Die Saison 2020 wird in die Ferrari-Historie eingehen. Der Vizeweltmeister von 2019 rutschte auf den sechsten Rang in der Konstrukteurswertung ab. Schlechter war die Mythosmarke zuletzt vor 40 Jahren, als Ferrari Zehnter in der Weltmeisterschaft wurde.

"Unser Performance-Level war unangemessen für uns", gibt sich Teamchef Mattia Binotto selbstkritisch und fügt an: "Wir fühlen uns verantwortlich für die Firma und für die Fans. Es war ein sehr hartes Jahr, noch härter, als wir im Winter erwartet hatten."

Binotto lieferte auch Erklärungen, warum 2020 zu einem solchen Desaster wurde. Kernproblem war der Motor. Die Direktiven der FIA warfen Ferrari weit zurück, die Ingenieure in Maranello konnten die Grauzonen nicht mehr so weit ausloten.

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Das Problem: Updates während des Jahres waren verboten. Während der Coronapause hatten sich die Teams darauf geeinigt, keine Motorenupgrades zuzulassen, um Geld zu sparen. "Wir haben den Freeze akzeptiert, obwohl wir kein konkurrenzfähiges Auto hatten. Das haben wir gemacht, um den kleinen Teams zu helfen. Es war nicht einfach, aber wir haben unsere Verantwortung für den Sport wahrgenommen", so Binotto.

Hätte ein Motor-Update Schlimmeres verhindert?

Nur durch die Zustimmung von Ferrari konnten die Sparmaßnahmen während der Saison durchgesetzt werden. "Sonst hätten wir sicherlich schon eine überarbeitete Power Unit während der Saison gebracht", erklärt Binotto. "Damit hätten wir nicht den schlechtesten Motor im Feld gehabt."

"Mit mehr Freiheiten hätten wir sicherlich einen besseren Job gemacht", ist sich der Ferrari-Boss mit Schweizer Wurzeln sicher. Als Ausrede will er das nicht gelten lassen: "Das ist aber nicht relevant."

Ferrari nimmt 2021 neuen Simulator in Betrieb

Auf der anderen Seite half Ferrari der Freeze auch. "Es war ein schlechtes Jahr, aber wir haben dabei auch in die Zukunft investiert. Wir haben ein starkes Fundament für die Zukunft geschaffen", lobt Binotto. Dabei wurde die Infrastruktur erneuert, ein neuer Simulator soll Mitte 2021 in Betrieb genommen werden.

Zu sehr dürfe man sich darauf aber nicht ausruhen, das weiß auch Binotto. Zumal er durch den Rücktritt von Ferraris Geschäftsführer Louis Camilleri auch einen Unterstützer in den eigenen Reihen verlor. Binotto ist sich dessen bewusst: "Alles, was ich gemacht habe, wurde auch von unserem Präsidenten John Elkann und unserem Vizepräsidenten Piero Ferrari getragen. Ich genieße ihr Vertrauen und ihre Unterstützung. Es wird keine Änderungen geben. Meine Zeit ist nicht endlos, das weiß ich auch. Wir müssen besser werden. Ich weiß, dass wir als Team und ich als Teamchef in den nächsten Jahren gut abschneiden müssen."

Ferrari will zurück in die Top-3

Obwohl ein Großteil des Autos für 2021 eingefroren ist, sind die Ziele des Teams ambitioniert. "Wir müssen realistisch sein, der Abstand auf ganz vorne ist zu groß. Mercedes hat 2020 keine Updates mehr gebracht, sie haben sich schon auf 2021 konzentriert und werden da wieder sehr gut sein. Der Titel ist nicht realistisch. Aber wir waren - abgesehen vom letzten Jahr - in vier der letzten fünf Saisons Zweiter. Einmal waren wir Dritter. Dieses Ziel ist mit diesem Team nicht unmöglich", glaubt Binotto.

"Dritter ist unser Minimalziel", verdeutlicht der Teamchef. Allerdings mahnt er auch: "Racing Point und AlphaTauri bekommen kostenlose Token. Wir haben davon nur zwei. McLaren wechselt außerdem auf Mercedes-Motoren, da werden sie auch Performance gewinnen. Unsere Konkurrenz ist nicht schwach."

Ferrari setzt große Hoffnungen in den neuen Motor. Ob der wieder auf dem Performance-Niveau von 2019 sein wird, will Binotto nicht verraten. "Das ist nicht wichtig", erklärt er. "Denn es geht darum, wie man relativ zu den anderen steht. Alle haben durch die Direktiven Performance verloren. Von den Daten würde ich sagen, dass wir nicht die schlechtesten sein werden, aber ich weiß natürlich nicht, was die anderen gemacht haben. Wir werden vielleicht nicht die besten bei der Power Unit sein, aber konkurrenzfähiger."

Ferrari will Aerodynamik anpassen

Der Motor war 2020 nicht Ferraris einzige Baustelle. "Das Auto hatte auch zu viel Luftwiderstand", weiß Binotto. Das Problem: Ferrari wusste erst spät, dass man beim Motor zurückrüsten musste. Entsprechend wurde die Aerodynamik ausgelegt. "Das Problem des Luftwiderstands haben wir für 2021 auf jeden Fall adressiert", verspricht der ehemalige Technische Direktor des Rennstalls.