Niemand prägte die Formel 1 so sehr wie Bernie Ecclestone. Über 40 Jahre lang war der Brite in der Königsklasse am Steuer, zunächst als einfacher Teambesitzer, später als mächtigster Mann im Sport. Jahre nach der Machtübernahme durch Liberty Media hat Ecclestones Wort immer noch mehr Gewicht, als dem einen oder anderen lieb ist. Anlässlich seines 91. Geburtstags blickt Motorsport-Magazin.com auf seine größten Erfolge und Niederlagen zurück.

Tödliche Unfälle überschatten Manager-Karriere

Bernie Ecclestones aktive Rennfahrerkarriere ist schnell erzählt - sie war nämlich ziemlich kurz. Nach einigen mäßig erfolgreichen Jahren in unterklassigen Rennserien konzentrierte sich Ecclestone rasch auf die Rolle des Managers, nahm 1957 den aufstrebenden britischen Piloten Stuart Lewis-Evans unter seine Fittiche und erwarb zwei Chassis des aufgelösten Connaught-Teams, mit denen er sich sogar selbst erfolglos für zwei Grands Prix zu qualifizieren versuchte.

Jochen Rindt wurde 1970 posthum Weltmeister, Foto: Sutton
Jochen Rindt wurde 1970 posthum Weltmeister, Foto: Sutton

Als Lewis-Evans beim Großen Preis von Marokko 1958 schwere Verbrennungen erlitt, denen er wenige Tage später erlag, zog sich Ecclestone geschockt vorübergehend vom Motorsport zurück. Es war die erste große Rückschlag des damals 28-Jährigen.

Ecclestones Rückkehr in den Rennzirkus erfolgte Ende der 60er-Jahre, als er zu Jochen Rindts Manager avancierte und darüber hinaus als Teilhaber bei Rindts Formel-2-Team einstieg. Auf dem Weg zur Weltmeisterschaft 1970 verunglückte Rindt in Monza tödlich, wurde aber dennoch posthum zum Champion erklärt. Nach Stuart Lewis-Evans war Jochen Rindt bereits der zweite von Ecclestone gemanagte Fahrer, der der Formel 1 zum Opfer fiel.

Aufstieg und Fall des Brabham-Teams

Diesmal blieb Ecclestone der Königsklasse jedoch treu, verlagerte aber sein Betätigungsfeld vom Managen von Fahrern auf das Führen eines Teams. 1972 erwarb der Brite um rund 120.000 US-Dollar den Brabham-Rennstall. Durch geschickte Deals wie der Motorenpartnerschaft mit BMW führte Ecclestone Brabham zurück an die Spitze der Formel 1, was in den Weltmeistertiteln von Nelson Piquet in den Jahren 1981 und 1983 gipfelte.

Bernie Ecclestone und Niki Lauda zu gemeinsamen Brabham-Zeiten, Foto: Sutton
Bernie Ecclestone und Niki Lauda zu gemeinsamen Brabham-Zeiten, Foto: Sutton

Als Piquet 1986 nach sieben Jahren zu Williams wechselte, begann der Niedergang des ruhmreichen Brabham-Rennstalls. Ecclestone versuchte vergeblich, Niki Lauda als Nachfolger zu engagieren, konnte den Österreicher trotz eines ausgesprochen lukrativen Vertragsangebots jedoch nicht davon überzeugen, sein Karriereende zu verschieben und nach 1978 ein zweites Mal bei Brabham zu unterschreiben.

Als sich BMW 1987 aus der Formel 1 zurückzog, verkaufte Ecclestone das Team - Brabham nahm bis 1992 an der F1-Weltmeisterschaft teil - für rund fünf Millionen Dollar an den Schweizer Geschäftsmann Joachim Lüthi und widmete sich fortan voll und ganz jenen Aktivitäten, die er bis dato neben seinem Job als Teambesitzer ausgeübt hatte.

Ecclestone bringt die F1 ins Fernsehen

Ecclestone schaffte in den 70er-Jahren rasch den Aufstieg zum einflussreichsten Mann der Formel 1. Gemeinsam mit anderen Teamchefs wie Frank Williams, Colin Chapman sowie seinem langjährigen Weggefährten Max Mosley gründete Ecclestone 1974 die Team-Vereinigung Formula One Constructors Association (FOCA), deren Vorsitzender er 1978 wurde.

Ecclestone verkaufte die TV-Rechte der Formel 1 in die ganze Welt, Foto: Sutton
Ecclestone verkaufte die TV-Rechte der Formel 1 in die ganze Welt, Foto: Sutton

Ecclestone war es nun, der mit dem Mandat aller Teams die TV-Rechte der Formel 1 verhandelte und damit die Königsklasse kommerzialisierte. Wurden die Rennen früher einzeln an das Fernsehen verkauft, vermarktete Ecclestone sie im Paket, was der Rennserie größtmögliche mediale Aufmerksamkeit und folglich steigende Popularität bescherte, wodurch wiederum die Einnahmen wuchsen.

Ecclestone gründete die Formula One Promotions and Administration (FOPA), später bekannt als Formula One Management (FOM) - es war der Beginn eines komplexen Geflechts von Firmen, Fonds und Gesellschaften, die Ecclestone im Lauf der Jahre miteinander verschachtelte. Ein Teil der TV-Erlöse ging an die Teams, ein Teil an den Automobilweltverband FISA (später FIA) und einen Teil behielt die FOPA ein - also Ecclestone selbst. Außerdem kassierte Ecclestones Firma die Antrittsgelder der Promoter. Im Gegenzug stellte die FOPA das Preisgeld zur Verfügung - ein System, das bis heute Bestand hat.

Der F1-Boss und die VIPs (01:03 Min.)

Ecclestone und Mosley

1981, nach einem langen Streit mit der FISA und deren damaligen Präsidenten Jean-Marie Balestre, wurde das erste Concorde Agreement abgeschlossen, das einerseits die Verteilung der kommerziellen Einnahmen unter den Teams regelte, andererseits die Teams aber auch verpflichtete, an der Formel-1-Weltmeisterschaft teilzunehmen. Eine angedrohte Konkurrenzrennserie war somit vom Tisch.

Max Mosley und Bernie Ecclestone machten gemeinsame Sache, Foto: Sutton
Max Mosley und Bernie Ecclestone machten gemeinsame Sache, Foto: Sutton

Profitieren konnte Ecclestone von dem Umstand, dass Mosley 1991 zum Präsidenten der FIA aufstieg. 1996 überschrieb Mosley Ecclestones FOM die TV-Rechte an der Formel 1 bis 2011 für gerade einmal neun Millionen US-Dollar - ein Deal, der Ecclestone jährlich mehrere hundert Millionen Dollar einbrachte. Ein Meilenstein zu Ecclestones geschätztem Privatvermögen von heute knapp drei Milliarden US-Dollar.

Noch lukrativer wurde es für Ecclestone 2001 - da übertrug ihm Mosley die TV-Rechte für weitere 99 Jahre bis 2110. Der Preis? Lächerliche 370 Millionen US-Dollar, obwohl die Formel 1 mittlerweile Gewinne im Milliardenbereich schrieb. Gerüchte, wonach Ecclestone Mosley mit zusätzlichen 300 Millionen Dollar zum Deal bewegt haben soll, überraschen nicht.

Ecclestone und die Korruption, diesen Vorwurf gab es nicht nur einmal. 2014 musste sich der Formel-1-Boss in München vor Gericht verantworten, da ihm vorgeworfen wurde, im Zuge des Verkaufs der F1-Rechte an CVC Capital Partners Gerhard Gribkowsky, Risikovorstand der BayernLB, mit 44 Millionen Dollar Schmiergeld bestochen zu haben. Das Verfahren wurde letztlich gegen die Zahlung von 100 Millionen Dollar eingestellt.

Wenn Bernie Ecclestone spricht, hat er stets großes Publikum, Foto: Sutton
Wenn Bernie Ecclestone spricht, hat er stets großes Publikum, Foto: Sutton

Die Kommerzialisierung der Formel 1

Nach dem Erwerb der Formel-1-Rechte durch CVC im Jahr 2005 wurde Ecclestone als Geschäftsführer der Formel 1 eingesetzt. In dieser Funktion gelang es ihm, zahlreiche neue Partnerschaften wie jene mit dem Bierhersteller Heineken zu schließen, und trieb damit die Kommerzialisierung der Rennserie sukzessive voran.

Ecclestone versuchte, die Formel 1 in die Sowjetunion zu bringen, Foto: Sutton
Ecclestone versuchte, die Formel 1 in die Sowjetunion zu bringen, Foto: Sutton

Dies schlug sich nicht zuletzt in immer mehr Rennen abseits des europäischen Kernmarkts nieder. Wenngleich nicht alle Pläne aufgingen: Berühmt sein Scheitern in den 80er-Jahren, einen Grand Prix in Moskau zu etablieren, obwohl es regen Briefwechsel mit Leonid Breschnew, Staatschef der Sowjetunion, gab, in dem Ecclestone die Vorteile eines Grand Prix' anpries. Erst drei Jahrzehnte später schlug die Formel 1 in Russland auf.

Um zu garantieren, dass die großen Teams nicht abspringen, schloss Ecclestone 2013 mit ihnen individuelle Concorde-Verträge ab, die neben den herkömmlichen Preisgeldern diverse Bonuszahlungen vorsehen. Am gütigsten wurde Ferrari bedacht, die wertvollste Marke der Formel 1 durfte sich bis 2020 über jährliche Boni in Höhe von rund 100 Millionen US-Dollar freuen.

Nie so wirklich warm wurde Ecclestone mit den 2014 eingeführten Hybridmotoren. Zu leise, zu kompliziert lautete sein Vorwurf, viel lieber hätte er gegen den Willen den Hersteller eine Rückkehr zu Verbrennungsmotoren gesehen. Als erdrückende Mercedes-Dominanz begann, kam schließlich auch Eccleestone unter Druck. Die Show war schon einmal besser, lautet gemeinhin das Urteil über den Status quo der Königsklasse.

Mit den Power Units wurde Ecclestone nie warm, Foto: Mercedes-AMG
Mit den Power Units wurde Ecclestone nie warm, Foto: Mercedes-AMG

Um die Show zu verbessern, setzte Ecclestone einige fragwürdige Regeländerungen durch, die jedoch nicht lange Bestand hatten. Um die Saison bis zum Ende spannend zu halten, wurden 2014 beim letzten Rennen doppelte Punkte vergeben. Und 2016 startete die Formel 1 mit einem neuartigen KO-Qualifying in die Saison, das aber so kompliziert war, dass es nicht einmal die Teams verstanden. Nach zwei Rennen war der Spuk wieder vorbei und die Formel 1 kehrte zum alten Format zurück - gegen den Willen Ecclestones.

Ecclestones schweres Erbe

Bernie Ecclestone machte die Formel 1 zu dem, was sie heute ist - sowohl was die positiven als auch negativen Aspekte betrifft. Oftmals von der Öffentlichkeit kritisiert, gelang es ihm letztlich doch meistens, seine Interessen durchzusetzen und alle wichtigen Stakeholder auf seine Seite zu ziehen. Mit dem Verkauf für acht Milliarden US-Dollar an Liberty Media endete Anfang 2017 seine Regentschaft über die Königslasse des Automobilsports. Der neue CEO Chase Carey gab Ecclestone zeitnah seine Papiere und einen Alibi-Posten als Ehrenvorsitzender, teilweise zum Unmut des einstigen F1-Bosses.

Anfang 2020 nahm Liberty Media einen Rassismus-Eklat um Ecclestone zum Anlass, sich endgültig von ihm loszusagen. Der hatte zwar seit 2017 in der Formel 1 nichts mehr zu sagen, doch am verbalen Schlagabtausch mit den neuen Promotern hat er nach wie vor seinen Spaß. Wann immer sich ihm die Möglichkeit bietet, holt er zum Seitenhieb aus und tritt mit seiner provokanten Art und auch auf anderen medialen Schauplätzen immer wieder in Erscheinung. Bernie Ecclestone ist und bleibt auch ohne Amt und Würden eine gewichtige Stimme in der Formel 1.