Romain Grosjean und Kevin Magnussen sorgten am Donnerstagvormittag des Portugal GP 2020 der Formel 1 für einen doppelten Haas-Hammer. Erst verkündete der Franzose sein Aus bei dem US-Rennstall nach der laufenden F1-Saison, wenig später zog der Däne nach. Kurz darauf bestätigte Haas per Presseaussendung die Trennung von seinem altgedienten Fahrerduo (fünf Jahre Grosjean, vier Jahre Magnussen) zum Saisonende.

2021 tritt das Haas F1 Team damit zum ersten Mal überhaupt mit einem komplett neuen Fahrerduo an. Offen ist nur mehr, mit wem genau. Völlig unerwartet kam das alles nicht, hatte die dänische Boulevard-Zeitung Ekstra Bladet gerade erst Gerüchte gesät, die nun erfolgte Bekanntgabe sei für den Portugal GP geplant. Gleichzeitig würzte die italienische Sportzeitung Gazzetta dello Sport die Spekulationen mit Berichten über die Nachfolger Grosjeans und Magnussens, namentlich Mick Schumacher und Nikita Mazepin.

Formel-1-Gerücht: Haas 2021 mit Schumacher & Mazepin

Letzterer wird bereits länger in Verbindung mit dem US-Rennstall gebracht. Hintergrund ist vor allem Mazepins Milliarden-schwerer Vater Dmitry Mazepin (Uralkali). Schumacher soll nun eher bei Ferrari-Kunde Haas statt Alfa Romeo andocken, weil die Scuderia dort an ihrem anderen Junior Antonio Giovinazzi festhalten soll und sich in Sachen Kimi Räikkönen eine weitere Vertragsverlängerung des Formel-1-Routiniers abzeichnet.

Jede Menge Gesprächsstoff also für eine Medienrunde mit Haas-Teamchef Günther Steiner, angesetzt, wie üblich auf virtuellem Weg, für die Mittagsstunden im portugiesischen Portimao. Der Südtiroler am Ruder das US-Teams lieferte dabei viele aufschlussreiche Zitate im Hinblick auf die Gründe der Trennung von Grosjean und Magnussen sowie die Planungen des zukünftigen Fahrerkaders.

Steiner erklärt Trennung: Haas braucht Veränderung

„Wir wollten Veränderungen. Dieses Jahr war ein außergewöhnliches Jahr für uns - nicht nur für uns. Wir müssen einfach sehen, wie wir mit dem Budgetcap weitermachen, wo wir unser Geld bestmöglich investieren und was wir tun. Das war der Grund. Wir wollten eine Veränderung und müssen uns auf die neuen Regeln 2022 vorbereiten, was eine neue Welt für alle werden wird“, erklärte Steiner zunächst das Aus der langgedienten Fahrerpaarung.

Etwas konkreter bedeutet das: Haas nutzt schlicht die Gunst der Stunde. Weil sich in der Formel 1 gerade ohnehin alles im Umbruch befindet, treibt Haas den Wandel einfach noch weiter. „Wenn du etwas ändern willst, machst du es besser jetzt“, sagte Steiner. Für Haas gelte das angesichts der aktuell sportlichen Talfahrt umso mehr. „Wir haben nichts zu verlieren, nur zu gewinnen. Da, wo wir gerade sind, können wir ja nichts mehr verlieren.“

Haas-Fahrer 2021 noch nicht klar

Für 2022 strebt das Team in Sachen Fahrerpaarung dann nach Konstanz. Das hatte Steiner bereits mehrfach erklärt. Wer 2021 im Haas sitzt, wird es also auch 2022 tun. So kann nicht nur das Team im Reglement-Umbruch planen, sondern auch die Fahrer langfristig Pläne schmieden. Aus diesem Grund gab Haas unterdessen auch die Trennung von Magnussen und Grosjean bereits jetzt bekannt - obwohl die Nachfolge Steiner zufolge nicht geklärt sei. „Ich weiß es noch nicht“, winkte Steiner ab.

Mit Grosjean und Magnussen habe man schlicht fair umgehen wollen. „Wir hätten es auch noch eine Weile für uns behalten können, um es dann einfach zu machen“, erklärte Steiner. „Aber ich denke, die Jungs sind die letzten Jahre auch mit uns gut umgegangen. Deshalb sind wir diesen Weg nicht gegangen. Wir wollten es ihnen sagen, damit sie noch die Chance haben, etwas anderes zu finden.“

Steiner: Kandidatenliste ist kürzer geworden

Verständnis gezeigt hätten der Däne und der Franzose die Argumentation Haas’ dabei, als man sie in der vergangenen Woche informierte. „Natürlich waren sie nicht glücklich. Wer wäre das? Aber sie haben es verstanden und sie haben auch gesehen, dass wir ihnen genug Vorlauf gegeben haben“, sagte Steiner. „Es gab kein Bad Blood. Ich muss das Team als Ganzes betrachten, das ist Teil meines Jobs. Auch wenn es schwierig ist.“

Genauso schwierig soll sich die Suche nach Nachfolgern gestalten - wobei die Kandidatenliste inzwischen deutlich kürzer geworden sei, so Steiner. Noch vor wenigen Wochen hatte er von einer zweistelligen Zahl gesprochen. Details will der Teamchef nun allerdings nicht mehr nennen. „Es sind jetzt deutlich weniger Leute, aber ich will nicht mehr über Namen und Zahlen sprechen. Ich bitte einfach um etwas mehr Geduld“, sagte Steiner.

Holt Haas Paydriver und/oder zwei Rookies?

Interessant: Bei den Auswahlkriterien spiele auch das Thema Finanzen eine Rolle. Daraus macht Steiner auf Nachfrage kein Geheimnis. „Wir könnten“, sagte Steiner auf die Frage, ob Haas auch an einen Fahrer denke, der ordentlich Geld mitbringen. Das wäre gegenwärtig etwa bei genanntem Mazepin der Fall - oder auch bei einem gewissen Sergio Perez. Steiner weiter: „Geld und Talent. Das Talent muss auch immer da sein, nicht nur das Geld. Talent ist sehr wichtig oder wichtiger. Aber einige Leute bringen eben Sponsoren mit. Wir schauen uns alle Optionen da draußen an …“

Eine dieser Optionen seien auch zwei Rookies. Das schließt Steiner ganz klar nicht aus. Im Gegenteil. Der Teamchef scheint sogar großen Gefallen an der Vorstellung zu finden. „Was immer nächstes Jahr passiert, ob es zwei Rookies werden oder nicht - wir haben die Dinge schon immer nicht so gemacht, wie es immer gemacht wurde. Wir versuchen, die Dinge anders zu machen“, sagte Steiner. „Vielleicht schlagen wir einen neuen Pfad ein. Das haben wir schon ein paar Mal gemacht und meist lief das nicht schlecht für uns.“

Steiner liebäugelt mit Herausforderung: Zwei Rookies?

Steiner fast schon philosophisch: „Eine Herausforderung ist manchmal auch eine Chance. Nächstes Jahr haben wir vielleicht wieder nicht das beste Auto. Diese Herausforderung nehmen wir als Chance, vielleicht zwei Rookies zu holen.“ Allzu unwahrscheinlich erscheinen die aktuellen Gerüchte um Schumacher und Mazepin demnach längst nicht mehr.

Dass der gegenwärtige Usus in der Formel 1, einen Rookie neben einem erfahrenen Piloten zu platzieren, nicht zwingend zum Erfolg führen müsse, zeige das Beispiel Verstappen. „Wenn du einen sehr guten Erfahrenen hast ist es sehr schwer für den Rookie. Dann kann er schnell an Selbstvertrauen verlieren. Schaut euch nur Max an und was mit vielen passiert ist, die im selben Team waren. Die hatten alle zu kämpfen, weil er so gut war“, erinnerte Steiner.

„Vielleicht ist es mit zwei Rookies ja gut! Ich weiß es noch nicht. Aber etwas anders zu machen, kann helfen, zu lernen, ob es gut war. Vielleicht findest du dabei aber auch heraus, dass es nicht gut war. Das ist mir auch klar.“