1. - S wie Startaufstellung

Mit einer taktischen Meisterleistung sicherte sich Lewis Hamilton im Qualifying zum Portugal GP seine 97. Pole Position in der Formel 1. Neben dem Briten in der Startaufstellung beim heutigen Rennen in Portimao (Start 14:10 Uhr, heute live bei RTL, Sky, ORF, SRF und im Live-Stream F1 TV) steht einmal mehr Valtteri Bottas im zweiten Mercedes.

Dahinter lauert in gewohnter Manier Max Verstappen. Mit nur 0,252 Sekunden Rückstand kam der Red-Bull-Pilot der Pole näher als je zuvor in der Formel-1-Saison 2020. Startreihe zwei beim Portugal GP komplettiert ein erneut starker Charles Leclerc, der seinen Ferrari SF1000 elf Plätze weiter vorne qualifizierte als Teamkollege Sebastian Vettel (P15).

Sergio Perez, Alexander Albon, Carlos Sainz, Lando Norris, Pierre Gasly und Daniel Ricciardo komplettieren die Top-10 der Startaufstellung.

2. - S wie Start

Die beste Ausgangslage in der Startaufstellung bringt nichts, wenn der Start nicht sitzt. Diese Erfahrung sammelte 2020 vor allem Valtteri Bottas bereits mehrfach. Daraus hat der Finne inzwischen gelernt. Nach dem Qualifying hielt sich Bottas mit Angriffsansagen für den Start diesmal vornehm zurück.

Ganz anders Max Verstappen. „Kurve eins ist nicht gerade ein Ort, an dem du reinstechen kannst. Trotzdem wird der Start wichtig sein“, weiß der Niederländer. Tatsächlich liefern die ersten beiden Kurven des Autodromo Internacional do Algarve keinen wirklichen Bremspunkt. Der kommt erst in Kurve drei. Wenn allerdings jemand über die Mittel verfügt, schon vor der ersten Kurve den Unterschied zu machen, dann Verstappen.

Formel 1, Portugal: Vettel erwartet Murks-Rennen (12:14 Min.)

Der Niederländer verfügt als einziger Pilot in den ersten beiden Reihen über einen Traktionsvorteil durch weichere Reifen am Start. Nicht nur wie gewohnt Mercedes, sondern auch Charles Leclerc erreichte das Q3 mit den Medium-Pneus. Verstappen hingegen setzte bewusst auf Soft und hofft so, am Start Boden gutzumachen.

„Ich denke, dass alle Reifen in der ersten Runden knifflig sein werden“, sagt Verstappen angesichts des rutschigen Asphalts in Portimao. Der erschwert das Aufwärmen der härteren Pirelli-Walzen im Sortiment nur noch mehr. Verstappen: „Der Medium wird da sicher etwas schlimmer. Das ist nur normal, es ist ein härterer Reifen, der ist schwieriger aufzuwärmen.“

3. - S wie Strategie

Unbekannte ohne Ende in Portimao. „Mit einer relativ unbekannten Strecke und ohne Longruns wegen des unterbrochenen FP2 am Freitag ist es schwierig, die Abstände zwischen den Reifen sowie Abnutzung und Abrieb klar zu identifizieren", erklärt Pirellis Motorsport-Chef Mario Isola. "Das macht es schwierig, die optimale Rennstrategie vorherzusagen."

Einen Versuch unternehmen die Italiener dennoch. Auf dem Papier empfiehlt Pirelli eine Einstoppstrategie mit Start auf Medium und Wechsel auf Hard nach rund 32 Runden. Die Mischungen andersherum zu fahren sei genauso gut möglich. Als zweitschnellste Variante, die 66 Rennrunden von Portimao zu bestreiten, gibt Pirelli einen Stopp mit 18 Runden Soft, dann 48 Runden Hard an.

Zwei Stopps seien zwar langsamer, könnten allerdings bei niedrigeren Temperaturen interessant werden, so Pirelli. Immerhin befördern diese Graining. Das Körnen der Reifen war bereits am Freitag im Training zeitweise zu beobachten. Taucht dieses Phänomen auf, so rät der Reifenmonopolist der Königsklasse zu 14 Runden Soft, gefolgt von zwei 26-Runden-Stints auf dem Medium.

4. - S wie Sommerregen

Die Wahrscheinlichkeit für derartige Verhältnisse liegt allerdings nicht sonderlich hoch. Die Meteorologen erwarteten für den Rennsonntag in Portimao sogar etwas höhere Temperaturen als am Samstag. Auf bis zu 21 Grad Celsius soll das Quecksilber steigen. Dafür prognostiziert der Wetterbericht anderes Unheil. Mit 70 Prozent wartet dieser mit einer alles andere als zu verachtenden Regenwahrscheinlichkeit auf. „Uns dürfte ein packender Grand Prix ins Haus stehen, besonders, weil auch einige Regenschauer vorhergesagt sind“, sagt Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff.

Allerdings deutet es aktuell darauf hin, dass der größte Regen erst gegen Ende des Rennens oder sogar erst kurz nach Rennende über der Algarve eintreffen wird. Zu Rennbeginn liegt die Regenwahrscheinlichkeit nur in etwa halb so hoch. Dennoch sind die Teams gewarnt. Manch einer dürfte seinen Fahrern in der vergangenen Nacht noch die Aufnahmen von Ayrton Sennas legendären ersten Formel-1-Sieg im Regen von Estoril 1985 ans Herz gelegt haben.

5. - S wie Slippery

Auch ohne eine nasse Überraschung aus dem Himmel wartet auf die Fahrer in Portimao eine große Herausforderung. Rutschig wird es im Rennen auch unter trockenen Bedingungen. Der erst kürzlich erneuerte Asphalt des Algarve Circuit bietet miserablen Grip. "Die Strecke ist ziemlich ölig, das ist der neue Asphalt, der sich noch nicht gesetzt hat“, schildert etwa Alex Albon. Unzählige Dreher und Ausrutscher in den Trainings sprachen für sich. Sonderlich gut eingummiert hat sich die Strecke trotz inzwischen dreier Trainings und eines Qualifyings nicht.

Viele Ausrutscher auf grüner Strecke zeichneten das Training, Foto: LAT Images
Viele Ausrutscher auf grüner Strecke zeichneten das Training, Foto: LAT Images

Das Potenzial für Fehler ist also groß, zumal auch das Layout der Strecke allein kein Pappenstiel ist. Das muss selbst Lewis Hamilton zugeben: „Dies ist eine schwierige Strecke und es gibt einige Stellen, an denen man nicht sieht, wohin es geht, weil man nur in den Himmel blickt. Dort gibt es zum Beispiel keine Hinweise auf die Bremspunkte. Der Kurs gehört zu den schwierigsten Strecken, die ich je gefahren bin.“

6. - S wie Strafen

Manche Fehler könnten in Portimao auch abseits von Besuchen im Kiesbett böse Folgen haben. Die Track Limits waren vor allem am Freitag das Thema schlechthin in Portimao. 125 Verstöße sammelten sich allein in FP1 und FP2 an - obwohl gleich zwei rote Flaggen die Nachmittagssession lange Zeit unterbrachen.

Am Samstag lockerte die FIA die Regeln. Zumindest in den Kurven 1 und 4 gilt nun doch der Kerb, nicht die weiße Linie als Streckenbegrenzung. Einzig in Kurve 15 müssen die Fahrer also noch ganz besonders aufpassen. 24 Verstöße sammelten sich im dritten Training dennoch an. Im Qualifying waren es dann nur noch fünf. Im Renntrimm könnten die Flüchtigkeitsfehler wieder zunehmen - und dann böse Folgen haben. Im Wiederholungsfall drohen Zeitstrafen.

7. - S wie Sieger

Fast genauso schwierig wie die Strategien lässt sich prognostizieren, wer als Favorit in den ersten Portugal GP seit 24 Jahren geht. Zumindest, wenn man etwas darauf gibt, dafür Longrun-Daten heranzuziehen statt einfach nur stupide - wenngleich in der Regel sicherlich nicht falsch - auf Mercedes zu setzen. „Die große Unbekannte sind morgen die Longruns“, weiß Mercedes’ leitender Ingenieur an der Strecke, Andrew Shovlin.

Wirklich auf das Rennen vorbereiten konnten sich die Teams wegen des zerstückelten zweiten Trainings nicht, selbst die übliche Longrun-Analyse auf Motorsport-Magazin.com musste ausfallen. Deshalb hilft es alles nichts: Entscheiden wird sich das Rennen wohl nur zwischen Lewis Hamilton und Valtteri Bottas. „So oder so erwartet uns morgen ein spannendes Duell“, meint Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff.

Verstappen lässt der Österreicher aus der Rechnung allerdings nicht ganz heraus. „Wir haben nicht allzu viele Informationen darüber, wie sich die Reifen verhalten werden und unsere beiden Autos gehen beide auf der Medium-Mischung ins Rennen. Verstappen startet unterdessen auf den Soft-Reifen und hat noch einen frischen Medium-Reifensatz für das Rennen. Dadurch hat er einige andere Strategiemöglichkeiten“ warnt Wolff.

Verstappens größte Chance ruht allerdings ganz klar auf dem Start. Ein Überholspektakel erwartet in Portimao niemand. Strategisch sieht es auch nicht gerade rosig aus. Mercedes hat sich gegen die Unbekannte Reifenverschleiß gewappnet und auf mehr Abtrieb am W11 gesetzt. Das verringert das Rutschen. Dennoch schreibt Mercedes - natürlich - Red Bull nicht ab. „In den zurückliegenden Rennen kam Red Bull immer näher an unsere Pace heran. Deshalb lautet die Frage für den ersten Stint, ob wir einen Vorsprung herausfahren können.“