Kimi Räikkönen fühlte sich nach dem Großen Preis der Emilia Romagna in Imola wie ein Lottospieler, der zwar sechs Richtige samt Superzahl tippte, allerdings versäumte, den Schein abzugeben. Und das, obwohl der Finne als Neunter im Endergebnis gemeinsam mit Alfa-Romeo-Teamkollege Antonio Giovinazzi auf P10 nach der doppelten Vertragsverlängerung am Freitag die erste doppelte Punktankunft in der Formel-1-Saison 2020 hatte folgen lassen.

Was war passiert?

Kimi Räikkönen flucht: Pech mit SC-Timing

„Vittu“, fluchte Räikkönen in der Schlussphase des Formel-1-Rennens in Imola plötzlich auf Finnisch am Boxenfunk. Gerade hatte ihn sein Renningenieur Julien Simon-Chautemps darüber informiert, dass das Safety Car auf die Strecke kommt. „Fuck. Wir hätten einfach noch draußen bleiben sollen“, wetterte Räikkönen weiter.

Hintergrund: Der Finne befand sich in Imola ohnehin auf einer Alles-oder-Nichts-Strategie. Als letzter aller Fahrer suchte Räikkönen in Runde 48 die Box auf, um von Medium für einen Schlusssprint auf Soft umzustecken. So fiel der Finne vom fünften auf den zwölften Rang zurück, verfügte nun allerdings über sehr viel frischere Reifen, um den vor ihm liegenden George Russell und die in Imola formschwachen McLaren zu jagen.

48 Runden Monsterstint, dann sofort Safety Car

Diese Jagd hätte jedoch gar nicht erst erfolgen müssen. „Wir wussten, dass wir die Reifen am Leben halten konnten, also war es immer der Plan, so lang zu fahren“, berichtete Räikkönen nach dem Rennen. Das geschah mitunter, um auf ein Safety Car zu spekulieren. Das kam auch, allerdings genau in jenem Moment, als es dann doch zu spät war - nur zwei Runden nach dem Reifenwechsel des Finnen.

„Uns ging am Ende etwas die Geduld aus“, haderte der von den Formel-1-Fans zum Fahrer des Tages gewählte Finne. „Wir hätten einfach noch weiter draußen bleiben sollen, denn wir hatten nicht viel zu verlieren und nur zu gewinnen, wenn es ein Safety Car geben würde. Und zwei Runden später gab es dann wirklich eines. Das ist etwas frustrierend, aber ich weiß nicht, ob es einen großen Unterschied gemacht hätte.“

Räikkönen: Punkte nur Glück? Wir waren da!

Zumindest vor Sainz, Norris und Kvyat hätte sich Räikkönen erst einmal einsortiert. Immerhin befand er sich zum Zeitpunkt seines Stopps nur vier Sekunden hinter Sergio Perez. Der Mexikaner kam in der Safety-Car-Phase zum Stopp und lag danach weit vor den Genannten.

Insgesamt zeigt sich Räikkönen dennoch zufrieden. „Wir hatten beide Autos in den Punkten“, sagte der Finne. Letztlich halfen dabei noch Russell, der direkt vor Räikkönen während der Safety-Car-Phase crashte, und Albon, der sich beim Re-Start selbst von der Strecke drehte. Ein wenig Glück kehrte also doch noch zurück ins Lager der Hinwiler. Für Räikkönen zählt jedoch nur das Resultat: „Ob jetzt wegen der Ausfälle glücklich oder nicht, wir waren da“, sagte Räikkönen.

Giovinazzi kopiert Räikkönen-Raketenstart aus Portimao

Wir, weil auch Giovinazzi profitierte und mit P10 zum dritten Mal 2020 in die Punkte fuhr. „Das hier bei meinem Heimrennen zu schaffen, ist etwas ganz Besonderes“, jubelte Giovinazzi. Der Italiener glänzte in Imola vor allem mit einem erneut starken Start. Fast wie Teamkollege Räikkönen in Portimao vor einer Woche schoss Giovinazzi in der ersten Runde durch das Feld.

Dank weicher Reifen - als einziger außerhalb der Top-10 - machte der Ferrari-Junior sein schwaches Qualifying vergessen und katapultierte sich vom letzten Startplatz bis auf P14. Auch für Räikkönen ging es am Start zwei Ränge nach vorne. „Es war eine tolle erste Runde, ich habe wieder sechs Plätze gewonnen“, jubelte Giovinazzi.

Starke Starts: Giovinazzi erklärt sein Geheimnis

„Ich habe viel dafür getan, habe mir zum Beispiel die Starts der Formel Renault hier angesehen. Dann habe ich einfach alles zusammenbekommen in dieser ersten Runde, auch das Glück hat mitgespielt“, erklärte der Italiener sein Erfolgsrezept.

Schon nach zehn Runden bekam er die vermeintliche Quittung für den guten Start dank Soft und musste sich bereits der weichen Reifen entledigen. Allerdings vermochte es der Italiener, die beim Boxenstopp aufgezogenen Medium bis ins Ziel zu schaukeln. „Es war eine gute Strategie“, sagte Giovinazzi.

WM-Wertung: Alfa Romeo bringen Punkte nur Absicherung

„Am Ende war es zwar etwas knifflig mit den Mediums. Die waren recht kühl und die Temperaturen sind ziemlich gefallen, sodass es schwierig war, die Leute auf Soft hinter mir zu halten“, berichtete der 26-Jährige. „Aber ich bin echt happy. Auch für das Team, Punkte mit beiden Autos zu holen!“

In der WM-Wertung verlor Giovinazzi dennoch eine Position - an Teamkollege Räikkönen. Mit jeweils vier Punkten rangieren der Finne und der Italiener nun - in anderer Reihenfolge - weiter auf den Rängen 16 und 17 der Fahrerwertung. Räikkönen wird vor Giovinazzi geführt, weil er zwei neunte Plätze vorzuweisen hat, sein Teamkollege einen.

In der Teamwertung kann sich Alfa Romeo (P8) dennoch keine Hoffnungen machen. 81 Punkte fehlen auf AlphaTauri. Mit nun acht Punkten verschafften sich die Hinwiler vor den letzten vier Saisonrennen allerdings weiter Luft auf ihre Verfolger Haas (3) und Williams (0).

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