Kimi Räikkönen hat noch immer nicht genug. Am frühen Freitagmorgen vor dem großen Medientag zum Emilia Romagna GP in Imola verkündete Alfa Romeo Racing per Presseaussendung die Vertragsverlängerung mit dem Formel-1-Rekordstarter (324 Starts) und seinem Teamkollegen Antonio Giovinazzi. Am Nachmittag verriet der der Finne dann in der offiziellen FIA-Pressekonferenz, wie die Verhandlungen liefen. Teamchef Frederic Vasseur rechtfertigte den neuen Vertrag für Giovinazzi. Der Italiener träumte derweil schon von Ferrari.

„Es war nicht schwierig. Es gab nur nichts zu bestätigen, bevor wir den Vertrag unterzeichnet hatten. Unterschrieben haben wir im Grunde erst gestern“, erklärte Räikkönen zunächst, warum er sich vor der heutigen Bestätigung so viele Wochen der Nachfragen zugemutet hatte. „Ihr habt immer weiter über die Zukunft gefragt, aber da wir noch nichts unterschrieben hatten, wollte ich nicht anfangen zu lügen.“

Vasseur wollte Räikkönen: Mehr als motiviert

Also offenbar kein großes Ausverhandeln der konkreten Vertragsinhalte. Sehr viel mehr drehte es sich Räikkönen zufolge einfach um die Frage, wie der 41-jährige Familienvater seine Zukunft sah. „Es gab einfach von Teamseite viele Aspekte und von mir aus viele Aspekte, was ich tun will. Sowas musst du im Leben immer genau anschauen“, berichtete Räikkönen.

Formel 1: Mick Schumacher zu Haas? Nur noch ein Platz frei!: (14:23 Min.)

Das Ergebnis dieser Überlegungen überraschte unter dem Strich kaum jemanden. Die Lust auf Racing auf höchstem Niveau steht bei Räikkönen noch immer ganz weit oben auf der Prioritätenliste. „Er ist mehr als motiviert, das hat er erst letzte Woche in der ersten Runde gezeigt. Da war er manches Mal mehr als nur am Limit, es war großartig“, analysierte Alfa-Romeo-Teamchef Frederic Vasseur Räikkönens Raketenstart in Portimao als Stellvertreter für den Wert seines Piloten insgesamt.

Vasseur: Kein Kontakt zu anderen Fahrern? Bullshit!

„Am Ende ergab es von meiner Seite aus Sinn und offensichtlich auch von ihrer. Sobald wir erst einmal angefangen hatten, darüber zu sprechen, war es kein besonders langer Vorgang. Es lief ziemlich direkt“, berichtete Räikkönen von der finalen Übereinkunft.

Nach Alternativen - ob nun zu Räikkönen oder Giovinazzi - hatte sich Alfa Romeo allerdings umgesehen. Klartext von Vasseur: „Du stehst immer mit allen in Kontakt. Wenn ein Teamchef sagt, dass er keinen Kontakt zu anderen Fahrern hat, ist das Bullshit!“ Die Verlängerung mit Räikkönen sei allerdings die Präferenz des Teams gewesen. „Mit Kimi haben wir eine enge Beziehung. Selbst wenn es dieses Jahr nicht so läuft, bauen wir etwas auf. Deshalb war es für uns nur normal, weiterzumachen“, sagte der Franzose.

Antonio Giovinazzi: Alfa rechtfertigt neuen Vertrag

Und Giovinazzi? Dessen erneute Vertragsverlängerung sorgte durchaus für Verwunderung oder Kritik, etwa in den Sozialen Medien oder in den Kommentarspalten bei Motorsport-Magazin.com. „Antonio hat sich über die letzten Jahre verbessert, gute Fortschritt erzielt und ist im Qualifying jetzt auf Augenhöhe mit Kimi“, rechtfertigte Vasseur die Bestätigung des Italieners. Tatsächlich steht es hier derzeit 6:6. Nach Punkten führt der Italiener sogar, auf dem 2020 niedrigen Alfa-Niveau, mit 3:2, liegt im Rennduell allerdings 3:7 zurück. Vasseur beteuert: „Wir haben eine gute Fahrerpaarung.“

Teamduell Alfa Romeo 2020: Kimi Räikkönen vs. Antonio Giovinazzi

Statistik - RennenRäikkönenGiovinazzi
Rennduell73
Ø Rennplatzierung1313,9
Bestes Rennergebnis99
Statistik - Qualifying
Q1-Aus911
Q2-Aus31
Q3-Einzug00
Qualifying-Duell66
Ø Qualifying-Platzierung17,0817,75
Bestes Qualifying-Ergebnis1314
Ø Abstand Teamkollege (Sek.)-+ 0,056
Statistik - Saison
Starts1212
Siege00
Schnellste Rennrunden00
Podien00
Top-1012
Ausfälle12
WM-Punke23
WM-Rang1716

Giovinazzi selbst gelobte unterdessen schlicht, sich auch 2021 weiter verbessern zu wollen. „Das will ich jede Saison und jedes Rennen“, sagte der Italiener. „Das läuft bis jetzt echt gut. Ich freue mich, mit dem Team weiterzumachen, denn es ist für mich wie eine zweite Familie.“ Besonders freut Giovinazzi dabei weiter auf die Expertise des erfahrensten Teamkollegen der Formel-1-Geschichte als Ratgeber setzen zu können.

Giovinazzi: Räikkönen bestmöglicher Teamkollege

„Ich könnte mir keinen besseren Teamkollegen vorstellen. Kimi weiter an meiner Seite zu haben, kann nur helfen“, sagte Giovinazzi. „Wir haben ja gesehen, was er da letzten Sonntag auf der ersten Runde gemacht hat. Er ist noch immer ein sehr starker Fahrer und sehr motiviert. Das motiviert auch mich. Ihn zu schlagen, motiviert mich. Denn das ist nicht leicht. Dafür brauche ich einen perfekten Tag. Das ist auch wichtig für meine Entwicklung. So verbesserst du dich schneller.“

Ein wenig Zeit für sein großes Ziel - Stammfahrer bei Ferrari - bleibt dem Italiener nun ohnehin noch. Bei der Scuderia sind mit Charles Leclerc und Carlos Sainz beide Cockpits für mindestens zwei Jahre besetzt. „Carlos wird jetzt zwei Jahre in diesem Auto sein, aber ich bin voll darauf fokussiert, diesen Platz vielleicht in zwei Jahren zu übernehmen!“

Alfa Romeo: In Formel 1 2021 geht noch was

Kurzfristig plant Alfa Romeo mit Konstanz auf Fahrerseite nun, 2021 wieder weiter vorne im Mittelfeld zu kämpfen. „Selbst wenn das Auto eingefroren ist, können wir viel machen. Das Aero-Paket ist ja gar nicht eingefroren und es gibt neue Aero-Regeln“, sagte Vasseur. „Wir haben viel Raum, das Auto zu verbessern und wir erwarten auch einen Fortschritt beim Motor. Nächstes Jahr ist alles offen.“

Räikkönen: „Niemand im Team ist zufrieden damit, wo wir gerade sind. Aber das ist jetzt leider eben die momentane Situation. Das Ziel ist, uns zu verbessern und viel besser abzuschneiden und loszulegen. Dafür müssen wir aber insgesamt einen besseren Job machen. Hoffentlich sind wir nächstes Jahr dann insgesamt etwas zufriedener und mehr da, wo wir uns erwarten.“