Eigentlich hatte Pirelli angekündigt, in der Übergangssaison der Formel 1 im Jahr 2021 mit den gleichen Reifen wie bisher zu fahren. Bevor 2022 die 18-Zoll-Pneus kommen, rentiert es sich nicht, für ein Jahr noch neue Reifen zu entwickeln. Das Problem: Die Formel 1 fährt schon 2020 mit alten Reifen. Die eigentlich für 2020 entwickelten Reifen fanden bei Fahrern und Teams wenig Anklang, deshalb wird in dieser Saison mit dem Produkt von 2019 gefahren.

Damit die Reifen durch die immer schneller werdenden Boliden nicht überfordert werden, werden 2021 extra die Regeln beschnitten. Die Autos sollen durch kleinere Änderungen am Unterboden, dem Diffusor und an den hinteren Bremsbelüftungen eingebremst werden.

Doch obwohl Pirelli keine neuen Reifen entwickeln wollte und die Boliden eingebremst werden, gibt es nun doch ein überarbeitetes Produkt für 2021. In Portugal gab es endlich den lange angekündigten Reifentest.

Die ersten 30 Minuten des 2. Freien Trainings standen ganz im Zeichen der Pirelli-Pneus. Jedes Team bekam unmarkierte Prototyp-Reifen und wurde von den Italiener zu einem festgelegten Fahrprogramm verdonnert.

Pirelli-Reifentest: Straffes Programm für die Teams

Der Test wurde 'blind' abgespult, die Teams wussten nicht, was genau sie testen. Denn Pirelli brachte viele verschiedene Prototypen mit nach Portimao. Damit die Ingenieure die Autos zumindest einigermaßen auf die Reifen einstellen konnten, bekamen sie eine Woche zuvor die Eckdaten mitgeteilt.

Zwei unterschiedliche Programme mussten die Teams dabei abspulen: Entweder einen Longrun mit 15 Runden am Stück oder einen Back-to-back Test mit zwei Sätzen der Prototyp-Reifen über jeweils sieben Runden.

Verkehr, Renault-Verwechslung, Mercedes-Delay

Das Problem: Wenn 20 Autos gleichzeitig auf der verhältnismäßig kurzen Strecke Longruns abspulen, wird der Verkehr zu einem echten Problem. Deshalb schrieb Pirelli vor, dass alle Autos vollgetankt fahren müssen. Dadurch vermied man zu große Pace-Unterschiede durch unterschiedliche Spritladungen.

Der Plan ging nur bedingt auf: Ständig beschwerten sich die Piloten über Verkehr auf ihren Runs. Doch der Verkehr war nicht das einzige Problem: Renault vertauschte versehentlich Reifen der unmarkierten Sätze und mischte verschiedene Prototyp-Reifen. "Diese Daten sind dann wohl nutzlos", meint Pirellis Mario Isola.

Hamilton ruiniert Test mit Verbremser

Auch bei Mercedes gab es Probleme: Am Auto von Valtteri Bottas musste zu Beginn der Session noch länger gearbeitet werden. Um das gesamte Programm dennoch komplett abspulen zu können, fuhr der Finne etwas länger mit dem Reifen. "Dafür sind wir Mercedes dankbar", so Isola.

Weniger dankbar war der Italiener dafür Teamkollege Lewis Hamilton: Der Weltmeister verbremste sich und trug einen Bremsplatten davon. Hamilton musste seinen Run aufgrund der starken Vibrationen deshalb vorzeitig abbrechen. Bei Mercedes gab es übrigens noch eine Besonderheit: Weil DAS 2021 verboten ist, setzten die Silberpfeile das System beim Reifentest nicht ein.

Formel 1: Verstappen schießt Stroll ab! Aber keine Strafe?!: (14:55 Min.)

Insgesamt zeigte sich Pirelli aber durchaus zufrieden mit dem Test. Die äußeren Bedingungen waren mit rund 20 Grad Luft- und mehr als 30 Grad Asphalttemperatur ideal. Fahrer und Teams genossen den Test eher weniger. Einen Wunsch äußerte Sebastian Vettel für das zukünftige Produkt aber: "Ich hoffe, wir fahren wieder mit niedrigeren Drücken und müssen die Reifen nicht mehr wie einen Ballon aufpumpen, damit er keinen Schaden nimmt."

Pirelli reagiert in dieser Saison mit besonders hohen Luftdrücken auf die extremen Kräfte der aktuellen Fahrzeuggeneration. Dadurch wird zwar die Konstruktion des Reifens geschont, dafür wird die Auflagefläche kleiner. Das ist nicht nur schlecht für den Grip, sondern auch für das punktuelle Überhitzen des Reifens.

Deshalb hat Pirelli bei den Prototyp-Reifen hauptsächlich an der strukturellen Integrität der Konstruktion gearbeitet. Der Unterbau soll stabiler sein und dadurch wieder niedrigere Luftdrücke zulassen. Beim Test lagen die Luftdrücke aber nur um 1,0 PSI unter den Werten der aktuellen Pneus. "Aber gleichzeitig kommt es im nächsten Jahr auch noch zu einer Reduktion des Abtriebs, deshalb sollt es noch mehr werden", relativiert Isola.

Zu viel Hoffnung will Pirellis Reifenchef Vettel und seinen Fahrerkollegen aber nicht machen: "Diese Autos sind viel schneller und schwerer als die Autos in der Vergangenheit. Da kannst du nicht wie früher mit 15 oder 16 PSI fahren. In Portugal schreibt Pirelli vorne mindestens 23, hinten mindestens 19,5 PSI vor.

An den Mischungen hat Pirelli übrigens nicht Hand angelegt. "Das wäre bei einem 30-minütigen Test schlicht unmöglich", erklärt Isola. Grund: Während die Konstruktion bei allen Reifen einer Saison identisch sein muss, gibt es derzeit fünf verschiedene Mischungen. Nur eine Mischung anzupassen würde wenig Sinn machen. Für alle ist nicht genügend Zeit.