Alle Jahre wieder schöpft Red Bull mit einer zweiten starken Saisonhälfte in der Formel 1 neuen Mut. Max Verstappens Triumph in Abu Dhabi war wieder einer dieser Momente, der die Hoffnungen für ein erfolgreicheres 2021 schürt. Reicht der zweite Atem diesmal für die große WM-Offensive? Red Bull sieht im RB16 die Basis für ein Weltmeister-Auto. Mercedes-Teamchef Toto Wolff hakt die Final-Niederlage als Lektion ab.

"Es war großartig, Red Bull und Max Verstappen aus eigener Kraft siegen zu sehen. Dieses Ergebnis macht uns optimistisch, dass es nächstes Jahr mehr großartige Kämpfe an der Spitze geben wird, vor allem weil sich die Autos nicht so sehr verändern", sagt Formel-1-Sportdirekor Ross Brawn. Für Promoter Liberty Media wäre dies nach sieben WM-Titeln in Folge für Mercedes, von denen sechs an Lewis Hamilton gingen, ein absolutes Traumszenario.

2020 waren sämtliche Hoffnungen auf eine spannende Weltmeisterschaft schon mit den ersten Rennen erledigt. Mercedes stellte mit dem F1 W11 ein Auto auf die Beine, dass in Sachen Dominanz an die Jahre 2014-2016 anknüpfte, als die Silberpfeile sich nur in seltenen Fällen mit Gegenwehr von Ferrari respektive Red Bull auseinandersetzen mussten. In diesem Jahr war dies lediglich in Silverstone und Abu Dhabi der Fall, als Verstappen ganz ohne Pech bei den Weltmeistern siegreich war.

Verstappen macht Druck für 2021

"Es ist ermutigend. Am Jahresanfang hatte Mercedes einen großen Vorsprung und im Verlauf der Saison hat Red Bull ihn aufgeholt. Der RB16 lief nicht, aber dann haben sie es in den Griff bekommen", analysiert Brawn. "Abu Dhabi hat bewiesen, dass es in der Formel 1 auf Details ankommt. Mercedes war diesmal nicht ganz auf der Höhe und Red Bull hat das Wochenende perfekt ausgeführt."

Mercedes trug die Klatsche mit Fassung, nachdem Konstrukteurs- und Fahrer-WM längst eingetütet waren. "Du kannst sehen, dass jeder Schwächen hat. Wir waren an diesem Wochenende nicht in unserer Bestform. Das ist einfach Fakt. Red Bull hat fair gewonnen", so Wolff. "Wir nehmen dieses Rennen als Klaps auf die Finger. Es war kein tolles Wochenende für uns. Unser Auto hat uns das ganze Jahr nie hängen gelassen, abgesehen vielleicht von diesem letzten Wochenende."

Für Verstappen kam der Sieg durchaus überraschend. "Das Auto hat generell sehr stark performt, besser als erwartet", so der 23-Jährige, der in seiner sechsten Saison mit Red Bull endlich von Anfang an konkurrenzfähig sein will: "Es ist toll, die Saison so zu beenden. Das ist für alle ein guter Boost. Ich hoffe, wir lernen aus den vergangenen Jahren, denn wir müssen zu Beginn der Saison stärker sein und ihnen das Leben schwer machen."

Max Verstappen feierte in den Farben Red Bulls bisher zehn GP-Siege, Foto: LAT Images
Max Verstappen feierte in den Farben Red Bulls bisher zehn GP-Siege, Foto: LAT Images

Red Bull setzt auf den RB16B

Red-Bull-Teamchef Christian Horner ist zuversichtlich, dass der Aufschwung zum Saisonende diesmal richtungsweisend ist. "Wir müssen nicht wieder bei Null anfangen. Ein Großteil des Autos wird übertragen. Was wir in ein paar Monaten haben werden, wird mehr oder weniger das sein, womit wir die Saison beendet haben, nur mit den entsprechenden Upgrades", sagt er mit Blick auf die für 2021 eingeschränkte Entwicklung.

Aufgrund der weltweiten Krisensituation wurde im Sommer der Beschluss gefasst, die 2020er Boliden auch im kommenden Jahr einzusetzen, allerdings mit einem gravierenden Einschnitt in die Aerodynamik des Unterbodens. "Wir werden zum ersten Mal in unserer Geschichte unser neues Auto 16B anstatt 17 nennen", kündigt Horner einen Bruch mit der traditionellen Typenbezeichung für den nächstjährigen Red Bull an.

Aufgrund des veränderten Unterbodens muss auch die restliche Aerodynamik angepasst werden, doch der Teamchef erwartet, dass rund zwei Drittel des diesjährigen Konzepts übernommen werden. "Wir werden 60 bis 70 Prozent übernehmen", erklärt er. "Getriebe, Teile des Chassis und der Aufhängung. Viele Bereiche des Autos sind festgelegt, aber die Aerodynamik kann für nächstes Jahr angepasst werden."

Für das letzte gemeinsame Jahr wird Honda vor dem Ausstieg Ende 2021 noch einmal in die Pflicht genommen. "Wir wissen, dass wir viel am Auto verbessern müssen. Uns sind die Bereiche, an denen wir arbeiten müssen, bekannt. Aber die beziehen sich nicht nur auf das Auto, sondern auch auf die Leistung", so Verstappen.