Lewis Hamilton schrieb die Geschichtsbücher der Formel 1 in der Türkei auf denkwürdige Weise um. Mit dem britischen Jahrhunderttalent hat die Königsklasse des Automobilsports neben Michael Schumacher einen weiteren Rekordweltmeister. Längst hatte Hamilton im vergangenen Jahrzehnt mit Mercedes seine eigene Ära begründet, doch der siebte WM-Titel stellt ihn endgültig auf eine Stufe mit der über viele Jahre alleine herrschenden Ferrari-Legende.

Es ist das dritte Mal in der 70-jährigen Historie der Formel 1, dass sich zwei Fahrer den rumreichen Titel des Rekordweltmeisters teilen. In der Saison 1954 zog Juan Manuel Fangio mit den zwei WM-Titeln von Alberto Ascari gleich. Der argentinische Grand-Prix-Pionier krönte sich in den drei darauffolgenden Jahren jeweils zum Champion und erreichte damit die magische Marke von fünf Weltmeisterschaften.

Unglaubliche 45 Jahre hatte Fangio den Formel-1-Olymp für sich allein, bis ihn Michael Schumacher 2002 einholte. Die Ära des Kerpeners und der Scuderia Ferrari erstreckte sich bis 2006 und brachte 2003 und 2004 zwei weitere WM-Titel mit sich. Doch schon damals prophezeite er, dass auch seine Errungenschaften vergänglich sind.

"Niemand und auch ich selbst hätte nicht gedacht, dass jemand die fünf [WM-Titel] von Fangio schlagen könnte, und dann habe ich es geschafft und sogar auf sieben erhöht. Rekorde sind da, um gebrochen zu werden und ich sehe es ganz entspannt, dass das eines Tages passieren wird", so Schumacher in einem Interview während seiner Mercedes-Zeit.

Schumacher vs. Hamilton - Statistik nach Formel-1-Weltmeisterschaft Nr. 7

16 Jahre später ist Schumachers Prophezeiung eingetreten - und die Zahlen zeigen die eine oder andere Parallele zwischen den beiden Rekordfahrern. Schumacher und Hamilton eroberten Weltmeistertitel Nummer sieben beide im Alter von 35 Jahren und in ihrer 14. Saison in der Formel 1. Letzteres ist bei Schumacher allerdings nur oberflächlich betrachtet der Fall. In seiner Debüt-Saison 1991 ging er bei lediglich sechs Grands Prix an den Start. Diese reichen wiederum exakt aus, um die Lücke durch seine Beinbruch-Pause 1999 zu stopfen. Das macht 13 volle Saisons bis zum siebten Titel.

Richtig interessant wird es aber erst bei den Erfolgszahlen von Schumacher und Hamilton. Unter Fans wird in Anbetracht der krassen Hamilton-Statistiken gerne das Argument vorgebracht, dass der Brite ja viel mehr Rennen pro Saison absolviert habe. Das stimmt natürlich. Hamilton fuhr im Durchschnitt 18,85 Rennen pro Jahr, Schumacher kommt nur auf 15,92.

Doch den Einwand der Fans kann man genauso gut für Hamilton auslegen. Schumacher musste auf dem Weg zu seinen WM-Titeln schlichtweg weniger Rennen absolvieren. Nach 207 Starts erreichte er bereits die historische Marke, für die Hamilton 264 brauchte. Aussagekräftiger als solche Vergleiche sind letztendlich die Erfolgsquoten.

Schumacher hat hier fast in jeder Disziplin die Nase vorne, inklusive des Nachteils der höheren Ausfallquote. Die Zuverlässigkeit war in der Ära des Deutschen lange nicht auf dem Level, das Hamilton dieser Tage genießt. Auch asphaltierte Auslaufzonen wurden erst in den letzten Jahren von Schumachers Ferrari-Zeit zu einem Thema. Qualifying-Maschine Hamilton punktet einzig bei den Pole Positions mit der besseren Quote.

Lewis HamiltonMichael Schumacher
Alter3535
Saisons1414
Starts264Anteil in %207Anteil in %
Siege9435.618239.61
Pole Positions9736.746229.95
Podiumsplätze16361.7413565.22
Schnellste Runden5320.086531.40
Ausfälle269.854421.26

Schumacher vs. Hamilton - Gesamtstatistik in der Formel 1

Eine andere durchaus relevante Messgröße sind die gefahrenen Grands Prix. Hamilton benötigte 261 Anläufe, um den Siegrekord von Schumacher einzustellen. Beim Nürburgring-Comeback im Oktober gelang ihm das, was Schumi 2006 in Shanghai schon nach 246 Rennen erreichte. Zwei GP später ging seine erste Karriere mit dem WM-Finale in Interlagos im Alter von 37 Jahren zu Ende.

Nach dem 264. Start und dem siebten WM-Titel kündigte Hamilton in Istanbul an, das Gefühl zu haben, gerade erst losgelegt zu haben. Schumacher konnte das bei dieser Marke kaum von sich behaupten. Als er seinen 264. GP im japanischen Suzuka antrat, schrieben wir den 10. Oktober 2010. Im Alter von 41 Jahren befand er sich längst nicht mehr auf seinem Karrierehöhepunkt.

Das ändert jedoch nichts daran, dass er es ab 2010 mit Mercedes noch einmal wissen wollte und die Herausforderung Formel 1 in einem für diesen Sport hohen Alter annahm. Es ist kein Geheimnis, dass die drei Jahre im Silberpfeil die Statistik Schumachers erheblich nach unten korrigierte. Die 69. Pole Position 2012 in Monaco, die wegen einer Startplatzstrafe dann doch keine sein durfte, sowie sein 156. und letztes Podest in Valencia waren die einzige nennenswerte Ausbeute in 58 Rennen.

Hamilton liegt in der Gesamtstatistik in fast allen Vergleichen deutlich vorne. Der Brite hat seit seinem Debüt 2007 für McLaren Mercedes in jeder Saison Rennen gewonnen. Sein erstes Jahr mit dem Mercedes-Werksteam war mit nur einem Sieg in Ungarn der Tiefpunkt in 14 Jahren Formel 1. In Sachen WM-Titel könnte er längst vor Schumacher liegen, hätte er die Duelle 2007 und 2016 gegen Kimi Räikkönen beziehungsweise Nico Rosberg nicht verloren. Schumacher ließ jedoch ebenfalls Federn. 1997, 1998 und 2006 verlor er drei WM-Titel im Finale, 1999 verpasste er durch seinen schweren Unfall in Silverstone eine Großchance auf die WM.

Lewis HamiltonMichael Schumacher
Saisons1419
Starts264Anteil in %306Anteil in %
Siege9435.619129.74
Pole Positions9736.746822.22
Podiumsplätze16361.7415650.98
Schnellste Runden5320.086822.22
Ausfälle269.856621.57
WM-Titel750.00736.84

Hamilton-Hochrechnung: Macht King Lewis seine Drohung wahr?

Doch selbst wenn Schumacher einige der Fehlschläge verwandelt hätte, könnte er den Titel des Rekordweltmeisters trotzdem sehr bald los sein. Zwar zögert Hamilton was seine Vertragsverlängerung mit Mercedes angeht und ändert auch mit jedem Rennwochenende augenscheinlich seine Meinung, doch dass der erfolgreichste Fahrer der Geschichte bald den Helm an den Nagel hängt, ist unwahrscheinlich.

Erst im Sommer kündigte er an, noch mindestens drei Jahre weitermachen zu wollen. Die Fortsetzung der Karriere scheint zumindest 2021 ein Selbstläufer zu sein, denn durch die Einschränkungen in der technischen Entwicklung wird er bei Mercedes auch nächstes Jahr wieder ein WM-fähiges Auto haben. Titel Nummer acht ist unter diesen Voraussetzungen absolut realistisch.

Mit dem neuen Reglement ab 2022 bietet sich den Herausforderern rund um Max Verstappen und Charles Leclerc wieder eine Chance, den Run von Mercedes und Hamilton zu beenden - wobei das auch davon abhängt, was aus dem Werksteam des deutschen Automobilkonzerns wird. Unter Umständen endet Hamiltons Lauf zusammen mit dem Engagement von Mercedes. Andererseits könnte er seine Erfolgsgeschichte auch in den Farben eines anderen Teams weiterschreiben.

Beim Schnitt der vergangenen sieben Jahre könnte Hamilton Zahlen erreichen, welche die Messlatte für die nachfolgenden Generationen noch einmal um ein vielfaches höher legen, als es bei Schumacher der Fall war. Bei 23 Rennen pro Saison würde Hamilton auf 336 Starts kommen und mit einer Quote von zehn Siegen und neun Pole Positions pro Jahr auf nahezu utopische Zahlen kommen.

Ø pro Jahr seit 2014Hochrechnung 2023
Siege10.29125
Poles9.43125
Podiumsplätze14.71207
Schnellste Runden5.7170
WM-Titel0.8610