Michael Schumachers Comeback nach seinem Beinbruch von Silverstone war einer der besonders großen Momente in der Karriere des Rekordweltmeisters. Der erste Malaysia GP der Formel-1-Geschichte offenbarte am 17. Oktober 1999 eine neue Seite des ehrgeizigen Champions. Bei seiner beeindruckenden Rückkehr in Sepang stellte er sich in den Dienst seines Ferrari-Teamkollegen Eddie Irvine. Dem spitzzüngigen Iren kamen danach überraschende Worte der Dankbarkeit über die Lippen.

Als der Forme-1-Zirkus im Juli 1999 zum achten Rennen der Saison nach Silverstone reiste, führte Mika Häkkinen die Weltmeisterschaft mit 40 zu 32 Punkten vor Michael Schumacher an. Letzterer befand sich im vierten Jahr seiner Titel-Mission mit Ferrari. Die starken McLaren Mercedes verlangtem dem 30-jährigen Deutschen abermals alles ab, um die Scuderia nach 20 Jahren endlich wieder zum WM-Titel zu führen. Beim Großbritannien GP wurde dem Vorhaben jedoch ein jähes Ende gesetzt.

Eine defekte Bremsanlage an der Hinterachse führte zum schwersten Unfall in Schumachers Rennfahrer-Karriere, bei dem er sich den rechten Unterschenkel brach. Die Folge war eine dreimonatige Zwangspause. Nach sechs Rennen kehrte Schumacher pünktlich zur Premiere der Formel 1 auf dem Sepang International Circuit ins Cockpit zurück. Zwei Rennen vor dem Ende der Saison befand sich nun Teamkollege Eddie Irvine im WM-Kampf mit Häkkinen. Als es nach Malaysia ging lag der Ire in der Gesamtwertung zwei Punkte hinter dem McLaren-Pilot.

Schumachers Aufgabe für die noch ausstehenden Grands Prix war klar: Er sollte, wie schon sein Ersatzmann Mika Salo, dafür sorgen, dass Irvine den Titel am Ende des Jahres nach Maranello holt. "Eddie ist clever und schnell genug, um viel alleine zu erreichen. Aber ich werde alles tun, was ich kann, solange es fair bleibt. Es spielt keine Rolle, ob ich am Ende Weltmeister bin oder er, solange wir das Ziel erreichen", so Schumacher im Vorfeld. Irvines Vorstellungen von Schumachers Rolle waren ziemlich eindeutig.

Michael Schumachers schwerer Unfall in Silverstone beendete seinen WM-Kampf vorzeitig, Foto: Sutton
Michael Schumachers schwerer Unfall in Silverstone beendete seinen WM-Kampf vorzeitig, Foto: Sutton

Pole Position beim Comeback: Schumacher schockt die Konkurrenz

"Natürlich freue ich mich, Michael wiederzusehen. Vorausgesetzt er macht den Job, für den er hier ist", so der 33-jährige Ferrari-Pilot. Ob Schumachers Qualifying-Performance Irvines Erwartungen zur vollsten Zufriedenheit erfüllte, ist fraglich. Zumindest erfüllte der Rückkehrer seine eigenen Erwartungen, in dem er das tat, was ihm zuvor bereits 21 Mal gelungen war. Mit einer Sekunde Vorsprung auf Irvine holte sich Schumacher die Pole Position - 97 Tage, nachdem er das letzte Mal an einem Rennwochenende in seinem Ferrari F399 gesessen hatte.

Das McLaren-Duo büßte weitere zwei Zehntel auf den Deutschen ein. Ferraris Nummer eins war zurück, doch die Dominanz mit der Schumacher diesem Zeittraining seinen Stempel aufdrückte, verblüffte ihn selbst. "Eine Sekunde vorne zu liegen, war wirklich eine Überraschung", so Schumi, der gewohnt bescheiden nachschob: "Aber das Auto ist hier auch wirklich gut." Offenbar so gut, dass Ferrari nur acht der damals im Qualifying zur Verfügung stehenden zwölf Runden absolvierte.

Den entscheidenden Vorteil brachten damals wie heute die Reifen. Die Formel 1 war im Oktober 1999 erstmals mit der Hitze von Sepang konfrontiert. Ferrari entschied sie früh für Bridgestones weiche Reifenmischung, mit welcher der Bolide aus Maranello gut harmonierte. Mika Häkkinen und David Coulthard hingegen kamen mit dem MP4/14 nicht so gut zurecht wie die italienische Konkurrenz. Folglich entschied die Teamführung rundum Teamchef Ron Dennis, dass der harte Reifen die bessere Wahl sei. Ein etwaiger Nachteil auf einer Runde im Qualifying sollte sich auf der Renndistanz am Sonntag in einen Vorteil verwandeln.

Schumacher hält Wort und schenkt Irvine den Sieg

Am Renntag machte Schumacher dort weiter, wo er am Samstag aufgehört hatte. Er behauptete am Start seine Führung und zog dem Feld daraufhin erst einmal davon. Nach zwei Runden führte Schumacher bereits mit über drei Sekunden Vorsprung auf Irvine. Doch er hielt Wort und stellte sich in den Dienst des Teams. Er ließ Irvine passieren und verbrachte den Rest des Nachmittags damit, das McLaren-Duo in Schach zu halten. Nach dem er Häkkinen zunächst blockiert hatte, um Irvine einen Vorsprung zu verschaffen, zog Schumacher seinerseits das Tempo an, um bei den Boxenstopps vor dem Finnen zu bleiben.

McLarens Kommandostand reagierte in Runde 27, in dem man bei Häkkinen einen kürzeren Stint mit weniger Benzin ansetzte, um ihn vor Schumacher zu bringen. Ferrari holte seinen Piloten eine Runde später an die Box. Der Poker von McLaren ging jedoch nicht auf. Häkkinen musste in Runde 47 nochmals tanken, lag bei der Zieldurchfahrt schlussendlich aber zehn Sekunden hinter Sieger Irvine und neun hinter Schumacher. Letzterer legte in 1:40.267 Minuten obendrein relativ deutlich die schnellste Rennrunde hin.

"Wir wussten immer, dass er die beste Nummer eins ist. Aber jetzt wissen wir auch, dass er die beste Nummer zwei sein kann", sprach Irvine Schumacher nach seinem vierten Saisonsieg seinen Dank aus. "Er hat die ganze Arbeit für mich erledigt. Michael zurückzuhaben, ist ein großer Vorteil." Der Ire führte die Weltmeisterschaft dank der Hilfe seines Stallgefährten vor dem Finale in Suzuka mit vier Punkten Vorsprung auf Häkkinen an.

Schumacher hielt die McLaren von Häkkinen und Coulthard in Sepang über die gesamte Renndistanz in Schach, Foto: Sutton
Schumacher hielt die McLaren von Häkkinen und Coulthard in Sepang über die gesamte Renndistanz in Schach, Foto: Sutton

Ferrari: Erst Probleme mit der FIA, dann WM-Niederlage gegen McLaren

Über dem Doppelsieg von Malaysia hing zunächst allerdings eine dunkle Wolke. Die Stewards stellten bei der technischen Untersuchung der Boliden Unregelmäßigkeiten an den Bargeboards fest. Die Luftleitbleche vor den Seitenkästen sollen nicht den vom Reglement festgelegten Abmessungen entsprochen haben. Irvine und Schumacher flogen zunächst beide aus der Wertung und Häkkinen hatte die WM-Führung zurück.

Bernie Ecclestone kritisierte das Vorgehen der FIA als "schlecht für den Sport", denn "die Zuschauer wollen ein großartiges Finale für eine großartige Meisterschaft sehen." Ferrari legte Einspruch ein und erhielt seine Punkte zurück. Beim Finale in Suzuka schaffte es Teamchef Jean Todt mit seiner Truppe jedoch nicht, das Kunststück aus Malaysia zu wiederholen. Häkkinen gewann in Suzuka vor Schumacher und Irvine, womit er sich den WM-Titel sicherte.