Max Verstappen hat 2020 in der Formel 1 ein äußerst monotones Jahr. In neun der bisher 13 Rennen stand er auf dem Podest, nur einmal davon ganz oben. Als alleinige dritte Kraft hinter den Mercedes-Piloten Lewis Hamilton und Valtteri Bottas quält ihn zumeist die Langeweile. Der Niederländer zieht trotz der Chancenlosigkeit große Zufriedenheit aus seinen Erfolgen. Der Frust-Verstappen von 2018 ist längst Geschichte, das Trost-Podium als Ersatz für Siege aber trotzdem zu wenig.

"Du willst nicht die ganze Zeit frustriert durch die Gegend laufen, weil du versuchst Resultate zu jagen, die nicht möglich sind", erklärt Verstappen, der in der Weltmeisterschaft mit 120 Punkten Rückstand auf Titelverteidiger Hamilton auf der dritten Position liegt. Red Bulls WM-Ambitionen wurde auch mit dem RB16 wieder früh in der Saison ein Riegel vorgeschoben, doch anders als in früheren Jahren fällt es Verstappen leichter, sich mit der Situation zu arrangieren.

"Ich treibe mich weiter an und versuche die mit dem Auto bestmöglichen Resultate zu erreichen. Es ist jedes Wochenende dasselbe. Ich weiß, dass ich dieses Jahr nicht um die Weltmeisterschaft kämpfen kann, auch wenn es manchmal so aussah, als wären wir näher dran", sagt er. Etwas, das diese Saison bei einer noch erdrückenderen Mercedes-Dominanz noch etwas schwerer als im Vorjahr fällt. 2019 gewann er immerhin drei Rennen aus eigener Kraft.

Verstappen stolz: Besser als das Potential

Doch gerade in schwierigen Zeiten zeigt sich der geläuterte Verstappen. 2018 versuchte er den WM-Kampf trotz Rückstand auf Mercedes mit Gewalt einzuleiten. Für seinen Übereifer und die zügellose Aggressivität zahlte er einen hohen Preis. Fahrfehler und Kollisionen warfen ihn zurück und brachten ihm zudem viel Kritik ein, doch Verstappen zahlte sein Lehrgeld und war nach dieser schwierigen Phase kuriert.

In den vier Rennen, in denen er 2020 nicht auf dem Podest stand, fiel er aufgrund technischer Defekte aus. Fehler oder Verzweiflungstaten sind äußerst rar geworden. "Die Ausfälle waren natürlich nicht schön, aber insgesamt waren wir immer auf dem Podium und viel mehr ist nicht drin. Mercedes ist diese Saison einfach zu dominant und für uns ist Platz drei als einziger realistisch", stellt er klar.

Dass er mit fünf zweiten zu drei dritten Plätzen sogar noch erfolgreicher war, als das Potential seines Red Bull auf dem Papier hergibt, macht ihn stolz: "Wir waren in einigen Rennen sogar noch besser und ich kann mich nicht beschweren. Ich genieße es mittlerweile, wenn wir Zweiter oder Dritter werden."

Kleine Erfolgserlebnisse motivieren Verstappen

Der 23-Jährige mit 115 Grands Prix Erfahrung zieht mittlerweile mehr Zufriedenheit aus einzelnen kleinen Erfolgserlebnissen, anstatt sich mit Gedanken an das Große Ziel WM-Titel aufzuhalten. "In Imola hatte ich zum Beispiel sehr viel Spaß, als ich bei der Rundenzeit bis auf eine oder zwei Zehntel dran war. Da bist du wirklich motiviert und versuchst dranzubleiben und dann auch mal zu überholen", sagt er.

In Silverstone wurde Verstappen für eben diese Herangehensweise mit einem Sieg belohnt. Als sein Team ihn anwies, sich aus der Dirty Air hinter den Mercedes-Teamkollegen zurückfallen zu lassen und das Material zu schonen, weigerte er sich. Wenn die unschlagbaren Boliden aus Brackley einmal in Schlagdistanz sind, muss man erst recht angreifen.

Verstappen fühlt sich wie drittes Rad am Wagen

"Normalerweise fahren sie mir weg, drei oder vier Zehntel pro Runde und dann bin ich im Niemandsland. Das ist nicht das, was du willst", so Verstappen. Doch auch wenn er gelernt hat, sich mit weniger zufriedenzugeben, die ewigen Achtungserfolge machen den ehrgeizigen Holländer auf Dauer nicht glücklich.

"Es ist schön auf dem Podium zu sein, aber letztendlich fühlt es sich als Dritter ein bisschen so wie das dritte Rad am Wagen an. Das ist, wie wenn du zum Abendessen ausgehst. Es ist nicht sehr schön, denn du bist lieber derjenige mit dem romantischen Abendessen und nicht das dritte Rad am Wagen", findet Verstappen einen passenden Vergleich für seine gegenwärtige Situation.