Lewis Hamilton ist zum siebten Mal Formel-1-Weltmeister. Damit hat der Brite den letzten wichtigen Rekord Michael Schumachers eingestellt. Die meisten bedeutenden Rekorde hat der Champion bereits gebrochen, sportlich geht es somit allenfalls noch darum, sich zum alleinigen Rekordweltmeister der Königsklasse zu krönen. Dafür muss allerdings noch immer ein neuen Mercedes-Vertrag für 2021 und/oder länger her. Den will Hamilton auch unterschreiben. Das beteuerte der Brite nach einer eher gegenteiligen Aussage in Imola zuletzt wiederholt deutlich.

Bis dato sprachen Hamilton und Motorsportchef Toto Wolff stets davon, die Verhandlungen hätten nicht einmal begonnen. Wahlweise lieferten sie Infektionssorgen wegen der Corona-Pandemie, terminliche Probleme oder ihre Fokussierung auf die noch offenen WM-Entscheidung als Argumente für die Verzögerungen. Das Thema Gehalt spielten derweil weitgehend einzig manche Medien, diverse Summen kursierten über die vergangenen Wochen hinweg.

Toto Wolff: Von Hamilton-Erfolg nicht in Ecke gedrängt

Einzig auf direkte Nachfragen nahm Wolff zuletzt in Istanbul Stellung zu dem finanziellen Aspekt. So sei Hamilton durch WM-Titel Nummer sieben mit einer brillanten Fahrt in der Türkei erneut teurer geworden, hieß es da mitunter. In die Ecke gedrängt fühle er sich allerdings nicht, erklärte Wolff bereits zuvor, am Freitag in der Türkei. „Es ist eine gesunde gegenseitige Abhängigkeit“, sagte der Österreicher. „Wir hätten ihn gerne im Auto und ich denke, dass er den Mercedes fahren will, weil er konkurrenzfähig ist. Also nein - die Balance ist gut.“

Eher gegen Ende des Jahres sei mit der Bestätigung zu rechnen, so Wolff. Eine Deadline nennt der Motorsportchef weiter nicht. Man wolle sich nicht unter Druck setzen. „Wenn es getan ist, ist es getan“, sagte Wolff am Sonntag. Anfang der Woche ergänzte in der britischen BBC: „Wir geben uns jetzt ein paar Tage, dann beginnen wir, darüber zu sprechen.“ Direkt nach dem Titelgewinn sei nämlich auch nicht der richtige Zeitpunkt. Wolff: „Das wäre für die Leistung nicht gerecht.“

Lewis Hamilton will unbedingt in Formel 1 bleiben

Zumal ihn und Hamilton mehr eine freundschaftliche als geschäftliche Beziehung verbinde, Vertrauen herrsche. „Dieser eine Verhandlungstag ist da etwas, das wir nicht so genießen, weil es das einzige Mal ist, dass wir keine gemeinsamen Absichten haben. Der beste Deal ist, wenn beide Parteien nicht ganz zufrieden sind.“

Das alles heißt auch: Dass es letztlich zu einer Unterschrift kommen wird, erwartet Wolff ohne Zweifel. Ähnlich hört es sich bei Hamilton an. Der Brite spricht längst nicht mehr über das Ob, sondern nur noch das Was. „Es wurde noch nichts unterschrieben, aber ich bin mir sicher, dass es passieren wird", sagte Hamilton am Sonntag. „Ich würde es lieben, zu bleiben Ich will hier sein [in der Formel 1]. Ich fühle mich noch immer jung und voller Energie, fühle mich noch immer hungrig. Was verrückt ist, denn ich habe ja diesen siebten Titel gewonnen“, führte Hamilton am Mittwoch im Frühstücksfernsehen der BBC aus.

Kampf für Gleichheit & Nachhaltigkeit - auch in Formel 1

Nahezu dieselben Worte hatte Hamilton zuvor schon am Sonntag nach dem Titelgewinn und am Donnerstag zuvor in einer Pressekonferenz gefunden. Im Zoom-Call seines ersten Interviews im Vereinigten Königreich nach dem siebten Titel ergänzte Hamilton allerdings, einen „großen Kampf“ noch nicht gewonnen zu haben. „Und das ist die Rassengleichheit rund um den Globus. Und Diversität innerhalb meines Sports. Ich dachte, dass ich da helfen könnte, einfach weil ich nur da bin“, sagte der noch immer erste wie einzige dunkelhäutige F1-Fahrer. „Aber ich habe festgestellt, dass das nicht der Fall ist ...“

Soll heißen: Hamilton will auch weiterfahren, um mit seiner Prominenz für solche Dinge zu kämpfen. Nicht nur global, sondern auch zielgerichtet im Kosmos der Formel 1 und bei Mercedes. Von diesem Gesamtbild hatte Hamilton schon am Donnerstag vor dem Türkei Grand Prix gesprochen. Auch die Themen Nachhaltigkeit und Menschenrechte inkludierte Hamilton dabei. „Da gibt es noch viel Arbeit zu erledigen. Wir haben gerade erst angefangen [...] Ich will der Formel 1 auf dieser Reise helfen, ich will Mercedes helfen. Ich will versuchen, ob ich zumindest in der Anfangsphase Teil davon sein kann, für ein wenig länger“, sagte Hamilton.

Premierminister soll Hamilton für Ritterschlag empfehlen

Nicht zuletzt all das könnte den vielleicht den Ausschlag im Hinblick auf den noch immer fehlenden Ritterschlag durch die Queen geben. So forderte jüngst bereits eine Gruppe britischer Abgeordneter Premierminister Boris Johnson auf, der Queen eine Aufnahme Hamiltons in die Ritterschaft zu empfehlen - allein schon wegen Erreichen des Rekord-Titels. Einen Tag später wurde Hamilton zur einflussreichsten dunkelhäutigen Person Großbritanniens gewählt.

Hamilton würde das die Welt bedeuten. „Wie jeder andere auch bin ich mit Bewunderung für die Königliche Familie aufgewachsen. Wenn es eines Tages auf diese Weise geehrt werde, dann wäre es der glücklichste Tag überhaupt“, sagte Hamilton in dem BBC-Interview. „Sie [die Queen] ist eine Ikone!“ Deshalb freute sich Hamilton über einen Glückwunsch zum siebten WM-Titel auch ganz besonders. Tatsächlich hatten ihm die ‚Royals’ via Twitter gratuliert. „Das war das größte, was ich in der Hinsicht je erlebt habe“, sagte Hamilton.

Royals gratulieren Hamilton, stolze Eltern wichtiger

Wichtiger seien Anerkennung und Wertschätzung allerdings von einer anderen Stelle. Von Toto Wolff wegen des Vertrags? Nein. „Ich mache das hier alles nicht für die Anerkennung. Die wichtigsten Leute für mich sind meine Schwester, mein Bruder, meine Mum, meine Nichten und Neffen und natürlich mein Dad und meine Stiefmutter. Das brauche ich. Keine Anerkennung ist besser als deine Eltern, die dir sagen, dass sie stolz sind.“

Mit der Familie will Hamilton nun auch seinen Titel feiern - sobald die globale Lage das auf angemessene Weise erlaube. „Dann werde ich meine Familie irgendwo mit hinnehmen, Erinnerungen schaffen und feiern. Feiern, einfach, indem ich mit ihnen zusammen bin. Dieses Jahr konnte ich sie kaum sehen. Das war hat“, sagte Hamilton mit Blick auf die Risiken der Corona-Pandemie.

Mercedes-Vertrag: Hamilton will mehr Home Office

Unabhängig davon sei mehr Zeit für sich selbst auch in Sachen Vertrag wichtig. „Das war schon immer Teil der Gespräche“, verriet Hamilton. „Ich brauche mehr Zeit. Und dieses Jahr hat gezeigt, dass du von Zuhause aus arbeiten kannst. Deshalb bin ich sicher, dass in meinem Vertrag viel mehr Zoom-Tage stehen werden als Präsenztage. Das ist gut“, ergänzte Hamilton - trotz eines 2021 geplanten Rekord-Rennkalenders mit 23 Grands Prix.

Wie viel Hamilton seine Freiheiten bedeuten, wurde in den vergangenen Jahren stets offensichtlich. Mercedes führte den Briten stets an der langen Leine. Musik, Reisen, Fashion-Shows & Co. - Hamilton durfte sich immer austoben. Weil Toto Wolff erkannte, dass Hamilton nur so funktioniert: „Ich habe seine vielfältigen Interessen immer unterstützt [...] seit er damit angefangen hat, kommt das Beste in ihm zum Vorschein.“

Eine komplexe Angelegenheit werde das nicht. „Ich erkenne an, dass er eine bessere Work-Life-Balance möchte. Es ist ja für uns alle hart mit der ganzen Reiserei“, sagte Wolff. Besser als jeder andere Vertrag sei allerdings schon sein aktueller, glaubt Hamilton. Es geht - neben sicherlich durchaus einiger Diskussionen rund um das Salär eines Rekordweltmeisters - also offenbar tatsächlich allenfalls um minimale Details ...