Friedhofsstimmung bei Charles Leclerc nach dem Großen Preis der Türkei 2020. Beim Formel-1-Rennen in Istanbul warf der Monegasse durch einen Verbremser in der drittletzten Kurve im Duell mit dem Racing Point von Sergio Perez ein mögliches Podium weg. Nicht nur dem Mexikaner musste sich der Monegasse im Kampf um Platz zwei deshalb geschlagen geben, auch Teamkollege Sebastian Vettel schlüpfte durch. In Ferrari-Händen blieb das Podium somit zwar, dennoch ging Leclerc hart mit sich selbst ins Gericht.

„P4. Guter Job“, funkte sein Renningenieur beim Überqueren der Ziellinie - nur Sekunden nach dem Fehler. Das konnte Leclerc, noch vollgepumpt mit Adrenalin, so nicht stehen lassen. „Nein! Ich habe einen beschissenen Job gemacht“, antwortete Leclerc. Nicht einmal. Nicht zweimal. Auch nicht drei- oder viermal, sondern gleich fünfmal hintereinander. „Sorry an das ganze Team. Ich bin verdammt nochmal dumm! So wie in Baku!“

Charles Leclerc enttäuscht von sich selbst: Habe es verbockt

Schon der Start des Türkei GP verlief für den 23-Jährigen alles andere als nach Wunsch. Während Vettel sich binnen weniger Meter von P11 auf P4 katapultierte, büßte Leclerc sofort zwei Plätze ein. „Mein Start, von der schmutzigen Seite der Startaufstellung, war schlecht“, sagte Leclerc, inklusive kleiner Entschuldigung. „Der Start von Charles war nicht toll, er musste wieder viele Positionen gewinnen“, kritisierte da selbst Teamchef Mattia Binotto das auserwählte erste Pferd im roten Stall.

Leclerc brennt Intermediate-Feuerwerk ab - umsonst

„Aber dann liefen die Dinge besser und im mittleren Teil des Rennens waren wir extrem schnell. Da habe ich einen guten Job gemacht und auf die Führungsgruppe aufgeholt, die einige Sekunden vor mir lag“, lobte sich Leclerc selbst - nicht unangebracht. Tatsächlich legte der Monegasse nach einem frühen Wechsel auf Intermediates los wie die Feuerwehr und überholte so in Runde 40 sogar Sebastian Vettel, der zu Rennbeginn noch in einer anderen Dimension unterwegs gewesen war.

Doch alles umsonst. „Ich habe am Ende einfach alles weggeworfen. Das tut mir leid für das Team, denn wir hätten heute Zweiter werden können. Auf der anderen Seite freue ich mich für Seb, denn er hatte bisher eine schwierige Saison und verdient dieses Podium absolut“, sagte Leclerc.

Leclerc erklärt Fehler: Gleich, aber woanders gebremst

Wie genau kam es zu dem Patzer? Alles eingeleitet hatte zunächst ein Glücksfall. In Kurve neun der letzten Runde patzte Perez, direkt vor Leclerc, verlor an Momentum. So zog Leclerc eingangs der langen Gegengerade vorbei am Racing Point. „Wir waren in Kurve neun sehr stark und Sergio hat einen Fehler gemacht. In Kurve zehn habe ich dann versucht, außenherum zu überholen, aber da herrschte schlechter Grip“, kommentierte Leclerc sein dennoch erfolgreiches Manöver.

Doch Perez war noch nicht besiegt. Nach dem Knick der langen Gerade kämpfte sich der Racing Point zurück, ging rechts vorbei am Ferrari. „Der Racing Point war im Windschatten auf den Geraden sehr schnell“, schilderte Leclerc. „Er ist dann rechts geblieben und ich habe mich verbremst.“ Etwas Verrücktes habe er ja gar nicht versucht, so der Monegasse. „Der Bremspunkt und der Bremsdruck, das war laut Daten alles gleich.“

Ferrari-Teamchef kritisiert Leclerc: Mehrere Fehler

Weil Perez jedoch die Ideallinie übernommen hatte, musste Leclerc innen anbremsen. „Und da war es einfach nasser. Es war trotzdem mein Fehler, das hätte ich antizipieren müssen“, ärgerte sich der Ferrari-Fahrer. „Es war sehr schwierig, die Kurve dann überhaupt noch zu bekommen, was ich zum Glück noch geschafft habe.“

Teamchef Mattia Binotto geht davon aus, dass Leclerc aus seinem Fehler lernen wird. „Dieses Rennen nutzt ihm sicher sehr. Daraus kann er für die Zukunft lernen“, sagte der Italiener. Mit Kritik an jenem Mann, auf den Ferrari alles ausgerichtet hat, sparte Binotto diesmal allerdings nicht. „Charles hat einen fantastischen Job gemacht, sich von P16 wieder zu auf Platz vier zu erholen. Er hat sich gut verbessert und war sehr schnell“, sagte Binotto zwar. „Er hat aber auch ein paar Fehler gemacht. Am Start und noch ein paar mehr beim Fahren bis hin zu den letzten Kurven. Es ist sehr schnell gefahren, ohne seine Fehler hätte er aber sicher eine bessere Position holen können.“

Formel-1-WM-Stand: Leclerc verliert und gewinnt zugleich

Durch den vierten Platz und P2 für Perez fiel Leclerc (97 Punkte) im WM-Stand hinter den Mexikaner (100) zurück. Seinen fünften Gesamtrang in der Fahrerwertung verteidigte der Ferrari-Pilot dennoch, da er an Daniel Ricciardo (96) vorbeizog. Der Renault-Pilot kam in der Türkei über einen WM-Punkt für Platz zehn nicht hinaus.