich erwarte nichts Besonderes", so Stroll gegenüber der französischen Zeitschrift Auto Hebdo. Der Kanadier geht dieses Jahr in seine fünfte Formel-1-Saison. Seit 2019 geht er für den Rennstall seines Vaters an den Start, welcher Vorgänger Force India Mitte 2018 vor der Insolvenz bewahrte.

Finanziell angeschlagen war Racing Point im Mittelfeld zunächst zurückgefallen, bevor die Ressourcen durch den neuen Eigentümer sich bemerkbar machten. Für 2020 wurde das in den Vorjahren verfolgte Konzept bei der Fahrzeugentwicklung über Bord geworfen und stattdessen eine Kopie des Weltmeisterautos von 2019 umgesetzt. Der von der Konkurrenz zynisch als pinker Mercedes bezeichnete RP20 erwies sich auf Anhieb als großer Schritt.

Aston Martin von Racing Points DNA abhängig

Trotz Platz vier für Sergio Perez in der Weltmeisterschaft brachten strategische Fehlentscheidungen und fehlende Konstanz das Team um Platz drei in der Konstrukteurswertung. Mit dem britischen Sportwagenhersteller als Branding und einem viermaligen Weltmeister im Auto ist der Anschluss an die Top-Teams das erklärte Ziel.

"Mit einem neuen Namen, überzeugten Teilhabern, frischem Investment und mit einem erfahrenen Team haben wir denke ich alle Zutaten, um für noch mehr Podien und hoffentlich auch Siege zu kämpfen", kündigte Teamchef Otmar Szafnauer unlängst an. Sein Fahrer hingegen bremst die Euphorie.

Formel 1: Was kann Aston Martin 2021 erreichen? (22:01 Min.)

"Mehr Ressourcen zu haben und sich Aston Martin zu nennen, wird die DNA dieses Teams nicht verändern", gibt sich Stroll skeptisch. "Wir werden dieses Jahr nicht auf einmal ein großes Team sein. Alles was du brauchst, zu haben, ist eine Sache. Aber es auch umzusetzen, ist einer andere."

Ähnlich wie Ferrari oder Red Bull sieht er jedoch in den Änderungen des Technischen Reglements eine Chance, Boden auf die Spitze gutzumachen: "Die Änderungen bei der Aerodynamik sind eigentlich einschneidender, als es scheint. Es ist für alle eine neue Herausforderung und ich weiß, wozu wir in der Lage sind."

Vettel und Stroll müssen sich beweisen

Über die Jahre erarbeitete sich das Team aus Silverstone den Ruf als Effizienzwunder. Mit wenig Ressourcen gelangen Force India respektive Racing Point immer wieder Underdog-Erfolge, bis hin zum sensationellen Sieg von Sergio Perez beim Sakhir GP im vergangenen Dezember. Doch um dieses Potential auszuschöpfen, bedarf es zweier ebenbürtiger Fahrer. 2020 landete Stroll 50 Punkte hinter seinem Teamkollegen. Für Platz drei fehlten Racing Point in der Endabrechnung nur sieben Zähler auf McLaren.

Mit Vettel wurde nun ein Pilot verpflichtet, der in den vergangenen zwei Jahren bei Ferrari jeweils deutlich Stallgefährte Charles Leclerc unterlag und obendrein mit einer hohen Fehlerquote auffiel. Unter Experten wird der Rauswurf von Perez kritisch gesehen, agierte der Mexikaner doch seit 2014 als zuverlässiger Erfolgsgarant des Teams.

Stroll fühlt sich Aston Martin gewachsen

Vettel ist zwar ein Fragezeichen, doch sein Potential ist trotz der Krise bekannt und die Möglichkeit einer Wiederauferstehung gegeben. Nicht wenige hätten die Paarung Vettel und Perez daher für erfolgversprechender gehalten. Doch Stroll zweifelt nicht an den eigenen Qualitäten. "Ich habe nie den Gedanken gehabt, dass ich jemandem den Platz wegnehme", wiegelt er ab.

Letztendlich ermöglichte der RP20 ihm, erstmals aus dem Schatten des hinteren Mittelfeldes hinauszutreten. Mit der Pole Position für den Türkei GP setzte er ein starkes Ausrufezeichen. Seine Reputation profitierte von dem Aufschwung. "Ich habe letztes Jahr so wie immer gearbeitet. Wenn jemand denkt, dass ich mich gut gemacht habe, ist das umso besser", sagt er.