Zunehmend besorgt kommt der Formel-1-Tross in diesen Tagen in Istanbul an, wo mit dem Türkei-GP am nächsten Wochenende das viertletzte Rennen der Saison 2020 stattfinden soll. Die zweite Coronavirus-Welle hat Europa mittlerweile fest im Griff, die meisten Länder haben inzwischen neue Lockdowns ausgerufen.

In der Formel 1 selbst haben mittlerweile mehrere Teams offiziell Fälle bestätigt. Bei mehreren Rennen wurden Zuschauer-Pläne wieder verworfen. Anders als im März, als die erste Welle sämtliche F1-Tätigkeiten zum Erliegen brachte, soll es diesmal aber weitergehen. Darauf vertrauen auch Teams und F1-Management. Mercedes-Teamchef Toto Wolff warnt aber: Es liegt nicht nur in unserer Hand.

Formel 1: Corona bei Mercedes, Racing Point, Williams

Das Test-Regime der Formel 1 und der FIA will bis jetzt jedenfalls funktioniert haben. Mercedes und Racing Point mussten zuletzt auf dem Nürburgring Personal durchtauschen - bei Mercedes waren es am Nürburgring zwei, bei Racing Point über die Saison verteilt sieben Fälle. Racing Point erklärte in Imola, dass das ihre zwei Fahrer, Teameigentümer Lawrence Stroll, und außerdem vier weitere Angestellte aus verschiedenen Abteilungen waren.

Williams trug sich in der letzten Woche als nächstes Team in die Liste ein: Das Team vermeldete mehrere positive Tests in Portugal und in Italien. Wie bei Mercedes und Racing Point müssen sich weitere Teammitglieder aus Sicherheitsgründen isolieren. Williams muss daher für den Türkei-GP neues Personal aus der Fabrik ins Rennteam umschichten.

Gleichzeitig sieht die Formel 1 in diesen Fällen aber den Beweis, dass das Test-System, zusammen mit den Maßnahmen wie Kontaktnachverfolgung und Social Distancing funktionieren. Über 58.000 offizielle Tests wurden seit dem Saisonstart durchgeführt, jeder muss mindestens im Fünftages-Rhythmus getestet werden. Die Teams führen zusätzlich auf Eigeninitiative selbst Tests durch.

F1-Pressekonferenzen finden weiter isoliert und einsam statt, Foto: LAT Images
F1-Pressekonferenzen finden weiter isoliert und einsam statt, Foto: LAT Images

Jeden Freitag kommunizieren F1 und FIA die Zahlen - und erst einmal, in der Woche vor dem zweiten Oktober, war die Nummer der positiven Fälle mit zehn zweistellig. In der letzten vollen Woche (30. Oktober bis 5. November) waren acht von 1.781 Tests positiv.

Europa-Lockdowns als Gefahr für Formel-1-Finale?

Mit den schnell steigenden Fallzahlen in Europa steigen jetzt allerdings auch die Sorgen in der Formel 1. Imola und Istanbul wollten eigentlich Zuschauer einlassen, daraus wurde aufgrund verschärfter Bestimmungen nichts. Bahrain hat mittlerweile bestätigt, dass es kein zahlendes Publikum geben wird, und das F1-Management rechnet auch beim Finale in Abu Dhabi mit gezwungenermaßen leeren Tribünen.

"Ich glaube, du kannst nie wissen, ob wir alle verbleibenden Rennen fahren können", gesteht Mercedes-Teamchef Toto Wolff. "Es war klar, dass die Gesundheitsfrage zuerst kommt. Es liegt in der Hand der Gesundheitsbehörden jener Länder, die wir besuchen. Sie müssen Motorsport akzeptieren und uns reinlassen. Wenn sie darin ein zu großes Risiko sehen, dann können wir natürlich dort nicht fahren."

Formel 1 vertraut: Neue Lockdowns anders - Saisonfinale im Plan

Die Situation ist im Herbst aber anders, vertraut Wolff. Anders als zu Jahresbeginn setzen viele Länder diesmal nicht auf einen vollständigen Lockdown, sondern beschränken sich lieber auf Sperrstunden, nächtliche Ausgangssperren und Zuschauer-Verbote. F1-Fabriken müssen nicht zugesperrt werden, auch Reisebeschränkungen stellen gegenwärtig kein Problem dar.

"Es wird sicher unser Leben beeinflussen, es wird manche Wirtschaftszweige stark beeinflussen, aber ich glaube, dass wir einen Weg drumherum finden können", glaubt Toto Wolff. In einem Meeting am Montag nach dem Portugal-GP erklärte F1-CEO Chase Carey den Teams, dass es gegenwärtig keine Sorgen um die letzten Rennen gäbe.

F1-Tribünen bleiben 2020 beim Finale leer, Foto: LAT Images
F1-Tribünen bleiben 2020 beim Finale leer, Foto: LAT Images

Denn wie auch Wolff gerne hervorhebt: Das Konzept der isolierten F1-Blase scheint zu funktionieren: "Wir sind von Land zu Land gereist, aber in unseren Blasen geblieben. Wir hatten ein paar positive COVID-Fälle. Also glaube ich nicht, dass wir wirklich eine Gefahr für ein Land darstellen. Wahrscheinlich sind wir die sicherste Gruppe an Leuten da draußen."

"Die F1 hat großartige Arbeit verrichtet", lobt Wolff. "Damit meine ich die FIA, die FOM [Formula One Management], und die Teams. Wir halten eine Meisterschaft ab, anders als viele andere Meisterschaften, die entweder stark eingeschränkt stattfinden oder nur auf einen Ort beschränkt."

"Aber wer bin ich, um das einzuschätzen?", schränkt Wolff schlussendlich ein. Wie schnell sich die Situation ändern kann, durfte die Formel 1 2020 zum Genüge erfahren. "Jemand, der von der medizinischen Seite mehr Ahnung hat, wird sich mit einbringen, und die FIA und die FOM. Wir werden einfach ihrer Führung folgen müssen."

Ohne Hamilton & Wolff: Zerbricht das Mercedes Formel 1-Team?: (17:32 Min.)