Auf dem Nürburgring verhalf Daniel Ricciardo Renault zum ersten Mal seit dem Formel-1-Comeback von 2016 auf das Podium. Auf den ersten dritten Platz folgte nur Wochen später in Imola ein zweiter - plötzlich wirkt Renault wie die dritte Kraft.

Aber übertüncht die Euphorie eine ganz andere Realität? Am Nürburgring profitierte Ricciardo vom Ausfall von Valtteri Bottas, in Imola vom Ausfall Max Verstappens. Beide waren ihm von der ersten Runde an uneinholbar enteilt. Und außerdem hat Ferraris Kollaps zwei Autos aus der Spitzengruppe entfernt und Abstauber-Podiums viel einfacher gemacht. Ist Renault also in Wahrheit genau dort, wo sie schon 2018 waren?

Die Rennpace in Imola zeigt klar, dass Renault nach wie vor weit hinter dem Spitzenfeld der Formel 1 zurückliegt. In der Startphase allein nahm der Führende Valtteri Bottas dem Viertplatzierten Daniel Ricciardo in zwölf Runde 15 Sekunden ab - obwohl er mit einem Mercedes kämpfte, der aufgrund eines Schadens knapp acht Zehntel langsamer war als eigentlich erwartet.

Auch wenn das Bild etwas verzerrt ist - Bottas mit Schaden, aber auch mit besseren Reifen - so illustriert es doch gut das Kräfteverhältnis. Renault darf maximal den Pacesetter im Mittelfeld spielen. Eine Rolle, die man schon 2018 hatte, damals als vierte Kraft. 2019 machte man einen Schritt hinter McLaren zurück.

Renault akzeptiert Rückstand - erst 2022 großes Comeback

Aber es ist nicht so, dass sich Renault dieser Erkenntnis verschließt. Teamchef Cyril Abiteboul erklärt frei heraus: "Wenn du mich fragst, was uns fehlt, um regelmäßig um das Podium zu kämpfen? Seien wir ehrlich, uns fehlt noch immer eine Sekunde, ein Prozent an Wettbewerbsfähigkeit, um regelmäßig auf dem Podium zu stehen."

Auch der Tatsache, dass Ausfälle vor ihnen die Podien zustande brachten, erkennt Abiteboul an. Wenngleich er sich weigert, den dritten WM-Platz nur einem temporären Formtief von Ferrari zuzuschreiben: "Wo sie stehen, das entspricht ihrer wahren Wettbewerbsfähigkeit, wie auch unsere Position unserer wahren Wettbewerbsfähigkeit entspricht, ganz im Rahmen der Regeln."

Renault und Ferrari sind 2020 echte Gegner auf der Rennstrecke, Foto: LAT Images
Renault und Ferrari sind 2020 echte Gegner auf der Rennstrecke, Foto: LAT Images

Ein Seitenhieb auf Ferrari, die 2019 bezichtigt wurden, durch Tricks mehr Motorleistung zu erreichen, und im Winter ihren Motor umbauen mussten. Renault hingegen rühmt sich: "Letztes Jahr war das Ziel Motor-Gleichheit. Die haben wir erreicht, und da kommt noch ein bisschen was. Das nächste Ziel war, beim Chassis einen klaren Schritt zu machen, und das haben wir erreicht."

Denn 2020 verspürt Renault endlich wieder einen Aufwärtstrend. 2018 stagnierten sie an der Spitze des Mittelfeldes, 2019 fielen sie gar in die Fänge von McLaren zurück. Am einst beim Comeback 2016 ausgegebenen Fahrplan "WM 2020" scheiterten sie deutlich. Als sich 2019 keine Besserung abzeichnete, wurde daher auch die Chassis- und Aero-Abteilung umstrukturiert.

Die wahren Effekte einer solchen Umstrukturierung werden zwar erst verzögert auftreten, doch 2020 ist Renault fest davon überzeugt, dass sie wieder die richtige Richtung eingeschlagen haben. Der R.S.20 leidet zwar noch auf High-Downforce-Strecken, ist aber sonst immer an der Spitze des Verfolgerfeldes zu finden.

Renault sieht 2020 als ersten Beweis: 2022-Ansprüche legitim

Für Abiteboul eben ein klarer Schritt: "Wenn wir nun also vom nächsten Schritt sprechen, kann man uns ernst nehmen." 2022 ist das große Ziel, dann will Renault mit Fernando Alonso am Steuer endlich wieder ganz vorne mitspielen.

Bis dahin feiert man trotzdem die ersten Podien seit Jahren ausgelassen: "Wir dürfen nicht vergessen - die meisten Leute, die in diesem Team sind, sind junge Leute, die nicht wissen, wie es ist, zu gewinnen. Oder überhaupt auf dem Podium zu stehen. Wir müssen sie erfolgssüchtig machen, damit sie mehr Erfolg aufbauen. Aber noch einmal: Da muss so viel mehr kommen, damit wir in einer Position sind, um regelmäßig Rennen zu gewinnen."